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Gebrauch von Treibankern

Verfasst: 16.01.2010 16:58
von Heino Ude
Moin ..
Ich habe mal eine Frage an euch, und zwar : hat einer von euch eine verbürgte Quelle über den ersten Gebrauch von Treibankern für mich ?

Ich studiere gerade das nordische Seewesen von Hjalmar Falk und wundere mich, warum er keinen solchen erwähnt.

LG
Heino

Verfasst: 17.01.2010 06:25
von Jøran
Hei Heino,

weil bis heute (nach meinem Stand) noch keine Treibanker gefunden worden sind. Und wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, waren die auch (wahrscheinlich) nicht nötig und daher wurden bisher auch keine Reste davon gefunden, wobei das bei einem Treibanker so oder so ein sehr großes Problem wäre. Bei Bedarf such ich nach diesem Aufsatz, der leider noch nicht in meiner Datenbank aufgelistet wurde.

Selbst in der original Ausgabe (norsk) von Hjalmar Falk steht nichts über die Verwendung von einem Treibanker.

Setzt ihr einen auf der Sigyn ein?

Hilsen

Hjalmar Falk

Verfasst: 17.01.2010 07:32
von Heino Ude
Moin ..
Nein, wir haben keinen an Bord, was aber auch damit zu tun hat, das wir nicht unbedingt abwettern müssen.
Die Langkieler legen sich bei geborgenen Segeln dwars zur See, was zu einer erhöhten Belastung der Verbände führt, die auf Dauer ein Leckspringen des Bootes zur Folge hat.
Nun bin ich ja Berufsseemann gewesen, und als solcher an den Gebrauch von Treibankern gewöhnt.
Darum kommt es mir seltsam vor, dass begnadetet Seeleute wie z. B. die Nordmänner nicht die Erfahrung gemacht haben, dass z. B. eine Pütz an einem langen Tau welches am Vorsteven befestigt ist, das Schiff wunderbar mit dem Kopf in die See hält.

Das keine Treibanker aus Stoff gefunden wurden ist ja verständlich, aber mir ist bis jetzt auch keine Erwähnung in einer Saga bekannt.
Meine Hoffnung war, dass ich etwas bei Hjalmar Falk finden würde, aber die hat sich als trügerisch erwiesen.

Muss ich also weiter suchen.

Verfasst: 17.01.2010 11:10
von Steve Lenz
Nur das Gedankenspiel eines nautischen Laien (solange die es Kanu oder Kajak nicht übersteigt):

Die antiken Schiffe hatten allesamt kein Ruder in Kiellinie, sondern nach Steuerbord versetzt. Müsste dies den Effekt, welcher zu späteren Zeiten den Treibanker notwendig machte, nicht aushebeln?

Verfasst: 17.01.2010 11:22
von ulfr
Moin Heino,

ich konnte in meiner Bibliothek auch nichts Treffendes finden. Anker werden häufig genannt, für die ältere Antike die sog. Steinanker (gr. eunai). Eisenanker werden zuerst 550 v.Chr. vom Dichter Theognis erwähnt (Lächler/Wirtz: Schiffe der Völker). Gibt man "eunai" z.B. in Google Scholar ein, findet sich einiges an Sekundärliteratur:

http://www.jstor.org/pss/3210149

http://www3.interscience.wiley.com/jour ... 1&SRETRY=0

Bei Google books "antikes Seewesen eingegeben:

http://books.google.de/books?id=I_RF0sc ... q=&f=false

http://www.mlahanas.de/Greeks/InventionsA.htm

Hier wird möglicherweise ein Treibanker abgebildet??:

http://www.mlahanas.de/Greeks/ImagesGre ... s0202.html

Viel Spaß beim Weitersuchen! Treibanker dürften archäologisch aber recht schwer zu fassen sein wegen der Materialien, aus denen sie gemacht bzw. improvisiert werden.


@ Steve: Wenn Du einen Treibanker ausbringen musst. brauchst Du in der Regel das Steuerruder nicht mehr. Der Treibanker hält nur das Schiff mit dem Bug im Wind, damit es nicht querschlägt (dwars = quer) und leckspringt, er sorgt bei dem vorm Wind treibenden Schiff für Widerstand im Wasser an der Stelle, wo der Seemann es will, normalerweise am Bug, denn so bietet das Schiff dem Sturm weniger Angriffsfläche und kann ihn besser abwettern.

Oogen op, hol´rechten Kurs,
sons´suups´ Du af un´büs in´Mors

Verfasst: 17.01.2010 11:42
von Steve Lenz
Jetzt hat auch der Schweizer kapiert. :D Das wird mit "abwettern" gemeint. Tak.

Dein Link mit den griechischen Abbildungen ist ja phänomenal, Wulf!! Hammer!

