Der Berliner Goldhut
Verfasst: 19.04.2010 12:21
Band II der Schriften des Museums für Vor- und Frühgeschichte ist jetzt brandneu erschienen.
Die Sammlungen des Museums für Vor- und Frühgeschichte Band II.
Der Berliner Goldhut: Macht, Magie und Mathematik in der Bronzezeit
Verlag: Schnell & Steiner; Auflage: 1 (18. März 2010)
ISBN-13: 978-3795422714
(Im Buchhandel erhältlich)
Zum Verständnis eine Abbildung unter:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... oldhut.jpg
Der Autor, Dr. Wilfried Menghin publiziert zusammenfassend seine Erkenntnisse zum „Berliner Goldhut“. Er betrachtet den „Berliner“ Goldhut als Lunaren Kalender und unterstellt auch den anderen drei Exemplaren dieser Fundgruppe eine zumindest ähnliche Funktion.
Das Buch ist relativ schwer zu lesen. Das liegt jedoch nicht am Autor, sondern an der doch sehr komplexen mathematisch/astronomischen Problemstellung.
Dr. Menghin ist im Übrigen auch in dieser Publikation sehr ergebnisoffen, er wiederholt mehrmals, dass zusätzliche oder ergänzende Erkenntnisse zu einer Verbesserung und sogar zu einer Änderung seiner Theorie führen können.
Ich persönlich finde die Haltung und die Theorieentwicklung Dr. Menghins sehr lobenswert, einfach deswegen, weil er schon vor der Publikation der Sternenscheibe von Nebra der mitteleuropäischen Bronzezeit eine solche selbständige mathematisch/astronomische Leistung zutraute, ohne dabei immer wieder irgendwelche Vorbilder (aus dem nahen Osten) zu fordern.
Im Gegensatz zur Sternenscheibe habe ich jedoch mit dieser Theorie meine Schwierigkeiten. Weniger vom Verständnis her, letztlich besagt die Theorie, dass die „Verzierungen“ des Berliner Goldhuts so eingeteilt sind, dass er als Merkhilfe für einen Mondkalender dient. Und tatsächlich scheinen die Rhythmik der Verzierungszonen und die Anzahl der eingestempelten Punzen mathematisch gesehen den Mondrhythmen (inklusiver Schalttage oder anderen astronomischen Besonderheiten des Lunarkalenders) zu entsprechen.
Es geht mir jetzt also gar nicht so sehr um die Unterstellung oder gar eines Nachweises irgendwelcher kalendarischer oder astronomischer „Fehler“ und schon gar nicht um etwaige kulturhistorische Debatten.
Was mir jedoch durch den Kopf geht, ist ob die Zahlenwerte des Goldkegels/Goldhutes nicht doch mehr oder weniger zufällig sind, wenn nicht vielleicht sogar in einem Bereich liegen, der sich Fertigungstechnisch erklären lässt.
Was mir dabei, recht ungeordnet, im Kopf herum geht, sind folgende Gedankenfetzen:
Die beiden Kegel/Hüte, die lt. Menghin deutlich im Verdacht stehen, Kalendarische Funktion zu erfüllen, sind eben der Berliner Hut und der Goldkegel von Ezelsdorf-Buch (Mittelfranken)
Das französische Exemplar liegt in etwa auch in der Größenordnung der beiden obigen Stücke, ist allerdings bei der Auffindung so zerstört worden, dass die jetzige Gestalt zu ungenau ist.
Das Schifferstädter Exemplar ist wesentlich kleiner und fällt erstmal aus der Betrachtung, auch bei Menghin.
Zurück zum Berliner und dem Ezelsdorfer Exemplaren.
Geht man von einer kanonischen Verwendung, zu welcher auch immer, aus, kann sich ein bestimmter Größenkanon ergeben.
Tatsächlich entsprechen die Maße der beiden Exemplare in etwa der Hutgröße 56.
Auch für eine „Kultpfahlbekrönungen oder ähnlichem sollte die Maße beider Exemplare in etwa gleich sein.
Ein weiterer Grund für gleiche Größenverhältnisse könnte auch in der technischen Machbarkeit liegen, die verwendete Goldmenge liegt in beiden Fällen um die 400gr.
Das Gold ist in beiden Fällen sprichwörtlich papierdünn ausgetrieben, es bedarf einer Stabilisierung durch Punzierung. (Ähnlich den bekannten Metallgeräten dieser Zeit)
Grundsätzlich würden gerade Zierleisten ausreichen, der gleiche Effekt lässt sich jedoch auch mit Punzen erreichen.
Technisch gehen jedoch viereckige Punzen nicht, da hier die Gefahr besteht, dass die Kanten aufgrund der ungleichen Druckkräfte einreißen.
Damit wären wir bei den Kreis- und Kugelpunzen, die sich praktisch auf jeder Metallarbeit der UK und HA finden.
