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Schutzobjekt Museum, Erfahrungen mit dem Ordnungspersonal
Verfasst: 06.08.2009 13:07
von ulfr
Moin zuammen,
nach ein paar Tagen am Meer bin ich wieder zurück in der Wetterau. Auf dem Hinweg haben wir einen Abstecher nach Detmold ins Lippische Landesmuseum gemacht und uns den "Mythos"-Teil der Varus-Ausstellung angesehen.
Um es vorweg zu nehmen: Ich war sehr enttäuscht.
Der Stress begann schon am Eingang, als meine Frau und ich, ohne dass wir irgendwas gesagt oder gemacht hätten oder sonstwie auffällig geworden wären, in sehr barschem Ton angeherrscht wurden, wir müssten Handtasche und Fototasche abgeben, Fotografieren sei sowieso nicht erlaubt. Das ist ja OK, aber der Ton macht die Musik. Und weil es dann auch in gleicher Weise aus mir herausschallte, dass das auch höflicher ginge, wurden wir anscheinend sofort per Mitarbeitersprechfunk auf die schwarze Liste gesetzt. Wir waren 2 Stunden im Museum, und die ganze Zeit waren wr beiden besser bewacht als der amerikanische Präsident auf Deutschlandreise. Man wich uns nicht von der Seite, jeder Schritt wurde argwöhnisch beobachtet, und wenn man nahe an ein Objekt herantrat, bekamen Herr Wichtig und Herr Wachtel Schweißausbrüche und kamen noch näher, um einen sofort an einem evtl. Raub? Sachbeschädigung? hindern zu können. Sehr unangenehm. Vor allem, wenn man mitbekam, dass fast alle anderen Damen ihre Handtaschen (zum Teil viel größer als die meiner Frau) dabei hatten und andere Leute in unbeaufsichtigten Momenten im Museum herumfotografierten, was das Zeug hielt.
Solchermaßen eingestimmt, konnte ich die Ausstellung auch nicht wirklich genießen. Der obere Teil bot den immer wiederkehrenden schon zu oft gesehenen Mix aus Flachware, Bronzepötten und Marmorsteinen, auf Erklärungen wurde weitgehend verzichtet (allerdings hatten wir auch keinen audioguide, wahrscheinlich hätte man uns aber auch keinen gegeben (s.o.), denn den hätten wir ja sofort geklaut.) Die Grafiken mit den "Lebenbildern von Kelten und Germanen" im comic-Stil fand ich daneben gelungen, auch hier keine Erklärungen und wenig Aussage in den Bildern. Für Kinder gabs so gut wie nix, davon abgesehen, dass viele Objekte aus der Kurzen-Perspektive sowieso nicht zu sehen waren.
Einzig interessant war der Teil der Ausstellung im Untergeschoß zur Rezeption von Arminius und allem drumherum durch die Zeiten. Allein die Literatur zum Thema ist unglaublich zahlreich.
Zum Schluß habe ich dann doch noch versucht, eine Jupiter-Gigantensäule in der Hosentasche nach draußen zu schmuggeln, konnte aber gottlob von mehreren Wachteln daran gehindert werden.
Fazit: HMMMMMPPPFFFFF
Da haben wir uns aber in dem kleinen Museum für Dithmarscher Vorgeschichte in Albersdorf ein paar Tage später viiel wohler gefühlt, dazu später mehr.
*immer noch genervt*
ULFGRRRR
Verfasst: 06.08.2009 13:24
von Steve Lenz
Tja, mit heutigem Aufsichtspersonal ist das wie mit den Praetorianern:
Anfangs noch Auslese nach Eignung, konnte man sich später einkaufen.
Heute kommst Du nur noch mit §34a IHK in die Sicherheitsbranche rein, kostet was, schafft Tür und Tor für jene, welche sonst nie an eine Uniform kämen - die sie so gerne hätten, wie ich immer wieder feststellen muss.
