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Fischereieinbäume mit Bünn (Fischhälter)

Verfasst: 06.02.2010 23:22
von Jörg Nadler
rHallo Miteinander,

Im Slivni -See in Polen wurde ein spätmittelalterlicher Fischereieinbaum gefunden, welcher über eine eigens zur Fischhälterung ausgearbeitete Fischbünn verfügt.
Bild:http://www.schleifischer.de/html/mittelalter5.html
Die Fischbünn, ein ausgesparter Hälterkasten für den Transport lebendiger Fische, findet sich durch 2 stehengelassene Schotts vom Fischer getrennt ,in der Bootsmitte.
Durch Bohrungen in den unteren Bordwänden wurde der Fang mit Frischwasser versorgt und konnte so lebendig bis zu einem größeren Hälter transportiert werden, wo er bis zum Verkauf an Kunden aufbewahrt wird.
Datiert ist das Boot dendrochronologisch auf das Jahr 1361.
Das verwendete Material war ein Eichestamm, die Länge des Bootes betrug 5 Meter. Vor kurzem erfuhr ich, das es noch ein älteres Boot gleicher Bauart aus Niedersachsen gibt.
Als Datierung dieses älteren, hochmittelalterlichen Fundes wurde mir in diesem Fall das 12.Jh. genannt.
Fischhälter sind der Archäologie aber bereits aus dem Frühmittelalter (Slawen) und der Antike (Röm Imp.) bekannt.
In den Niederlanden fanden sich in Zwannendamm römische Fischbünnen aus dem 2/3. Jh.n Chr. als Fischgehege.
http:www2.rgzm.de/Navis/Themes/FishBins/Fischbuennen.htm
Diese waren, wenn auch vermutlich aus ausrangierten Einbämen umgebaut, als reine Hältereinrichtungen konzipiert und keine Fischereifahrzeuge mehr.
Im Gegensatz zum polnischen Fund als Boot mit Bünn lagen diese Einbäume, da sie beiderseits der Bordwände komplett durchbohrt waren, fast bis zum Rand der Bordkante unter Wasser.
Beide Bünnen in den Längen 7 Metern und 5,5 Metern waren gegen ein Herausspringen der darin aufbewahrten Fische mit Holzdeckeln komplett abgedeckt.
Für das Nachschleppen hinter dem Fischerboot auf der Fangfahrt sind solch große Fischbünnen aus meiner Sicht als Berufsfischer extrem unpraktisch und bei der Fischerei auch zudem äußerst hinderlich. Daher frage ich mich, wie die lebenden Fische zu diesen großen Bünnen transportiert wurden.
In der volkskundlichen Fischerei wurden bei Fischerbooten ohne Bünn noch über die Mitte des 20. Jh. hinaus Hütefässer verwendet.
Dieses sind kleine Fischbünnen von 1,5- 2,5 Mtr. Länge, welche Fischerboote problemlos nachschleppen konnten und den Fang dort lebendig bis zum Umsetzen in das Fischgehege einsetzten.
Wie aber haben nun die römischen Fischer ihre lebende Beute zu den Hältern transportiert :?: ?
Als Berufsfischer gehe ich darum davon aus, das es Boote wie den Fischereieinbaum vom Slivnisee oder kleinere Hütefässer zum Nachschleppen vermutlich auch schon bereits in der römischen Kaiserzeit gab.
Jedoch sind mir von den römerzeitlichen Einbaumfunden bislang nur solche ohne Bünn bekannt. oder diese waren eine reine Fischbünn und kein Fischereifahrzeug mehr .(Zwannendammfunde) Kennt jemand noch einen Fund eines Einbaumes als Fahrzeug mit integrierter Bünn, welcher älter als das Hochmittelalter ist ?

Jörg

Verfasst: 07.02.2010 11:50
von ulfr
Leider nicht, Jörg.

Vielleicht hilft Dir dieser thread mit Literaturliste weiter? Aber den kennst Du bestimmt ...

http://www.archaeoforum.de/viewtopic.ph ... 672bed9591

Verfasst: 08.02.2010 11:35
von LS
Hallo Jörg und die anderen Mitleser,
letzte Tage sagte mir jemand, er kenne einen Beleg aus der Römerzeit, wusste dann aber auch nix Genaues. Ich werde ihn nochmal danach fragen, wenn ich ihn sehe.
Letzte Tage habe ich einige Modifikationen an der WP-Seite zum Einbaum vorgenommen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder auch nur "Repräsentanz"):
http://de.wikipedia.org/wiki/Einbaum

Da ich an die Zukunft von Wikipedia glaube, benutze ich die Seiten zur UFG gern als Brainstorming-Ablagen und würde mich freuen, wenn andere das auch so handhaben würden. Irgendwann werden sich die WP-Texte schon noch zurechtrütteln, für die man ja meistens in dem Moment nicht die nötige Muße hat...

Gruß L.

Verfasst: 01.03.2010 00:12
von Jörg Nadler
Hallo liebe Fischereiinteressierte,

das mit dem römerzeitlichen Einbaum mit Fischbünn ist für mich sehr interessant, da ich sonst auch nur die Zwannendammfunde als reine Fischbünnen kenne.
Aber bereits aus dem Vorhandensein dieser großen Fischbünnen ziehe ich den Schluss, das es wohl auch kleinere Fischereifahrzeuge mit integrierter Bünn in Mitteleuropa mindestens seit der Römerzeit gibt.
Ich nehme an, das diese Bünnen von den römischen Fischerkollegen mit lebenden Fisch befüllt wurden und die gefüllte Bünn ihrerseits dann eventuell von einem größeren Fahrzeug zur Vermarktung zu den Verbrauchern geschleppt wurden. (nahe Zwannendamm ist z.B. ein Römerkastell)
Ähnlich arbeiten ich und meine Berufskollegen am Ostseefjord Schlei, ebenso wie an den Binnenseen, auch heute noch.
In der kleinen Fischbünn meines modernen Fangbootes SCHLE 6 hältere ich meine lebendig gefangenen Fische während des täglichen Fischfangs, um den Tagesfang dann nach Ende der Fangfahrt in mein Netzgehege umzusetzen.
Dieses erfülllt nun die Aufgabe des Bünneinbaumes.(Hüfat)
Das Grundprinzip ist also heute immer noch das gleiche wie in der Römerzeit.
Ein Fisch, der vom Fischer beim Fang sorgsam und vorsichtig behandelt und transportiert wird, lässt sich im Sommer ggf.noch tagelang hältern. Im Spätherbst und Winter im kalten Wasser sogar noch über 1-2 Monate lang.
So braucht man den Fisch nicht zu kühlen oder konservieren

Ich bin mal gespannt, was sich an Fischereieinbäumen aus der Zeit vor dem Mittelalter noch so findet.

Grüße, Jörg