Fertigungstechnisch nimmt das RGZM an, dass die Punzen von außen gesetzt wurden, auch die linearen Muster. Es handelt sich demnach um Matrizen, nicht um Patrizen.
(Ich kann dieser Idee nicht ganz folgen, das ist jedoch für das Problem Kalender erst mal unbedeutend)
Da die Kegel/Hüte rund sind, verbieten sich Kreispunzen ab einem bestimmten Durchmesser, da diese sich nicht mehr gleichmäßig auf die Hülle aufbringen lassen, also laufend die Gefahr besteht, dass das Metall reißt.
Die größten Punzen liegen demnach in der Praxis bei 5 cm im Durchmesser. Zu kleine Punzen sind auch nicht unbedingt das Mittel der Wahl, da der Arbeitsaufwand wächst, aber auch das Erscheinungsbild leidet.
Um eine Vorstellung zum Mitdenken zu haben, die Maße der Exemplare:
Der Umfang dieser zwei Kegel/Hüte ist recht gleich, so ca. 55 cm Umfang, Durchmesser ca 17,5 cm. (Wie gesagt, etwa Größe 56) Die Höhe in etwa 80 cm.
Um eine Fläche optisch „passend“ zu verzieren, bewegen sich ja auch die Abstände der Zierzonen oder der Abstände der Punzen zueinander in einem bestimmten Rahmen.
Weiter kommt hinzu, dass ich z.b. regelmäßige Abstände von Punzen erreiche, indem ich am Anfang und am Ende der Zone jeweils eine Punze setze, die anderen dann jeweils in den Mitten der noch freien Abstände. Damit kommt immer eine ungerade Zahl von Verzierungen zustande, was zum Beispiel das von Dr. Menghin gehäufte Auftreten von Primzahlen erklären könnte.
Jetzt frage ich mich ernsthaft, ob denn diese durch den (vermuteten) Kanon in der Gesamtgröße der Kegel/Hüte, den sich nur innerhalb eines bestimmten Größenverhältnisses bewegenden Maßen der Punzen und dem optisch optimalen Verhältnis der Zonen/Punzen Maße und Verhältnisse zueinander ergeben, die einen „höheren“ Kanon vermuten lassen.
Dass sich bei genügend hoher Anzahl von Zahlen und Abständen immer andere, ähnliche Zahlenverhältnisse finden lassen und sich dann ein Zusammenhang vermuten lässt, ist ja ein altbekanntes Problem.
Kann mir jemand folgen ? Kann mir jemand weiterhelfen ? Evtl. Meinungen ?
Thomas
Die Sammlungen des Museums für Vor- und Frühgeschichte Band II.
Der Berliner Goldhut: Macht, Magie und Mathematik in der Bronzezeit
Verlag: Schnell & Steiner; Auflage: 1 (18. März 2010)
ISBN-13: 978-3795422714
(Im Buchhandel erhältlich)
Zum Verständnis eine Abbildung unter:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... oldhut.jpg
Der Autor, Dr. Wilfried Menghin publiziert zusammenfassend seine Erkenntnisse zum „Berliner Goldhut“. Er betrachtet den „Berliner“ Goldhut als Lunaren Kalender und unterstellt auch den anderen drei Exemplaren dieser Fundgruppe eine zumindest ähnliche Funktion.
Das Buch ist relativ schwer zu lesen. Das liegt jedoch nicht am Autor, sondern an der doch sehr komplexen mathematisch/astronomischen Problemstellung.
Dr. Menghin ist im Übrigen auch in dieser Publikation sehr ergebnisoffen, er wiederholt mehrmals, dass zusätzliche oder ergänzende Erkenntnisse zu einer Verbesserung und sogar zu einer Änderung seiner Theorie führen können.
Ich persönlich finde die Haltung und die Theorieentwicklung Dr. Menghins sehr lobenswert, einfach deswegen, weil er schon vor der Publikation der Sternenscheibe von Nebra der mitteleuropäischen Bronzezeit eine solche selbständige mathematisch/astronomische Leistung zutraute, ohne dabei immer wieder irgendwelche Vorbilder (aus dem nahen Osten) zu fordern.
Im Gegensatz zur Sternenscheibe habe ich jedoch mit dieser Theorie meine Schwierigkeiten. Weniger vom Verständnis her, letztlich besagt die Theorie, dass die „Verzierungen“ des Berliner Goldhuts so eingeteilt sind, dass er als Merkhilfe für einen Mondkalender dient. Und tatsächlich scheinen die Rhythmik der Verzierungszonen und die Anzahl der eingestempelten Punzen mathematisch gesehen den Mondrhythmen (inklusiver Schalttage oder anderen astronomischen Besonderheiten des Lunarkalenders) zu entsprechen.
Es geht mir jetzt also gar nicht so sehr um die Unterstellung oder gar eines Nachweises irgendwelcher kalendarischer oder astronomischer „Fehler“ und schon gar nicht um etwaige kulturhistorische Debatten.