War in München während der Skythenausstellung auch so und an die Schweißperlen auf der Stirn des Wachschmalbrüstlers in Basel (ähnliche Legitimationsverhältnisse), als ich ganz allen drei Stunden lang die Himmelscheibe für mich hatte, kann ich mich heute noch erinnern. Oder an die Hand auf der Waffe, als sie in Basel gerade Tun-ench-Amon und sein Equipment einkisteten und ich durch den "falschen" Eingang an dem nicht auf Zack befindlichen Wannabee-Zerberus vorbei reinkam und mich erkundigte, wo in Basel denn die VFG-Sachen zu sehen wären.
In Deutschland ist?s meist Billig-Ware aus Nahst-Ost. In der Schweiz sind?s meist jene, welche im Armeedienst nie weiterkommen sollten.
Offensichtlich sind für den Ordnungsdienst die gleichen Leute verantwortlich, welche auch heute gängige Events organisieren oder die Auswahl von Freelancern treffen.
Aber sprich so einen Uniformständer mal auf die ausgestellten Stücke an...
Verfasst: 06.08.2009 14:01
von Jøran
Oh, erinnert mich an ein Süddeutsches Museum, wo ich meinen Rucksack abgeben sollte und in der Ausstellung Besucher *mit* Rucksäcken gesehen habe und Frauen, mit Handtaschen, größer als mein Rucksack.
Als ich dort am Ende an der Kasse gesagt habe, dass ich nun weiß wie man dort im
Museum die Vitrinen öffnen kann und auch einige der Fenster nach draussen,
sorgte ich wahrscheinlich dort für kurze Zeit etwas an Aufregung.
Man sollte einen Nordmann auch nicht verägern.
Hilsen
Jøran-N.
Verfasst: 06.08.2009 14:08
von Nils B.
Detmold ist gar nicht so weit. Trage gerade wieder 'Sommerfrisur'. Die Reaktionen könnten durchaus interessant anzusehen sein.
Wollte mittleweile ja eigentlich gar nichts mehr mit dem Arminius-Rummel zu tun haben, aber wenn sich eine Gelegenheit ergibt...
Verfasst: 06.08.2009 14:33
von S. Crumbach
Das ist unerfreulich, ulfr. Ich werde das an die Kollegen weitergeben.
Verfasst: 06.08.2009 16:30
von Hans T.
Ulfr, sic est.
Uns ist exakt das selbe in Detmold passiert. Wir hatten auch unsere Privatbewachung. Plus die Story mit den Metallsuchgeräten als Kindergeburtstagsvergnügen.
H
Verfasst: 06.08.2009 20:17
von Bullenwächter
Nils B. hat geschrieben:...Wollte mittleweile ja eigentlich gar nichts mehr mit dem Arminius-Rummel zu tun haben, aber wenn sich eine Gelegenheit ergibt...
Hallo Nils!
Die Gelegenheit ist nah: Am Wochenende sind wir in Detmold und machen etwas Programm.
Falls wir das nächste mal irgendwo unter Bewachung stehen sollten könnte ich antworten, dass man uns im Hamburger Archäologiemuseum zwei Stunden alleine, ohne Aufsicht, mit Taschen, Rucksack und Kamera ins Metallmagazin gelassen hat, oder das man uns für eine Stunde ebenfalls allein in einem Alamannenmuseum eingeschlossen hat, damit wir uns in ruhe umsehen konnten.
Solche Erlebnisse entschädigen für mindestens 5 überwachsame Cerberusse
Verfasst: 06.08.2009 20:18
von Chris
achja, das scheint ein weit verbreitetes Problem zu sein...
Sylvia und ich hatten in Paderborn in der Canossa-Ausstellung auch die ungeteilte Aufmerksamkeit so eines (Vitrinen-)Blockwartes, weil wir nicht nur durch unkonventionelle Kleidung (ja, mei, was is jetzt an ner grauen Strickjacke oder an ner Mopped-Hose so gefährlich???) auffielen, sondern uns die Exponate offensichtlich INTERESSIERTEN.
