Durchlochte schmalhohe Dechselklingen

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enrohs
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Durchlochte schmalhohe Dechselklingen

Beitrag von enrohs »

Hallo,

sind eigentlich die eher seltenen durchlochten "Schuhleistenkeile" in der Regel quergebohrt und müssen sie dann nicht eher als Setzkeil angesprochen werden? Zum Bäumefällen dürfte sich diese Schäftungsart dann aber wieder als asymetrische Axt auch gut eignen.
(wenn ich wüßte, wie ich hier Bilder hochladen kann, würde ich was anhängen, aber ihr versteht hoffentlich was ich meine?)

Viele Grüße

Sven
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Du kannst Bilder z.B. bei

www.postimage.org

hochladen, kopiere die Zeile in "Hotlink for Forums 1" und füge sie in deine Antwort ein.
Komprimiere das Bild vorher auf etwa 100 mm Breite und 150 pixel Auflösung, so dass es etwa 100 KB hat, dann ist es für uns Schnecken-DSLer leichter, danke!

Was genau verstehst Du unter Setzkeil?
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

http://www.proc.britac.ac.uk/tfiles/144p567.pdf
In diesem Artikel sind einige spektakuläre organische Funde aus spätmesolithischem Zusammenhang aus Norddeutschland abgebildet.
Unter anderem eine große "donauländische Axt" (Fig. 8) mit erhaltenem Schaftrest (Ast oder Stämmchen eines Rosenblütlers). Bei diesen und noch längeren (über 30 cm) Exemplaren mit weit zum Nacken verschobenen Schaftloch kann man sich durchaus Fragen nach der Praktischen Einsatzfähigkeit als Axt im üblichen Sinne stellen, oder?

Spannend auch Fig. 6 Nr. 3, ein ähnliches Stück wie auch aus mehreren Exemplaren aus DK bekannt, gemeinhin als 2-teiliges Zwischenfutter für Flintbeile interpretiert. Da ist auch viel Raum für Experimente ...
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Blattspitze hat geschrieben: kann man sich durchaus Fragen nach der Praktischen Einsatzfähigkeit als Axt im üblichen Sinne stellen, oder?
Kann man, ich halte bei diesem Exemplar die Position der Bohrung aber noch für "normal", bei heutigen Stahlbeilen liegt das Haus ja generell noch weiter hinten. Müsste man praktisch erproben, das Ding reizt geradezu zum Nachbauen, weil aus Rosenhof *schnief*
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

bei heutigen Stahlbeilen liegt das Haus ja generell noch weiter hinten. Müsste man praktisch erproben, das Ding reizt geradezu zum Nachbauen, weil aus Rosenhof *schnief*
Das nennt sich "Haus" (hihi)? Bei nicht kreisrunden Häusern wär es nur eine evtl. schlechte Ausbalancierung, aber bei "Rundhäusern" kommt noch der unangenehme Trend zum Drehen der Axt um den Schaft hinzu. Kollege Meier hatte einst eine solche Axt (Publiziert in der ersten Exp. Arch. Bilanz) rekonstruiert, nach mehreren nicht exakt richtigen Treffern des Fällobjektes drehte die sich Axt wie ein Propeller im Häuschen. Und er hatte das Stück wirklich solide geschäftet (?) ...
Ich habe von Michael noch so eine große Basaltaxt irgendwo im Keller ...
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LS
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Beitrag von LS »

Moin,
der durchlochte Schuhleistenkeil von Rosenhof ist ein weiteres Bsp. für das Phänomen, das ich im Dechsel-Fred angesprochen hatte. Offenbar wird ab der jüngsten LBK, vor allem aber in den mittelneolithischen Folgekulturen (4900-4500) ein Recycling der LBK-Dechsel vorgenommen, indem diese parallel zur Schneide durchbohrt werden. Die Löcher sind zum Teil zu dünn für Holme, in diesem Fall sieht das Loch aber ganz passabel aus und ist auch leicht schräg gestellt, was sicher kein Zufall ist. Ich behaupte jetzt mal, dass es sich hier um einen recycelten LBK-Dechsel handelt ... in Schleswig-Holstein ticken die Uhren ja immer schon etwas langsamer:-)

Gruß L.
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Beitrag von ulfr »

Das Problem kenne ich, aber es muss irgendeine praktikable Lösung gegeben haben, denn sehr viele Äxte haben runde Schaftlöcher (ich weiß nicht, ob man den Fachausdruck "Haus" für die Bohrung verwenden kann/soll), denke an all die Streitäxte des nordischen Neolithikums. Wenn sich beim Baumfällen die Klinge dreht, ist es "nur" nervig und kontraproduktiv; wenn bei Auseinandersetzungen - wofür die Dinger ja wohl gebaut wurden? - die Klinge propellert, kann das schnell lethal werden ....

Ein Ausweg ist die hier auch schon besprochene Langlochbohrung

Edith:
in Schleswig-Holstein ticken die Uhren ja immer schon etwas langsamer:-)
Zum Glück!
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LS
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Beitrag von LS »

...da soll´s Leute geben, die heute noch mit steinernen Dechseln unterwegs sind.

