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Dreschen in der Vorgeschichte
Verfasst: 02.03.2010 18:21
von Hans T.
In einem anderen Zusammenhang steht die Frage im Raum, wie denn die "Germanen droschen". Hmm. Vermuten könnte ich schon was, aber nur vermuten. Was weiss man denn tatsächlich über Dresch-Verfahren in der VG? Ausschütteln? Knüppel? Tiere drübertreiben?
H
Verfasst: 03.03.2010 08:42
von Claudia
Ein bekannter Archäologe meinte, es seien Knüppel gewesen. Als ich nachfragte, wie sowas denn konkret aussähe, kam nur "na Knüppel eben". Konkrete Belege kenne ich keine. In Vorderasien gibts ja Belege für Dreschschlitten und Ähnliches, aber aus der hiesigen RKZ kenne ich dazu gar nichts.
Zum Tiere-Drübertreiben braucht man einen festen, trockenen Platz, damit man hinterher auch Korn einsammeln kann und es nicht in den Modder gestampft wird. Angesichts des hiesigen feuchten Klimas käme dafür nur ein Platz im Haus/unter einem Dach in Frage. Und wenn ich mich recht an die Architektur der Häuser erinnere, hatten die in der Regel nur einen Eingang, der sich nicht besonders dafür eignet, eine Herde Schafe durchs Haus zu treiben.
Mangels Alternativen tendiere ich also weiterhin zur Knüppel-These, aber wirklich belegen läßt sich das m.E. nicht.
Verfasst: 03.03.2010 11:05
von Beate
In „Frühgeschichte der Landwirtschaft“ ist auch nur von einem Stock die Rede, Dreschflegel sind erst ab dem Hochmittelalter nachgewiesen. Erwähnt werden auch die Dreschschlitten bei den Römern. ->
http://de.wikipedia.org/wiki/Dreschschlitten
Unterscheiden muss man die Behandlung von freidreschenden Getreide (beim Dreschen wird das ganze Korn ohne Spelzen gewonnen) und Spelzgetreiden, die einen weiteren Verarbeitungsschritt notwendig machen, nämlich das Entspelzen.
Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Entspelzen wirklich notwendig ist.
Verfasst: 04.03.2010 08:56
von Beate
Verfasst: 04.03.2010 10:27
von Manu
@Beate:
Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Entspelzen wirklich notwendig ist.
Also, so weit ich mich erinnere, mußte (beim Steinzeit-Experimentvom ARD/SWR) unbedingt entspelzt werden, da beim Spelzgetreide, wie z.B. Emmer der Spelz sich beim Dreschen nicht gelöst hat. Da er für uns nicht verdaulich ist, aber fest um das Korn herum ist, um es zu schützen, mußte das Entspelzen in einem extra Arbeitsgang geschehen. In einem ausgehöhlten Baumstamm und einem großen Mörser wurde der Spelz durch Rühren und vorsichtiges Drücken aufgebrochen. Danach haben wir (an einem Aktionstag) ein großes Leinentuch ausgebreitet und gedroschen, in unserem Fall (Jungsteinzeit) mit einem Stock. Danach den Spreu vom Emmer/Weizen getrennt ....
Nachweise gibt es, soweit ich unterrichtet bin, dafür nicht
Manu
Verfasst: 04.03.2010 11:31
von Beate
Manu hat geschrieben:Da er für uns nicht verdaulich ist
Das war mir soweit bekannt, aber unverdaulich heißt ja nicht, dass man es nicht trotzdem mitessen kann. Ich dachte dabei an sowas wie Ballaststoffe.
Verfasst: 04.03.2010 13:15
von Bullenwächter
Soweit ich das von den Alpenüberquerern Ingo und Henning mitbekommen hatte, haben sich die Spezen beim Kauen der Getreideprodukte zwischen Zähne und das Zahnfleisch geschoben und sind dort schmerzhaft stecken geblieben, was nicht nur unangenehm war sondern auf längere Sicht auch zu entzündlichen Reaktionen des Zahnfleisches führen könnte.
