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braten / backen in Tonschalen

Verfasst: 14.11.2009 08:38
von Hrefna
Moin, moin,

um hinter das Geheimnis der zumindest größeren Tüllenschalen aus Ton (frühe Grauware aber auch Muschelgrus - Friesen) zu kommen, frage ich mich, ob es möglich ist, in solchen Tonschalen zu braten oder backen.

Wäre es z.B. möglich, solche Schalen zum Backen von Fladenbrot zu verwenden? Also quasi als Ersatz einer Eisenpfanne?

LG Maren

Verfasst: 14.11.2009 10:33
von Beate
Ich gebe noch ein paar Informationen dazu:

Der Mündungsdurchmesser der Tüllenschalen liegt zwischen 12 cm und 20 cm. Die Länge der Tüllen beträgt zwischen 3,0 und 6,5 cm, was mit der Differenz zwischen den kleinsten und den größten Schalen korrespondiert. In der Relation zu ihrem Durchmesser ergeben sich allerdings ausschließlich sehr kurze Stiele. Ihre Öffnung verläuft stets durch die von innen durchstoßene und mit der Tülle verschmierte Wandung.

Wir grübeln schon eine Weile über eine Verwendung dieser Tüllenschalen in unserer Darstellung Friesen (also norddeutscher Küstenraum) Ende 8. Jhd.


Foto einer Tüllenschale hier: http://www.rmo.nl/collectie/zoeken?object=b+1931%2f2.71

Verfasst: 14.11.2009 10:55
von Fridolin
Ähnliche Stücke - wenn auch etwas kleiner - gibts im Jungneolithikum. Die werden als Schöpfkellen gedeutet.

Viele Grüße

Fridolin

Verfasst: 14.11.2009 12:10
von Joze
Richtig (@Fridolin)! Gibt auch bei uns viele. Ich habe zwar nicht orig. Repliken von diesen Schallen, sondern "moderne" Keramik-Schallen ähnlicher Form, die benütze zum braten/kochen und ich lege die frei auf Glut/Feuer etc ... Hinweis: probieren für was und wie die Schallen "am besten" zum nützen sein wurden (wie sieht Bodenfläche aus, was für eine Tonqualität, welche Hitze die ertragen ......)
Ein unserer Keramiker Bohinc macht Tüllentöpfe mit Deckel, die können gut zum kochen sein (ich habe aber einen Kessel gekauft).

Joze

Verfasst: 14.11.2009 16:02
von Manu
Hallo,

kurze Zwischenfrage: in dem "Henkel" ist da ein Loch ?

Grüssle Manu :?:

Verfasst: 14.11.2009 16:27
von Hrefna
Moin Manu,

ja, bis auf ein Fund (meine ich - und zumindest für unsere Gegend und Zeit), wo der Durchgang von Tülle zu Schale verschlossen war, sind sonst die Tüllen offen.

LG Maren

Verfasst: 14.11.2009 16:29
von Beate
Du meinst die Tülle (oder Stielgriff)? Ja, der ist hohl siehe meine Beschreibung oben.

Mehr Bilder:
http://www.rmo.nl/collectie/zoeken?object=FT+432
http://www.rmo.nl/collectie/zoeken?object=EP+51

Verfasst: 14.11.2009 17:30
von Jøran
Hei,

wie gross sind diese Durchgangsløcher von der Tuelle zum Behaelter?
Anzahl und genaue Position der Løcher?

Hilsen

Jøran-Nål

Verfasst: 14.11.2009 17:56
von Beate
Die Tülle ist eine Röhre. Es wird vermutet, dass dort ein Holzstock einsteckt wurde, der dann die Stielverlängerung bildet (ähnlich moderner Pfannen).
Ist aber auch nur eine Theorie.

Verfasst: 15.11.2009 00:31
von Jøran
Ja aber zu einer Theorie gehört auch das Wissen von Fakten und daher benötige ich Antworten auf:
Jøran hat geschrieben:wie gross sind diese Durchgangsløcher von der Tuelle zum Behaelter?
Anzahl und genaue Position der Løcher?

:wink:

Gruß

Jøran-Njål

Verfasst: 15.11.2009 08:49
von Manu
Hallo,

gibt es denn in den Tüllen keinerlei Reste eines Materials? Ich denke da an einen kleinen Gußtigel?

Grüssle Manu :?

