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Reines Kupfer
Verfasst: 15.02.2006 08:08
von C. Koepfer
Wurde in der Eisenzeit (und davor) reines Kupfer verwendet? Meines Wissens nicht, ich kenne nur Kupferlegierungen sprich Bronze und Messing in verschiedenen Qualitaeten und Zusammensetzungen. Weiss jemand Literatur zu dem Thema? Ueber schnelle Hilfe sehr dankbar,
Caius
Verfasst: 15.02.2006 08:33
von Hans T.
Es gab sogar eine 'Kupferzeit'. Im Endneolithikum wurde reines Kupfer ( ich meine jetzt unlegiert; Zufallsbronzen aufgrund der Beimischungen gabs natürlich) für Werkzeug und Waffen eingesetzt. Die neolithischen Kulturen bei uns namen diesen Werkstoff jedoch kaum an, so dass die Verbreitung eher auf den südeuropäischen Raum ( von Europa) beschränkt blieb. Einzelstücke natürlich wie immer ausgenommen.
Danach spielt Kupfer als Werkstoff des Endprodukts kaum mehr eine Rolle. Es finden sich jedoch immer wieder Endprodukte, die bei genauer Materialanalysen sich als Kupfer herausstellen, zwar immer mit geringen Beimischungen, aber oft unlegiert. Bei uns im Museum zB ein Gusskuchen (!) eines bronzezeitlichen Hortfunds oder auch eine Pfeilspitze unklarer Herkunft.
Hans
Verfasst: 15.02.2006 09:14
von Thomas Trauner
Google mal "Altheimer Kultur" oder "Glockenbecher". Da findest Du Beile und Dolche oder Schmuck aus Kupfer im jungneolithischen Mitteleuropa.
Excurs: Die erste Metallverarbeitung bei uns begann um 4000.v.Chr. im Mitteleuropa. Man/frau verwendete Gold als Schmuck, dann kam Silber, schließlich so um 3.500 Kupfer hinzu.
Zumindest in der UK sind Gold, Silber und Kupfer als Schmuckeinlagen z.B. in bronzenen Lanzenspitzen bekannt.
Ab der Hallstattzeit (frühe Eisenzeit) sind mir keine kupfernen Endprodukte bekannt.
Th.
Verfasst: 15.02.2006 09:26
von C. Koepfer
Vielen Dank für die Info. Was mich jetzt noch interessiert, ist wie rein solches Kupfer war? Sicher nicht 100%, oder, d.h. nicht mit dem modern erhältlichen Kupfer vergleichbar, in Farbton und Eigenschaften. Kennt jemand Publikationen / wahrscheinlich eher Aufsätze, die sich mit dem Thema beschäftigen?
Danke, Caius
Verfasst: 15.02.2006 09:33
von Thomas Trauner
Wie wichtig ist Dir die Frage, bzw. wozu brauchst Du sie ? Welche Zeitstellung ?
Sei mir nicht böse, aber das ist eine elende Sucharbeit in x Publikationen zum Jung/Endneolthikum und zur Kupferzeit in Südosteuropa.
Google mal "Ötzi" oder "Mann vom Hauslabjoch" und "Beil". Wenn ich mich recht entsinne, war bei seinem Beil ein Paar Prozent Gold, Silber und Arsen mit drin. Das hängt einfach von der Lagerstätte ab...
Oder "Glockenbecher" und "Dolch"
Also nochmal: Wie genau brauchst Du es und wofür ?
Thomas
Verfasst: 15.02.2006 09:34
von Hans T.
Rein war das nie. Gediegenes Kupfer ist ja doch eher selten. Literatur dazu gibts aber.....
Hans
Verfasst: 15.02.2006 11:16
von Mela
Es wurde auch gediegenes Kupfer verwendet, allerdings in sehr kleinen Mengen, nur in der Frühzeit in Anatolien (gute Zusammenfassung: Pernicka, E., "Frühe Metallverarbeitung ?" oder so... In: Germania 1991, erschienen 1995 oder 1994.
Riesen Sammlung von Analysen kupfer- und frühbronzezeitlicher Objekte: SAM - von Sangmeister et al, ab 1968.
