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Rekonstruktion eines bronzezeitlichen Gebäudes

Verfasst: 06.12.2005 00:40
von Steve Lenz
http://www.bronzezeithof.de/

Ich glaube, da muß ich mal meine Aufwartung machen - gefällt mir gut! :D

Verfasst: 09.04.2006 10:21
von ulfr
Kannst Du Dir glaub ich schenken. Warum nur, warum müssen bronzezeitliche Hausmodelle (von Rekonstruktionen spricht man im Hausbau nicht, da in der Regel alles Aufgehende vergangen ist und es also auch nichts zu rekonstruieren gibt!) immer so aussehen wie niedersächsische Hallenhäuser aus dem 18. Jhd.? Und die paar Minuten, die man braucht, um die kettengesägten Balkenköpfe zu bebeilen, damit sie einigermaßen authentisch aussehen, sollte man sich schon nehmen. Dem Erddach über dem Holzschuppen gebe ich max. ein bis zwei Jahre, dann sind die Grassoden wegen klein g an den Traufbrettern zusammengerutscht. Erddächer funktionieren erfahrungsgemäß bis zu einer Dachneigung von max. 15 Grad.
Ich werde aber auf der nächsten Flintbeschaffungstour mal vorbeifahren und Bilder fürs Album machen.

Verfasst: 09.04.2006 10:38
von Hans T.
Na dann mach halt mal einen konstruktiven Vorschlag des Aufgehenden bei diesem Befund! Wie erklärst du du zweite umlaufende Pfostenlochreihe?

H.

Verfasst: 09.04.2006 11:14
von Nika E.S.
Es ist eine bekannte Tatsache, daß bei jeder Rekonstruktion bewußt oder unbewußt die Sozialisierung des Rekonstruierenden Informationslücken füllt.
Für uns hat ein Haus eine bestimmte Form... Würde jemand aus einem anderen Kulturkreis so ein Haus rekonstruieren hätte es vielleicht ein Flachdach oder Pultdach oder sonstwas...
Und alles was eine gewisse Größe und Dachkonstruktion hat sieht wohl aus wie ein niedersächsisches Hallenhaus... Sehr viele Möglichkeiten gibt es da aber auch nicht...
Mit den gesägten Enden hast du allerdings Recht... :roll:

Verfasst: 09.04.2006 11:19
von Steve Lenz
Mit den gesägten Enden hast du allerdings Recht...
Ich denke - berücksichtigt man den Gesamtaufwand - dass die gesägten Enden nicht aufgrund von Faulheit unmodifiziert blieben. Alle anderen Balken und Pfosten wurden bebeilt. Ich vermute hier eher ein: "Leute, datt muß fertich wern!"

Und als dann das Haus stand....

Sowas geht schnell mal im Arbeitseifer unter! :idea:

Nichts desto trotz finde ich es eine tolle Sache! Freue mich auf den Juni!

Verfasst: 11.04.2006 21:43
von ulfr
Hans hat geschrieben:Na dann mach halt mal einen konstruktiven Vorschlag des Aufgehenden bei diesem Befund! Wie erklärst du du zweite umlaufende Pfostenlochreihe?

H.
Werter Hans,
wenn Du den untersten Befund auf der Tafel meinst, dann stimme ich Dir, was das in Uelsen gebaute Modell angeht, zu, man kann ein Reetdach so konstruieren. Dann hätten die Erbauer konsequenterweise auf den giebelseitigen Eingang verzichten müssen, dafür gibt es keinen Hinweis. Die beiden anderen Grundrisse geben ein dreischiffiges Haus mit 6 Pfostenreihen und einem stark heruntergezogenen Dach nicht so zwingend her, finde ich. Konstruktiver Alternativvorschlag: schräge angesetzte, gebogene seitliche Stützenpfosten, Bohlenwände 1,80 m hoch und ein hohes Dach aus Nadelholzschindeln. Vielleicht waren die Balken und Pfosten im Inneren (und außen?) beschnitzt? Mit Verlaub: Mich reizt diese uriggeschichtliche archätektonische Schinkenspicker-Gemütlichkeit immer zum Einspruch, wobei ich den Erbauern sicher nicht zu nahe treten möchte, die Problematiken von Hausmodellen sind ja in "Vom Pfostenloch zum Steinzeithaus" hinreichend behandelt worden. Aber wenn man denn mal die Gelegenheit hat, solch ein Haus zu bauen, warum dann nicht ein bisschen mehr Mut zur Phantasie? Oder zum Schrägen? Alles andere ist doch schon ausprobiert worden, Reetdächer bis zum Horizont.