Was mir jedoch durch den Kopf geht, ist ob die Zahlenwerte des Goldkegels/Goldhutes nicht doch mehr oder weniger zufällig sind, wenn nicht vielleicht sogar in einem Bereich liegen, der sich Fertigungstechnisch erklären lässt.
Was mir dabei, recht ungeordnet, im Kopf herum geht, sind folgende Gedankenfetzen:
Die beiden Kegel/Hüte, die lt. Menghin deutlich im Verdacht stehen, Kalendarische Funktion zu erfüllen, sind eben der Berliner Hut und der Goldkegel von Ezelsdorf-Buch (Mittelfranken)
Das französische Exemplar liegt in etwa auch in der Größenordnung der beiden obigen Stücke, ist allerdings bei der Auffindung so zerstört worden, dass die jetzige Gestalt zu ungenau ist.
Das Schifferstädter Exemplar ist wesentlich kleiner und fällt erstmal aus der Betrachtung, auch bei Menghin.
Zurück zum Berliner und dem Ezelsdorfer Exemplaren.
Geht man von einer kanonischen Verwendung, zu welcher auch immer, aus, kann sich ein bestimmter Größenkanon ergeben.
Tatsächlich entsprechen die Maße der beiden Exemplare in etwa der Hutgröße 56.
Auch für eine „Kultpfahlbekrönungen oder ähnlichem sollte die Maße beider Exemplare in etwa gleich sein.
Ein weiterer Grund für gleiche Größenverhältnisse könnte auch in der technischen Machbarkeit liegen, die verwendete Goldmenge liegt in beiden Fällen um die 400gr.
Das Gold ist in beiden Fällen sprichwörtlich papierdünn ausgetrieben, es bedarf einer Stabilisierung durch Punzierung. (Ähnlich den bekannten Metallgeräten dieser Zeit)
Grundsätzlich würden gerade Zierleisten ausreichen, der gleiche Effekt lässt sich jedoch auch mit Punzen erreichen.
Technisch gehen jedoch viereckige Punzen nicht, da hier die Gefahr besteht, dass die Kanten aufgrund der ungleichen Druckkräfte einreißen.
Damit wären wir bei den Kreis- und Kugelpunzen, die sich praktisch auf jeder Metallarbeit der UK und HA finden.
Fertigungstechnisch nimmt das RGZM an, dass die Punzen von außen gesetzt wurden, auch die linearen Muster. Es handelt sich demnach um Matrizen, nicht um Patrizen.
(Ich kann dieser Idee nicht ganz folgen, das ist jedoch für das Problem Kalender erst mal unbedeutend)
Da die Kegel/Hüte rund sind, verbieten sich Kreispunzen ab einem bestimmten Durchmesser, da diese sich nicht mehr gleichmäßig auf die Hülle aufbringen lassen, also laufend die Gefahr besteht, dass das Metall reißt.
Die größten Punzen liegen demnach in der Praxis bei 5 cm im Durchmesser. Zu kleine Punzen sind auch nicht unbedingt das Mittel der Wahl, da der Arbeitsaufwand wächst, aber auch das Erscheinungsbild leidet.
Um eine Vorstellung zum Mitdenken zu haben, die Maße der Exemplare:
Der Umfang dieser zwei Kegel/Hüte ist recht gleich, so ca. 55 cm Umfang, Durchmesser ca 17,5 cm. (Wie gesagt, etwa Größe 56) Die Höhe in etwa 80 cm.
Um eine Fläche optisch „passend“ zu verzieren, bewegen sich ja auch die Abstände der Zierzonen oder der Abstände der Punzen zueinander in einem bestimmten Rahmen.
Weiter kommt hinzu, dass ich z.b. regelmäßige Abstände von Punzen erreiche, indem ich am Anfang und am Ende der Zone jeweils eine Punze setze, die anderen dann jeweils in den Mitten der noch freien Abstände. Damit kommt immer eine ungerade Zahl von Verzierungen zustande, was zum Beispiel das von Dr. Menghin gehäufte Auftreten von Primzahlen erklären könnte.
Jetzt frage ich mich ernsthaft, ob denn diese durch den (vermuteten) Kanon in der Gesamtgröße der Kegel/Hüte, den sich nur innerhalb eines bestimmten Größenverhältnisses bewegenden Maßen der Punzen und dem optisch optimalen Verhältnis der Zonen/Punzen Maße und Verhältnisse zueinander ergeben, die einen „höheren“ Kanon vermuten lassen.
Dass sich bei genügend hoher Anzahl von Zahlen und Abständen immer andere, ähnliche Zahlenverhältnisse finden lassen und sich dann ein Zusammenhang vermuten lässt, ist ja ein altbekanntes Problem.
Kann mir jemand folgen ? Kann mir jemand weiterhelfen ? Evtl. Meinungen ?
Thomas