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Metallverhüttung und Giftgase

Verfasst: 13.10.2009 07:27
von Manu
Hallo,

also ich habe jetzt viel gelernt und denke der Mix hat`s gebracht. Tatsächlich ein sehr gefühlsgeladenes Thema. Aber jetzt `weiß` ich schon mehr darüber.

Mela schreibt
(Ich hasse Keramik, kann mich für Textiles nur am Rande begeistern und giesse am liebsten Bronze - Augenzeugen halten mich aber dennoch für ein "Weibchen" )
Ich hab an der EXAR in Uhldingen einen fantastischen Vortrag von lic. phil. Walter Fasnacht aus der Schweiz gehört. Leider ging der Vortrag viel zu schnell rum und es war mir vor Staunen nicht möglich mitzuschreiben. Es ging aber um Bronzegußöfen in Zypern mit einer Form wie eine Zipfelmütze (was noch einen zusätzlichen Sog hervorrief) Ich hab verstanden, daß der Erhalt der einzelnen Öfen bis zu 80% sein kann?? Hab ich mich da verhört? Geblieben ist mir auch noch, daß er auf die Gifte, die beim Bronzegießen auftreten hinwies. Meinst du es wäre ein neuer Thread wert? Mich würde das Thema sehr interessieren. :guss:
Ich weiß aber kaum was darüber :(

Verfasst: 13.10.2009 08:03
von Trebron
Hi Manu,

hier gibts was zu lesen. Da kommt das Thema giftige Dämpfe auch drin vor:
http://www.archaeoforum.de/viewforum.php?f=44

Wie Du schreibst: der Mix machts; so auch die Zusammensetzung der Bronzen .... Arsen, Blei, Zink........


Gruß

Trebron

Verfasst: 13.10.2009 13:30
von Mela
Hi Manu,

da ist der Vortrag von "Fäse" wohl wirklich etwas schnell gewesen :wink:

Er gräbt Verhüttungsöfen aus in Zypern - die haben eben diese "Zipfelform".

Hier: http://www.empa.ch/plugin/template/empa/*/13076/---/l=1
findest Du einige seiner Publikationen und evt. auch weitere Links. (Die Grabung heisst Almyras)

Zum Thema giftige Dämpfe beim Verhütten kann ich nicht viel beitragen, nur, dass dies dort wohl schon ein Thema ist. Fürs Giessen aber schon, da empfehle ich doch immer wieder gerne einen Artikel aus der "Bilanz" von Exar - Emanuela Jochum Zimmermann, Marianne Senn und Adrian Wichser,
Zum Verhalten von Spurenelementen und Legierungsbestandteilen in Kupfer bei der Weiterverarbeitung des Metalls. 127-136. Bilanz 2004.
Da konnten wir nachweisen, dass das "Ausdampfen" von Arsen beim Giessen wohl eher zu vernachlässigen ist.

Liebe Grüsse

Mela[/list]

Verfasst: 13.10.2009 13:55
von Manu
Danke an Euch.

Herr Fasnacht hat uns ein Bild gezeigt, auf dem ein junger Mann beim Versuch mit einer Gasmaske neben dem Ofen sitzt. Ich glaube er sagte, daß der Sauerstoffentzug das Gehirn schädigt und durch ein freiwerdendes Gift (das weiß ich jetzt nicht mehr) werden die Lungen geschädigt.

Das hat schon irgendwie interessant ausgesehen.

Ob es solche Bronzeöfen in Zipfelform auch bei uns gegeben hat? :Dachsfrage:

Verfasst: 13.10.2009 14:04
von Manu
So, jetzt bin ich völlig verwirrt. Verhüttungsöfen schmelzen Metall aus Gestein, oder??

Gußöfen dienen zum Schmelzen vom fertigen Metall, um es in Formen gießen zu können.

Jetzt hab ich das durcheinandergeschmissen, sorry. Ich bin so ein Greenhorn was Metall angeht.

Manu :argh:

Verfasst: 13.10.2009 14:16
von ulfr
Manu hat geschrieben:Ich bin so ein Greenhorn was Metall angeht.
Willkommen im Club! Wenn irgendwo was Blankes rausguckt, was nach Metall aussieht und wo ich vielleicht auch noch dranrumschrauben soll, krieg ich Ganzkörperstehhaare ...

Verfasst: 13.10.2009 14:21
von Mela
So ein Greenhorn bist Du ja schon gar nicht mehr:
Genau - Verhütten ist Schmelzen von Erz zu Metall, Giessen ist nur Schmelzen von bereits metallischem Rohstoff (Altmetall, Kupferbarren etc...)

Sauerstoffmangel: das ist tatsächlich eine ernstzunehmende Grösse - da hilft die Maske nicht, ich nehme an, da ging es um Arsenhaltiges Gestein - die kriegt man aber mit etwas Disziplin am Feuer gut in Griff (seit wir das konsequent "behandeln" haben wir kaum noch Halluzinationen nach einem Gusstag :lol: )

Schwermetalldämpfe (eben Arsen, Blei etc...) sind schon ein Problem, aber eher beim Verhütten (ich habe jetzt gerade nicht im Kopf, welches Bild Walter da wohl gezeigt hat - weiss aber, dass er Fahlerzversuche (=arsenhaltig) gemacht hat) - wir haben auch schon Arsenkupfer gegossen und uns da auf den Geruchstest (Arsendampf riecht nach Knoblauch) verlassen. Bei längeren Versuchen und je nach Zusammensetzung würde ich aber auch mit Maske arbeiten.