"Man soll die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher"
A. Einstein

Verfasst: 12.04.2006 08:01
von Thomas Trauner
Ulfr,

ohne jetzt die Rekonstruktion oder den Befund im Detail zu kennen, geb ich Dir grundsätzlich recht.
Es fällt wirklich auf, dass gerade bei Hausrekonstruktionen rezente, örtliche "Bautraditionen" eine Rolle spielen. Das geht schon zu sehr "vom Bekannten ins Unbekannte".
Ich nenn das immer gerne euphemistisch das "anthropologische Prinzip" :-P
Wir tun uns einfach hart, unser "Vorwissen" auszuschalten...

Ein bißchen mehr Experimentierfreudigkeit tut da not.

Thomas

Verfasst: 12.04.2006 09:03
von Hans T.
Schon klar...nur damit ist die Qualität der Einzelrekonstruktion hier nicht geschmälert. Man muss nicht unbedingt die Gesamtproblematik der oft sehr gleichartigen Bauweisen nicht auf ein Einzelprojekt projezieren. Dazu eignet sich ein grösseres Projekt mit mehreren Gebäuden besser. Siehe Bad Buchau oder Mitterkirchen. Gerade aber Mitterkirchen macht deutlich, wie leicht eine Schnitzerei, die nicht nachgewiesen ist, und nur eingesetzt wird, um der 'Schinkenspicker-Gemütlichkeit' entgegen zu wirken, auch wieder überinterpretiert werden kann.

Ich bin mir einfach nicht sicher, ob man bei einem nun wohl doch sehr lobenswertem Einzelprojekt in der Provinz die Überzeugungsarbeit leisten kann, sich weiter aus dem (nicht vorhandenen) Fenster zu legen. Dazu sind besser grössere Projekte geeignet.

Hans

Verfasst: 12.04.2006 09:47
von S. Crumbach
Ich persönlich denke, daß das das Haus dem hinlänglich bekannten "Bronzezeit-Haus" aus dem Museum Oerlinghausen sehr, sehr ähnlich sieht.

Verfasst: 12.04.2006 09:58
von Hans T.
Sylvia, Befund ist Befund. Was sich allenfalls ändert ist die 'Mode' der Interpretation des Aufgehenden und ggf. der Grad an Toleranz am Einsatz 'unzeitgemäßer' Werkzeuge. Zwischenzeitlich ist man von primitivistischen Modellen mit krummen buckeligen Hölzern mit nur schlampig entfernter Borke eigentlich weg. Der Trend sollte in Richtung ordentlicher Holzbearbeitung gehen. Ist aber nur schwer aus den Köpfen der Bauträger und sonstiger Nicht-Fachleute heraus zu bekommen. Thomas und ich kennen das Problem aktuell aus eigener Erfahrung anhand eines 1:1 Modells eines neolithischen Gebäudes....

H.

Verfasst: 12.04.2006 10:08
von S. Crumbach
Schon klar, Hans.
Schrubbelige Leute in strubbeligen Häusern ....

Verfasst: 12.04.2006 10:29
von Roland L.
moin,

vorweg, ich bin kein Häuserspezialist und ich weiß auch nicht obs hier so gut reinpasst, aber die von Ulfr angesprochenen gebogenen Ständer kenne ich als "Kruck-Dachwerke". Die sind zwar etwas nach unserer Zeit erst nachweisbar aber trotzdem sehr interessant.
Ich habe da ein schönes Buch über die Entshehung und Verbreitung von Kruck-Dachwerken in Nordeuropa (ISBN und Verfasser s.u.) . Wenn Interesse besteht, kann ich das gerne mal verleihen.

gruß,
Roland

EDIT:

Hier der Titel:
"Krummholz und Cruck-Dachwerke in Nordwesteuropa"
Verasser: Dr. Friedrich Seaftel
ISBN: gibts keine?!
Gedruckt bei J.C.Schwensen Eckernförde 1970

Verfasst: 12.04.2006 12:09
von Damion
Ist doch heute mit "modernen" Bauten auch noch so.
Bei uns in der Eifel stehen auch jede Menge Häuser und umgebaute Scheunen rum, bei denen die neuen Besitzer das originale, krumme und und schiefe Fachwerk freigelegt haben, weil es doch so viel authentischer sei.
Teilweise leben die ursprünglichen Erbauer noch und gehen kopfschüttelnd an den Machwerken vorbei und erzählen jedem der es hören will, daß sie schon damals (20er und 30er Jahre etwa) mit Absicht die Tragkonstruktionen hinter Verschalungen versteckt haben, damit niemand sieht was für minderwertiges Holz sie verwenden mussten.

Ein Hoch auf die Romantik!

Verfasst: 12.06.2006 10:30
von Steve Lenz
Vom 22. bis zum 25. Juni gibt es die "Ersten Uelser Bronzezeittage"!

Ferro und ich nehmen als Darsteller der Urnenfelderkultur teil. Vielleicht sieht man sich?

Verfasst: 21.03.2007 09:46
von Steve Lenz
Da wird gerade gebaut! :D