Nachtrag:
Diese Erfahrung habe ich auch schon selbst gemacht, wenn ich auf den Körnern von am Wegesrand gepflückte Getreideähren herumgekaut habe. Die Spelzen landen zielsicher in dem Zwischenraum zwischen den Zähnen und dem Zahnfleisch, schieben sich dort beim Kauen immer tiefer hinein umd nan bekommt sie nur schwer wieder heraus.
Verfasst: 04.03.2010 13:59
von Chris
wie sieht es aber mit Getreide aus, das geschrotet oder gemahlen wird?
lösen sich ev. die Spelze am Anfang des Mahlvorgangs, werden sie mitgemahlen oder blockieren sie das ganze sogar?
Hat mal jemand ne Schüssel Spelzgetreide? Meine Mühle hat Langeweile
Verfasst: 05.03.2010 09:29
von Manu
Also, soweit ich mich noch erinnere, war es an den Ballaststoffen zuviel, bzw. haben, vor allem die kleinsten Kinder, das Brot wieder gebrochen.
Beim Mahlen ohne vorher zu entspelzen, erinnere ich mich, daß eine Mutter mir sagte, daß sie (im Bezug zu der schweren Arbeit) kaum verwertbares Mehl hatten.
Die Frage ist ja immer, hat das den Menschen "früher" auch was ausgemacht oder haben sie das einfach so gegessen. Welchen Aufwand haben sie betrieben. Ich finde das bei allen Vorführungen schwierig, zwischen den Gedanken, "Ach was, das hat denen "damals" doch nichts ausgemacht" oder "was die konnten/kannten das schon?"
Verfasst: 05.03.2010 10:48
von Fridolin
Es gibt aus dem Feuchtbodenbereich (Federsee?) etliches an menschlichen Fäkalien. Darin sollten sich evtl. Spelzreste nachweisen lassen. Gab's da schjon Untersuchungen und wurden die schon publiziert?
Außerdem, wenn's mit dem Entspelzen nicht geklappt hat: Man kann aus Spelzgetreide doch auch "flüssige Nahrung" herstellen....
Viele Grüße
Fridolin
PS: Ich hab irgendwo mal gelesen, dass man Getreide rösten kann, damit es sich leichter mahlen (und entspelzen?) lässt.
Verfasst: 05.03.2010 11:43
von Bullenwächter
Für flüssige Nahrung ist das Getreide oft viel zu wertvoll. Das könnte man sich erlauben, wenn die Ernte übermäßig ausgefallen ist und man im Frühjahr noch Vorräte über den Winter gebracht hat.
Verfasst: 05.03.2010 13:51
von Manu
@ Friedolin
Ich glaube das wurde wieder verworfen, weil es dann doch zu aufwendig war und nichts gebracht haben soll. Aber das käme natürlich auf einen Versuch an. An sich glaube ich mich zu erinnern, daß das Mörsern der wichtige Teil des Entspelzens war.
Ähm, flüssige Getreidenahrung
Hab da mal so eine Theorie gelesen, wie "Bier" anscheinend schon sehr früh in der Menschheitsgeschichte entdeckt wurde. Falls jemand den Link noch kennt, würd mich nochmals interessieren.
Verfasst: 05.03.2010 14:09
von Fridolin
Verfasst: 05.03.2010 15:09
von Beate
Ich habe grad in meiner Literatur einen Artikel gefunden.
Meurers-Balke, J., Lüning, J. 1990: Experimente zur Verarbeitung
von Spelzgetreide. Experimentelle Archäologie in
DeutscWand. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland,
Beiheft 4, S. 93-112.
Beschrieben werden Versuche mit einer steinernen Schiebemühle und einem Holzmörser.
Verfasst: 05.03.2010 15:32
von Fridolin
Beate, lässt Du uns an Deinem Erkenntnisgewinn teilhaben? Nicht jeder hat das Büchlein.
Danke
Viele Grüße
Fridolin