Geht ja garnicht.
Wo kommen wir denn da hin, wenn Besucher Interesse für die Ausstellungsstücke mitbringen und dieses deutlich zeigen, statt in Anzug und Kostümchen blasiert-gelangweilt am Kulturgut vorbeizuspazieren und sich dabei über den letzten Besuch beim Schicki-Micki-Italiener auszutauschen?
Wohlgemerkt deutlich lauter als wir über die Funde - nun ratet mal, wer ermahnt wurde, leiser zu sein??? Äh, ja, richtig geraten
Verfasst: 06.08.2009 21:36
von jsachers
Was soll ich sagen: herzlich willkommen in OWL (Ostwestfalen-Lippe)! Unter diesen troglodytischen Banausen vegetiere ich nun schon seit fast 12 Jahren vor mich hin ? und werde immer noch komisch angeguckt, wenn ich im Supermarkt zur Kassiererin "Hallo!", "Danke!" und "Tschüss!" sage.
Das höchste Lob, das einem ein Ostwestfale für ein gelungenes Essen aussprechen wird (auf Nachfrage natürlich nur): "Kann man bei sich behalten."
Was kann man von solchen Kreaturen erwarten?
In irgendeinem Standardwerk zur Regionalgeschichte stand der schöne und bezeichnende Satz: "In Ostwestfalen hat sich die Kultur der Megalithbauern hervorragend erhalten." Dem ist nichts hinzuzufügen!
@Ulfr: jetzt bin ich aber schon ein bisschen enttäuscht, dass Du nicht Bescheid gesagt hast ? hätte glatt einen Kaffee ausgetan und Deine Laune vielleicht ein wenig aufgeheitert ?
@Bullenwächter: Was denn für Programm?
Verfasst: 07.08.2009 06:58
von S. Crumbach
Kuckst Du
http://www.lippisches-landesmuseum.de/p ... amm_rg.pdf
Ähm ja, also vielleicht kome ich in OWL ganz gut klar weil der Holsteiner an sich ja auch als freundlich, entgegenkommend, allen Fremden aufgeschlossen aus vor allem als außerordentlich kontaktfreudig gilt. Ich bin sicher, daß Jöran das bestätigen kann.
Verfasst: 07.08.2009 08:14
von Bullenwächter
Als wir von Lindau (Bodensee) nach Hamburg gezogen sind, war es für mich als damals 8 Jähriger wie ein Kulturschock: Unsere Nachbarin (Grundschullehrerin) kam gleich am ersten Tag zu meiner Mutter und sagte: "So, damit das Klar ist, ihre Kinder spielen in ihrem Garten und unsere Kinder spielen in unserem!", grüßte man Nachbarn auf der Straße, guckten sie einen nur blöd an. Nur mal zwei Beispiele von vielen.
Aber noch mal zu den Cerberussen in Museen, für Aufpasser die das Ausgestellte nicht im geringsten interessiert muss es doch ein tödlich langweiliger Job sein, bei dem sie krampfhaft mit allen Mitteln versuchen müssen, dem Einschlafen entgegenzuwirken, und da kommen, dem eigenen Desinteresse völlig konträr auftretende, verhaltensauffällige, weil interessierte Museumsbesucher, gerade recht um sich die Zeit mit ihnen totzuschlagen.
Ein Ärgernis ist in vielen Museen, dass die Aufpasser nicht nur völlig desinteressiert sind, sondern von dem Gezeigten oder der Organisation im eigenen Hause nicht die geringste Ahnung haben. Will man etwas wissen findet man im Hause niemand der etwas beantworten kann, und die Aufpasser können noch nicht einmal Ansprechpartner benennen. Und das gerade an Wochenenden.
Verfasst: 07.08.2009 08:19
von Thomas Trauner
Also - bevor das jetzt zu Schlachten zwischen den einzelnen Gerrrmannnischn Stämmen kommt....