Es fällt "improvisiert". Also kann da alles mögliche für verwendet werden, sobald ein Treibanker notwendig wird? Muss der zwingend submarin sein?

Vielleicht sollte ich zum Tauch- und Springer- auch noch den Segelschein irgendwann mal machen!? Wenigstens weiss ich, dass man an einem windigen Tag niemals mit leerem Vorschiff (Kanu!) auf´s freie Wasser sollte! :D

Verfasst: 17.01.2010 12:16
von ulfr
improvisiert
Du kannst letztlich alles als Treibanker verwenden, es muss nur das Schiff mit der Nase im Wind halten. Submarin sollte es daher schon sein, es würde wenig bringen, bspw. ein Beiboot auszusetzen, um es als Treibanker zu verwenden, denn es würde vom Wind an der Meeresoberfläche genauso schnell vorangetrieben wie das "Mutterschiff", ja es vielleicht sogar noch überholen, weil es leichter ist. Der Treibanker darf aber auch nicht zu schwer sein, sonst belastet er das Schiff in Richtung der Längsachse zu sehr bzw. treibt er dann nicht, sondern zieht nach unten, und das will man ja eigentlich vermeiden. Normalerweise ist der Treibanker ein kleiner "Fallschirm" aus Segeltuch, man kann aber auch einen Eimer (Pütz) verwenden oder eine schwere Planke oder ....

@ Heino: Vielleicht war es bei den Drachenbooten aber auch gar nicht nötig, beizudrehen und einen Sturm abzuwettern, sondern vielleicht erlaubte es das Design der Boote, vor Topp und Takel zu lenzen. Treibanker benötigt man ja nur, wenn man Gefahr läuft, dwarszuschlagen oder dass Seen ins Heck einsteigen, wenn man vor dem Sturm abläuft....

Verfasst: 17.01.2010 15:43
von Heino Ude
Moin ..
Erst einmal Danke für euere Hilfe.
Das auf der Vase könnte einer sein, obwohl er achtern ausgebracht wird.

@Ulfr das mit dem querstellen kenne ich persönlich von einem Slulelev III Nachbau,
und es wird auch bei Hjalmar Falk im Altnordischen Seewesen erwähnt.
Die Schiffe hatten ja durch die Ragbesegelung ein begrenztes Kreuzvermögen, wobei Falk nur von Halsen spricht,
was wir und andere Nachbausegler aber widerlegt haben.
Auch wird bzw. im Königsspiegel die Sache mit den Querschlagen angesprochen. Es wird sogar erwähnt, das man bei Frachtschiffen den Mast gekappt hat um das Schiff bei schlechtem Wetter zu retten. Es werden sogar gezielte Strandungen erwähnt.
Was mich eben doch erstaunt, ist das nicht erwähnen eines Treibankers und das macht mich eben stutzig.
Ich muss mich wohl mal in Bremerhaven melden, ob die etwas mehr wissen.

Verfasst: 17.01.2010 15:53
von Steve Lenz
These:

- Mast und Segel werden bei Schlechtwetter eingeholt und abgelegt.
- Segel stünde dann als Treibanker zur Verfügung!

Verfasst: 17.01.2010 16:04
von Heino Ude
@ Steve
Nee, das wird nichts, da ist der Widerstand zu groß.

So ein Treibanker ist wie ein Sack ohne Boden .. leicht konisch zulaufend, großer Eingang , kleinerer Ausgang.

Auf Schwedish heißt er Stabiliserande auf Norwegisch Drivanker, auf English Drogue.

Verfasst: 17.01.2010 16:07
von Steve Lenz
Habe ich auch schon alles recherchiert vorhin, um genügend Schlagwörter für GOOGLE zu haben. :wink:

Ok, anbetracht der in Frage kommenden Materialien wundert´s mich nicht, wenn die Fundlage gleich Null geht. Und es müsste seitens Archäologen ja auch erst mal zweckgemäß erkannt werden können!

Verfasst: 17.01.2010 16:11
von Heino Ude
Das wird eins der Probleme sein, da wird ein Stoffrest im Schiff gefunden, möglichst noch teerverschmiert, und dann ist kein Seemann da, der sich etwas dabei denkt ... Und schon ist es ein Hosenbein :lol:

Verfasst: 17.01.2010 16:20
von Steve Lenz
Das meinte ich. Interdisziplinäre archäologische Forschung steckt halt noch in den Kinderschuhen.

Verfasst: 17.01.2010 16:26
von Heino Ude
Steve, die Hoffnung stirbt zuletzt ... also immer hoffnungsvoll durchs Leben gehen ..es kann nur besser werden

Verfasst: 17.01.2010 16:31
von Steve Lenz
Musst Du mir nicht sagen: Ich bin Darsteller und Grabungsarbeiter - sowas ist "selbstschärfend"! :D