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Verfasst: 27.08.2009 15:59
von Andreas K.
Ich komme leider gerade nicht an mein Sonderheft ran (da zu kleiner Briefkasten, andere Lieferadresse als Wohnort) und konnte das in der Bib. nur kurz durchblättern.
Was mich interessieren würde ist, ob im Text auch nur ansatzweise irgendwo auf die Untersuchung von Mageninhalten eingegangen wird. Die hat man zwar bei einigen Moorleichen durchgeführt, aber man kommt nur schlecht an die Ergebnisse ran. Abgesehen von einem Artikel zu einem Ministerbesuch zu einer Museumseröffnung vor 20-30 Jahren, wo sie dem was ungenießbares zusammen gemanschtes nachgekocht haben (wie kann man nur so kurzsichtig sein und annehmen, dass das was im Magen einer Moorleiche gefunden wurde alles gleichzeitig verzehrt wurde, mal abgesehen von der unhaltbaren Annahme, dass das auch noch alles zu einem Gericht gehören soll?) und zu dem ich die Literaturangabe verbummelt habe.
Hat jemand das Sonderheft schon komplett gelesen?

Was mich beim Durchblättern gestört hat war, dass bei den Moorleichen mit diversen Beifunden nur wenig Bildmaterial zu den Beifunden dabei war und das der Fokus der Bebilderung auf den Moorleichen selbst lag (ja ich weiß, ist ja das Thema, aber wenn ich einen Artikel zu einer Moorleiche schreiben müßte, würde ich nicht solche Riesenbilder von dem Verstorbenen nehmen und etwas mehr Bildmaterial zu dem Geraffel, das dabei war, beifügen)

PS:
Habe die Literaturangabe wieder gefunden: Fischer, Christian: Der Tollund Mann und die Elling Frau. Silkeborg ca. 1980.

Magen

Verfasst: 27.08.2009 18:42
von Sikla
Es ist bei einigen/vielen angegeben, was sie gegessen haben. Natürkich nur bei denen, die auch untersucht worden sind. Meist pflanzliches, kaum/kein Fleisch. Die Angaben sind meist verteckt im Text.Suchst du etwas bestimmtes?

Verfasst: 27.08.2009 18:51
von Andreas K.
Danke Sikla,

suche eigentlich nichts bestimmtes. Es hat mir nur unter den Nägeln gebrannt, ob diesmal was zur Ernährung mit dabei ist. Im besten Fall war bei der handvoll Übersichtswerke, die ich bisher zum Thema Moorleichen gelesen habe, die Anmerkung, dass der Mageninhalt untersucht wurde -ohne weitere Angaben natürlich- erwähnt. Genauere Angaben dazu konnte man sich dann mühsam aus Einzelpublikationen rausklamüsern.
Die Frage war eigentlich hauptsächlich Neugier, konnte wie geschrieben bisher noch keinen genaueren Blick in das Machwerk werfen.

Verfasst: 27.08.2009 19:12
von Bullenwächter
Bei

Wijand van der Sanden:
Mumien aus dem Moor - Die vor- und frühgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa
Batavian Lions International, Amsterdam 1996
ISBN 9067074160

Wird etwas eingehender auf Mageninhalte und Ernährung eingegangen. Dieses Buch ist übrigens ein wunderschöner Überblick über den Stand der Moorleichenforschung. Ich kann es nur empfehlen.

Verfasst: 27.08.2009 19:22
von Andreas K.
Danke Bullenwächter,

Gibt es im Bib. Verbund Bayern leider nicht. Kommt gleich ins Wunschbuch für die Bib.

Verfasst: 27.08.2009 19:38
von Bullenwächter
In München gits es dreimal und einmal in Würzburg laut Eintrag im

http://www.bib-bvb.de/

Verfasst: 27.08.2009 19:50
von Andreas K.
Habe über den OPAC der heimischen Bib. gesucht, der soll angeblich auch im BVB suchen. Scheint wohl nicht so einwandfrei zu funktionieren. Naja, jetzt hab ich es schon ins Wunschbuch geschrieben. Kann nicht schaden, wenn es das auch in Bamberg gibt


Liebe Admins, ist es möglich von dem Thema ab meiner ersten Ernährungsfrage eine Dublette zu erstellen, damit die Diskussion über Magenuntersuchungen bei Moorleichen vielleicht in die Küchen/Ernährungsecke verschoben werden kann? Am Besten mit einem Verweis, das diese Diskusion jetzt wo anders geführt wird. Wir haben uns, finde ich, etwas weit vom ursprünglichen Thema entfernt.

Verfasst: 27.08.2009 21:03
von Beate
Andreas K. hat geschrieben:Genauere Angaben dazu konnte man sich dann mühsam aus Einzelpublikationen rausklamüsern.
Nur mal 3 Aufsätze:

Aspekte zur Ernährung in der römischen Kaiserzeit, dargestellt an der Moorleiche von Windeby-I / Caselitz, P., In: Offa 36 (1979)

Bericht über die Untersuchung der Speisereste in der Moorleiche von Datgen / Martin, 0.; In: Offa 24 (1967)

Die letzte Mahlzeit des Jungen von Kayhausen: eine Untersuchung der Speisereste aus dem Darmtrakt, In: Beiträge zur Ausstellung Weder See noch Land: Moor - eine Verlorene Landschaft (1999)

Verfasst: 27.08.2009 21:40
von Nils B.
Bullenwächter hat geschrieben:Dieses Buch ist übrigens ein wunderschöner Überblick über den Stand der Moorleichenforschung. Ich kann es nur empfehlen.
Werde ich mir vornehmen. Besten Dank
:keil:

Verfasst: 27.08.2009 23:02
von ulfr
Ich hab auf Andeas?Wunsch den threwad geteilt und die zweite Hälfte hier bei Ernährung untergebracht

Admin-Modus: off



Es wurden wohl schon vor Zeiten Untersuchungen der Mageninhalte von einigen Moorleichen angestellt, andere wurden neu untersucht. Kurze Zusammenfassung:

Die meisten "Probanden" aßen vor ihrem Ableben Brei, fast nie Fleisch.