Das Problem des unfreundlichen, inkompetenten und einem den Tag verderbenden Museumsdienstes ist schon arg und weit verbreitet.
Das Problem: Geld.
Und deren Langeweile.
Und natürlich das Deutsche Hausmeistersyndrom.
Manchmal denke ich, man/frau sollte sich echt beschweren.
Wirklich wahr - ich habe mir im Pergamon Museum wahrscheinlich als einziger einzelne Stücke genauer angesehen und lief zwischen den Vitrinen hin und her und zurück.
Da fällt man auf. Das hilft nichts. Das muss bewacht werden. Mit allen Mitteln.
Thomas
Verfasst: 07.08.2009 09:08
von Bullenwächter
Thomas Trauner hat geschrieben:... das Deutsche Hausmeistersyndrom ....
Zumindest nicht in Karlsruhe und einigen anderen Museeen, dort sind überwiegend Russinen unterwegs.
Ich denke viele der Aufpasser einfach noch kein Gespür dafür entwickelt haben, Museumsbesucher richtig einzuschätzen. Vielleicht liegt es daran, das die die Anweisung haben: "Vitrinen und Exponate nicht berühren, nicht Fotografieren, Vorsicht vor Dieben und Vandalen, keine Taschen, Lebensmittel und Getränke etc...." Diese Aufpasser sehen den normalen, nur schwach interessierten Museumsbesucher als "Normal" an und wenn ein interessierter Besucher oder "randalierende" Schulkinder kommen ist das ihnen suspekt, weil sie eben nicht dem "Normal" entsprechen. Dies sicher einschätzen zu können benötigt einige Jahre Erfahrung und eine Eigenverantwortung, die viele dieser Leute noch nicht entwickelt haben.
Verfasst: 07.08.2009 09:16
von Chris
Da lobe ich mir doch so nette, auskunftsfreudige und offensichtlich an ihrer Arbeit interessierte "Aufpasser" wie die Dame in Harsefeld oder den älteren Herrn in Konstanz, die uns beide gern weitergeholfen haben...
Auch dafür gibt es Beispiele, die ihren Kollegen gern mal als Vorbild dienen könnten
Verfasst: 07.08.2009 09:27
von Steve Lenz
Das ist es nämlich, Bullenwächter:
In dieser Zwischenebene zwischen nonverbal ablehnender Haltung (was in meinem Security-Team ein KO-Kriterium war) und dem Drohmoment, eine Ansprechperson darstellen zu müssen (in meine Security-Team konnte jeder Fahrplanauskünfte erteilen oder wusste bei Warenhauseinsätzen, wo der Kunde was finden konnte) eingeklemmt fühlen sich viele "Sicherheitsvermittler" hilflos und alleingelassen.
Und da sich die meisten Selbstberufenen für Wölfe halten (remember 2008) neigen die halt - wie echte Wölfe, welche die größten Schisser der Natur sind - zu Angstbissen und allgemein zu Abwehrhaltungen.
Ich war in dem Metier lange Jahre unterwegs, was ich da an ungeeigneten Anwärtern reinbekam war nicht mehr auszuhalten. Von 10 Bewerbern hatte jeder natürlich seinen PR-24-Carbonteleskoptonfa, aber nicht einer ein Erstehilfeset, jeder sein Tränengas aber keiner ein Tütchen Gummibärchen für aufgefundene verlorene Kinder dabei.
Ich hab?s getestet bei Trainingstreffen: Wenn die ihre Uniform nicht anhaben dürfen sind die nicht einsatzfähig. Es ist das einzige, womit sie können!
Und wie?s Thomas sagt und ich oben schon angeschnitten habe: Für das Geld, was diese Leute kriegen ist nicht viel zu erwarten, weder fachlich noch menschlich.
Das Objekt "Museum" benötigt Sicherheit, ja. Aber einen ganz besonderen Schlag Mensch. Und der ist für das Geld nicht oder nur äußerst schwer und somit bundesweit nur in geringer Stückzahl erhältlich.