Noch ne Frage: Was blieb denen denn walter ulbrich als kreisrunde Löcher zu bohren? Exzenter-Bohrbogen mal ausgeklammert...(oh-oh, hoffentlich landet der Müll nicht im nächsten EXAR-Band).
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ulfr
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Beitrag von ulfr »

Den Langlochbohrer in seinem Lauf, halten weder Leif noch ULFR auf

http://www.archaeoforum.de/viewtopic.php?t=3779

S. 1 ziemlich weit unten Aufsatz von Könecke und Ringot in der EXAR-Bilanz 2010
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LS
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Beitrag von LS »

Hab das Heft gerade verborgt (das kommt davon). Also schau ich´s mir erstmal an, melde mich aber bestimmt nochmal zu dem Thema...

Gruß L
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

LS:
in Schleswig-Holstein ticken die Uhren ja immer schon etwas langsamer
Sauerei!
Falsch, Ihr Äquatornäheren Mammutelfenbein knabbernden Banausen. Je näher man sich an der Sonne, sich also tiefer in deren Gravitationstrichter befindet, desto langsamer verläuft die Zeit! qed :twisted:
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LS
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Beitrag von LS »

Guten Tach die Herren aus dem hohen Norden,
freundlicherweise wurde mir gerade mein EXAR 2010-Heft zurückgebracht...
Jetzt lehn ich mich mal fachlich aus dem Fenster: Die im Artikel angesprochenen Ovalbohrungen an den Äxten stammen aus der spätneolithischen Wartbergkultur, die als Ableger der westeuropoäischen Megalithik und +/- zeitgleich mit Walternienburger und Bernburger Kultur in Mitteldeutschland liegt. Woher kommt die Innovation mit ovalen Bohrungen? Von südosteuropäischen Vorbildern, die bereits gegossen waren, sag ich mal. Also: keine Ovalbohrungen in Post-LBK-gebohrten Schuhleistenkeilen, auch keine Ovalbohrungen bei Rössener Äxten zum Beispiel. Frühestens im Zeithorizont der jungneolithischen und stark aus dem Südosten beeinflussten Kulturen. Der Alt-(?) und Mittelneolithiker hat überwiegend sein Holunderstäbchen genommen und hohlgebohrt.

Edith (nachträglich): Ein Beweisstück dieser These ist die kreuzschneidige Axt von Auleben im Baalberger Kontext, ganz offensichtlich ein Import der Bodrogkeresztúr-Kultur, 4400 - 4100 v.Chr., mit ovalem Schaftloch (!)

PS: Als alter Thüringer sag ich nur: Ruhla-Uhren, die schnellsten der Welt!
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Blattspitze
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Beitrag von Blattspitze »

Stimmt, bei den frühen Stücken ist mir auch keine Ovalbohrung bekannt, allerdings ist meine Materialkenntnis stark begrenzt.
Aus der Kugekamphorenkultur, die z.t. gleichzeitig mit den von LS genannten Kulturen ist, gibt es die Nackenkammäxte (die auch auf Metallvorbilder zurückgehen dürften), die z.T. sehr lang, schmal und fragil ausgebildet sein können, die haben auch ovale Schaftlöcher, allerdings gepickt.

Neben dem bei der Rosenhof-Axt auffälligen geneigten Bohrloch (und der dazu passenden asymmetrischen Schneide) könnte auch die Orientierung von deutlich konischen Bohrlöchern in Bezug zur Schneiden-Asymmetrie Hinweise geben.
Eine Schäftung der durchlochten "Schuhleistenkeile" als Dechsel mit einer Bindung oder Verzapfung durch das Loch schließe ich auch aus.
Ich glaube, J. Weiner hat dazu auch etwas geschrieben, komme bloß im Moment nicht an Chris` Digi-Bib ran.

LS, meinst Du mit "Recycling" die Nutzung von seit Jahrhunderten im Gruppenbesitz befindlicher "Schätze" oder zufällig aufgefundener Stücke?

(Meine großspurige "Zeitansage" gilt übrigens hauptsächlich tagsüber! :oops: )
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enrohs
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Beitrag von enrohs »

Ich denke, daß die großen runddurchlochten "Schuhleistenkeile" als Setzkeil verwendet wurden. Das heißt, der im Loch steckende Holm diente dazu, das Gerät an die richtige Stelle zu halten. Dann wurde mit einem sicherlich hölzernen hammerartigen Werkzeug auf den Nacken der Klinge geschlagen. Das würde auch die in der Regel weit hinten liegende Bohrung erklären. Man kann das Gerät häufig nachschleifen und bei den noch längeren Geräten den "Setzkeil" noch lange halten, wenn er schon tief im Holz sitzt. Ich kann mir gut vorstellen, daß man so Bohlen durch Teilen von Stämmen hergestellt hat.

Viele Grüße

Sven
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Beitrag von LS »

Hallo nochmal,
dass durchbohrte Schuhleistenkeile teilweise Setzkeile waren, denke ich auch. Allerdings gibt es auch welche mit großem Schaftloch, siehe Rosenhof zum Beispiel, oder mit schrägem Schaftloch. Den besten Hinweis darauf, dass es teilweise persönliche Äxte waren, gibt aber die Tatsache, dass sie in Bestattungen im Mittel- bis zum Teil Jungneolithikum gefunden werden. Da wird man sicher keinen Setzkeil beigeben, sondern die Axt als persönliche Waffe.

@Marquardt: Wenn man das so genau wüsste, ob´s Familienschätze oder gefundene Stücke waren... bin irgendwie eher von der sachlichen Sorte. Ich denke da gibt´s keine plausible Antwort, wenn ich mich nicht irre, hihi (frei nach Sam Hawkins).

Gruß L
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