Der Junge von Kayhude hatte zwei Apfelkerne im Magen, Hinweis auf seinen Tod im Spätsommer/Herbst?

Die Frau von Huldremose: Roggen, Wildkräutersamen

Tollund-Mann: Gerste, Samen von Knöterich, Spörgel (sic!), weißem Gänsefuß, Wegerich und Leinsamen

Exloermond: Hülsenfrüchte

Haraldskær: Hirse, Brombeeren

Leinesmyra: Brombeeren

Zitat:

"Der Moment des Todes
In wenigstens 14 Fällen konnten aus dem Verdauungstrakt von Moorleichen Mahlzeitenreste geborgen werden. Meist handelt es sich um einen Nahrungsbrei wie Hafer, Gerste, Emer, Roggen und Dinkel sowie Beimischungen von Kräutern. [...] M?Nur selten ließen sich dabei Spuren von Fleisch feststellen und wenn, dann nur anhand von Tierhaaren, Knochensplittern und Resten tierischen Gewebes."


In dem Heft findest Du eigentlich alle Angaben, die Du brauchst, ansonsten empfehle ich auch den Sanden, klasse Buch!

Allerdings sei darauf hingewiesen, dass sich aus diesen scheinbaren Tatsachen keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Ernährung in der Zeit ableiten lassen bzw. diese Tatsachen nicht verallgemeinern lassen. Stichwort: Henkersmahlzeit, wenn auch bei vielen Moorleichen nicht unbedingt von Bestrafungen oder Opfern ausgegangen werden sollte.

Verfasst: 28.08.2009 01:06
von Kelvin Wilson
About this book... Wijnand van der Sanden, "Mumien aus dem Moor - Die vor- und frühgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa", 1996... when I was in Hamburg's Helms Museum (the Archaologisches Museum) last week, I noticed they still had two or three copies on sale!

Kelvin Wilson

Verfasst: 28.08.2009 06:22
von Beate
Ich habe mein Exemplar im Museum Schloss Gottorf gekauft, allerdings nicht im Büchershop im kleinen Häuschen, sondern in der Nydamhalle. :wink:

Verfasst: 28.08.2009 06:36
von Beate
Wenn ich mal korriegieren darf:
ulfr hat geschrieben: Der Junge von Kayhude...



Kayhausen (bei Bad Zwischenahn in Niedersachsen)! Kayhude liegt in Schleswig-Holstein. :wink:
ulfr hat geschrieben: weißem Gänsefuß


Am Thema Nutzung von Wildpflanzen bin ich ständig dran. :D
Ich finde sehr interessant, dass Weißer Gänsefuß noch heute weltweit genutzt wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fe ... Verwendung
Diverse Rezepte sind in der Testphase. :wink:

:kessel:

Verfasst: 28.08.2009 08:59
von Andreas K.
Danke Ulfr für's Trennen und Danke an alle, die Literaturhinweise und Tipps gegeben haben. Moorleichen ist nicht so ganz mein Interessengebiet und meine eigenen Recherchen zum Thema stammen noch aus der Anfangszeit meines Studiums, sind daher nicht unbedingt so super gewesen. Nicht dass ihr jetzt denkt, ich wollte mir den Rechercheaufwand sparen, ich stecke nur gerade bis über beide Ohren in der Recherche zu Digitalisaten historischer Kochbücher (Mühsam, aber bisher recht ergiebig).

Zum Tollund Mann: Ich habe aus dem von mir genannten Buch (Tollund Mann und Elling Frau) noch im Kopf, dass es sein Mageninhalt gewesen sein dürfte, der für die erwähnte gräuslige Mahlzeit als Rekonstruktionsgrundlage diente. Das Problem ist, finde ich, dass so ein Mageninhalt, je nach Zusammensetzung und Einzelbestandteilen, zwischen 6-12 Stunden da drin sein kann. D.h. alles, was in dem "Experiment" zusammengemischt wurde, kann durchaus über mehrere Stunden hinweg aufgenommen worden sein und zu unterschiedlichen Mahlzeiten gehören. Gibt es da irgendwelche Untersuchungen? Kann man irgendwie heute noch feststellen, seit wann eine bestimmte Zutat schon im Verdauungstrakt war (funktioniert bei der Kriminaltechnik in gewissen Grenzen, aber nach 1.000 oder mehr Jahren?)?

Verfasst: 28.08.2009 09:12
von Chris
OT:
Andreas K. hat geschrieben: Nicht dass ihr jetzt denkt, ich wollte mir den Rechercheaufwand sparen, ich stecke nur gerade bis über beide Ohren in der Recherche zu Digitalisaten historischer Kochbücher (Mühsam, aber bisher recht ergiebig).
Oooooooh, lässt Du uns an Deinen Ergebnissen teilhaben? Bittebitte :fisch:

Zeitstellung gern bis Spätmittelalter, ich würd mich sehr drüber freuen!!!