Verfasst: 15.11.2009 16:49
von Beate
Jøran hat geschrieben:
wie gross sind diese Durchgangsløcher von der Tuelle zum Behaelter?
Anzahl und genaue Position der Løcher?
In meiner Darstellungregion gibt es nur Bruchstücke dieser Schalen, und zwar die mit dem Tüllenstiel. Es sieht aber so aus, als wenn der Tüllenstiel direkt am Rand der Schale angesetzt war. Die Tüllenstiel stehen meist steil, waagerecht kommt seltener vor.

An den masstabsgerchten Zeichnungen, die ich hier habe, konnte ich am oberen Ende des Stiels enen Innendurchmesser von 2,5 bis 3 cm ermitteln. Der Stel ist nämlich nicht gerade, sondern wird zum Sachelnrand hin enger. Durchmesser des Lochs im Scahlenrand ca. 1,5 bis 2 cm. Ich habe aber nur sehr wenige Zeichnungen, wo überhaupt ein Durchmesser zu messen ist.
Manu hat geschrieben:
gibt es denn in den Tüllen keinerlei Reste eines Materials? Ich denke da an einen kleinen Gußtigel?
Dazu habe ich in der Literatur leider keine Aussage gefunden. Es handelt sich aber um Siedlungsfunde, zusammen mit Eitöpfen oder Kugeltöpfen. Es gibt keine Hinweise auf eine Werkstatt (zumindest wird das in den Fundberichten nicht erwähnt.

12 bis 20 cm Durchmesser wäre für einen Gusstiegel doch auch etwas groß, oder?

Verfasst: 15.11.2009 19:34
von Manu
Ja, das war auch weit hergeholt, zumal ich die Fundumstände nicht wußte. Das was mich zu dieser Überlegung inspirierte war der Umstand der Röhre und, daß dort evtl. ein Holzstock eingesteckt wurde. Es erinnerte mich an den Gußlöffel in unserem "Gießerhaus". Der ist auch so 15 bis 20 cm lang, aber oval. Sieht fast so aus, auch mit dem Griff aus Ton, in dem dann ein Holzgriff steckt.

Ist denn der Ton stark schamottiert? Ich finde die Idee des Braten und Backens ziemlich gut. Gibt es verbrannte Essensrückstände? Das wäre ideal. Es müßte doch irgendetwas nachzuweisen sein :?

Grüssle Manu

Verfasst: 16.11.2009 11:02
von Claudia
Aufgrund der Steilheit des Tüllenansatzes tendiere ich eher zu einer
Interpretation als Schöpfkelle. Eine Pfanne hätte einen deutlich flacheren Stielansatz.

Daß die Löcher durchgängig waren, muß nicht unbedingt heißen, daß sie als Gießtülle benutzt wurden - das kann auch schlicht daran liegen, daß die Töpfer es als bequemer/sicherer empfanden, die Tülle von zwei Seiten mit der Wandung verschmieren zu können. Wenn man da nur von der Außenseite der Schale her arbeiten kann, ist es docch ein rechtes Gefummel, die Verschmierung an der Innenseite der Tülle ordentlich hinzukriegen. Wenn ich das richtig verstanden habe, tauchen dann später solche Schalen mit Tüllenansätzen ohne Durchgangsloch zum Schaleninneren auf - das spricht meines Erachtens eher für eine Stieltülle als eine Gießtülle.

Kellen für Gußtiegel halte ich aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich:
- die nach innen offene Tülle: der als Stiel benutzte Holzstock könnte bei den benötigten Temperaturen sehr leicht (zu leicht) Feuer fangen
- der steile Stielansatz spricht nicht dafür, daß da jemand den Stiel benutzen wollte, um weiter vom Feuer weg sein zu können
- Gußtiegel müßten innen Reste von Schlacke haben, bzw. bestimmte Verglasungen aufweisen

Verfasst: 16.11.2009 12:04
von Jøran
Claudia hat geschrieben:Wenn man da nur von der Außenseite der Schale her arbeiten kann, ist es docch ein rechtes Gefummel, die Verschmierung an der Innenseite der Tülle ordentlich hinzukriegen.
Nachdem ich einen Töpfermeister bei seiner Arbeit längere Zeit beobachten konnte, glaube ich nicht daran. Die erstellen noch ganz andere "Kunstwerke" mit ihren Händen. Diese Löcher machen bei einer Stieltülle keinen richtigen Sinn, besonders wenn der Stiel in der "Suppe" hängt.
Claudia hat geschrieben:Kellen für Gußtiegel halte ich aus mehreren Gründen für unwahrscheinlich:
Ich halte es auch deswegen eher für unwahrscheinlich, da dieses "Ding" (komme jetzt nicht auf den Begriff) am Rand fehlt. Was für einen sauberen Guß absolut von Vorteil wäre.

Hilsen / Gruß

Jøran-Njål