Liebe Grüsse

Mela

Verfasst: 13.10.2009 14:39
von Fridolin
Der giftige Hüttenrauch, der bei der Verhüttung u.a. von Kupfer(fahl)erzen entstehen kann, ist schon eine "leckere" Sache!

http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%BCttenrauch
http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/H%C3%BCttenrauch
Zum Hüttenrauch (auch mit Versuchen!): Hasso Moesta, Erze und Metalle ? ihre Kulturgeschichte im Experiment, Springer Verlag, 2. Aufl. 1986

http://de.wikipedia.org/wiki/Arsen

Muss Ötzi muss in der Kupferverarbeitung tätig gewesen sein, wie im Arsen-Geschichte-Beitrag behauptet?, siehe

http://de.wikipedia.org/wiki/Arsenikesser
http://www.retrobibliothek.de/retrobib/ ... ?id=121231

keltenforschung-roseldorf.at/grabung2001.pdf (bei Arsensulfid)

Es kommt halt auf die Dosis (und die genaue Zusammensetzung) an...


Viele Grüße

Fridolin

PS: Auch wenn ich den Verweis auf die Arsenikesser mit Augenzwinkern rübergerbracht habe: Bitte keine Selbstversuche oder Versuche mit Dritten unternehmen! Mit Arsenverbindungen bzw. Hüttenrauch ist nicht zu spassen, das Zeug ist hochgiftig! Und kaum einer von uns hat eine fundierte Ausbildung in Sachen Chemie / Toxikologie

Verfasst: 13.10.2009 16:37
von Mela
So, mit etwas mehr Zeit kann ich Walter Fasnachts Untersuchungen zum Sauerstoffmangel noch etwas besser erklären:
er und seine Truppe (ich war damals noch nicht im Business :wink: ) haben beim Giessen immer wieder komische Beschwerden gehabt - Schwindel, Farbveränderungen etc... - einen Toxikologen hinzugezogen meinte dieser lapidar "Schwermetall kann's nicht sein, das würde man nicht so schnell merken" :shock:, vermutete aber Sauerstoffmangel - und, ein Versuch mit Blutabnahme vor und nach dem Giessen zeigte tatsächlich, dass die Sauerstoffsättigung im Blut der Giesser MASSIV gesunken war (bei den Jungs um den "erlaubten" Tiefpunkt, bei den Frauen sogar jeweils drunter).

Das liegt zum Einen wohl daran, dass ein Giesserofen eine Menge Sauerstoff konsumiert aus der Umgebung und zum Anderen daran, dass man/frau dazu tendiert zu flach zu atmen rund um ein Feuer.
Als Gegenmassnahme beim Giessen schicken wir unsere Leute deshalb jetzt immer in regelmässigen Abständen zum Atmen vom Feuer weg - et voilà, keine lustigen Bildli mehr :idea:

Arsendämpfe - eben, unsere Versuche haben gezeigt, dass die wohl beim Giessen (!) kein grosses Problem darstellten - ganz im Gegensatz zum Verhütten.

Ach ja, und Du hattest noch nach Öfen gefragt, Manu: naja, in Mitteleuropa haben wir schlicht nicht genügend Befunde, um den Aufbau der Kupferverhüttungsöfen plausibel zu rekonstruieren - ein kleiner "Kamin" scheint zwar schon möglich, aber eben, bis anhin keine Funde dazu...

Liebe Grüsse

Mela

Verfasst: 13.10.2009 18:12
von ulfr
Ich hab den Titel nochmal geändert.
ULFR

Verfasst: 13.10.2009 20:13
von Theodor
Ich biete mal folgenden Link an:
http://www.ufg-va.uni-hd.de/forschung/p ... ental.html

"In Österreich treten entlang der Grauwackenzone zahlreiche kleine Kupfererzausbisse auf, die in der Bronzezeit bergmännisch abgebaut wurden. Die Kupfererze wurden aufbereitet, geröstet und im Schachtofen verhüttet. Derzeit sind im Gebiet der Steiermark etwa 60 solcher bronzezeitlicher Verhüttungsanlagen bekannt."


Also wenn ich jetzt nicht ganz am thema vorbei bin sollte das den Aufbau solcher verhüttungsplätze klären.

Verfasst: 14.10.2009 08:25
von Mela
Ja, die Öfen vom Paltental zeigen schön, wie die durchschnittliche Erhaltung im Alpenraum ist - nämlich höchstens so etwas kniehoch.
Im Gegensatz dazu konnte in Almyras ein praktisch kompletter Ofen (bzw. dessen Fragmente) ausgegraben werden - also bis zum oberen Rand des Schachtes.

Der Ofen, den Fasnacht auf dem Kongress vorgestellt hat, ist schon eine ziemliche Besonderheit.

So viel ich weiss, tüfteln sämtliche "alpinen" Experimentoren immer noch an der Höhe, dem genauen Aufbau etc... dieser Ofenaufbaue - und so richtig geklappt hat es wohl noch nirgends...

Liebe Grüsse

Mela

Verfasst: 14.10.2009 09:20
von jsachers
ulfr hat geschrieben:Ich hab den Titel nochmal geändert.
ULFR
Trotzdem kein Thema, das ich unter der Rubrik "Sozialstrukturen" erwartet hätte ?
:guss:

Verfasst: 14.10.2009 09:29
von Theodor
Och naja die sozialstrukturellen Anforderung die Verhüttungsplätze stellen sidn aber auch hochinteressant.
Vll kann man ja die diskussion in die richtung lenken ;) :flint:

Verfasst: 14.10.2009 10:34
von ulfr
jsachers hat geschrieben:
ulfr hat geschrieben:Ich hab den Titel nochmal geändert.
ULFR
Trotzdem kein Thema, das ich unter der Rubrik "Sozialstrukturen" erwartet hätte ?
:guss:
Ubbbsss....

Vielleicht hätte ich doch "Arsen und Abzugshäubchen" nehmen sollen...

Ich verschiebs nochmal