Guter Einstieg: Ottaway, B.S., 1994, Prähistorische Archäometallurgie.
Ötzi hatte tatsächlich ein Arsenbronzebeil (wobei die Literatur sich streitet, ab wann es noch Kupfer und ab wann Bronze heisst). Es handelte sich aber eher nicht um ein absichtlich legiertes Material, sondern um das Produkt einer Fahlerzverhüttung.
Liebe Grüsse
Mela
Verfasst: 15.02.2006 12:41
von Nika E.S.
Ein paar Publikationen zum Thema:
(möglicherweise auch nicht von Nutzen... Stöber einfach mal in einer Unbibliothek deines Vertrauens!)
Driehaus, Jürgen:
Die Altheimer Gruppe und das Jungneolithikum in Mitteleuropa, 1960
Brandherm, Dirk:
Beiträge zur Bewaffnung der Steinkupfer- und der älteren Bronzezeit auf der Iberischen Halbinsel, 1995
Brandt, Karl Heinz:
Studien über steinerne Äxte und Beile der jüngeren Steinzeit und der Stein-Kupferzeit Nordwestdeutschlands, 1967
Heyd, Volker:
Die Spätkupferzeit in Süddeutschland,
Patay, Pál:
Kupferzeitliche Meißel, Beile und Äxte in Ungarn
ders.
Das kupferzeitliche Gräberfeld von Tiszavalk-Kenderföld
Schroller, Hermann:
Die Stein- und Kupferzeit Siebenbürgens
Todorova, Chenrieta:
Der kupferzeitliche Schmuck Bulgariens
ders.
Kupferzeitliche Siedlungen in Nordostbulgarien, 1982
Vollmann, Dieter:
Studien zum Übergang von der Kupferzeit zur frühen Bronzezeit im östlichen Mitteleuropa, 2005
Verfasst: 16.02.2006 20:41
von C. Koepfer
Also es geht darum, ob den Roemern reines Kupfer zur verfuegung stand, da immer wieder rekonstruktionen auftauchen, die modernes / industrielles Kupfer enthalten, was meiner Meinung nach nonsense ist.
Die vielen Angaben sind auf jeden Fall sehr hilfreich, und mal ein herzliches DANKESCHOEN! an Euch.
Verfasst: 17.02.2006 10:25
von Mela
So reines Kupfer, wie das meiste heutige, moderne Kupfer (das ja meist Elektrolyt-Kupfer ist) stand den Römern nicht zur Verfügung. Aber die Frage ist ja eher, ab welchem Gehalt die Spurenelemente überhaupt einen Einfluss auf das Aussehen und die Materialeigenschaften des Kupfers haben - und da ist es so, dass die geringen Gehalte (meist deutlich unter 1%) der einzelnen Elemente praktisch keinen Einfluss haben.
Ob "modernes" Metall für eine Rekonstruktion verwendet werden "darf", hängt stark von der Fragestellung ab - geht es rein um das Aussehen, macht es kaum Sinn, zuerst noch eine Verhüttungsrekonstruktion ranzuhängen, um an "Originalkupfer" zu kommen...
Liebe Grüsse
Mela
Verfasst: 17.02.2006 17:01
von Fridolin
Farbton und Eigenschaften von ?reinem? Kupfer werden nicht nur von irgendwelchen metallischen Beimengungen beeinflusst, sondern auch von anderen mehr oder weniger zufällig enthaltenen Elementen, die oft nicht in Analysetabellen zu finden sind.
Das gilt v.a. für den Sauerstoffgehalt des Kupfers (oder, anders ausgedrückt, den Gehalt an Kupfer-I-oxid). Primär oxidhaltiges Kupfer macht zumindest beim Schweißen Probleme. Die Färbung geht (noch) mehr ins Rötliche.
Dann gibt es ja auch noch das ganz normale Anlaufen von ?reinem? Kupfer, also die rötlich -braune Verfärbung des Kupfergegenstandes durch Oxidbildung an der Oberfläche. Das Anlaufen kann recht schnell gehen: Luftsauerstoff, Handschweiß....
Viele Grüße
Fridolin