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Werkzeug aus Menschenknochen

Verfasst: 18.12.2010 13:22
von ulfr
In Südwest-Frankreich wurde eine bearbeiteter Menschenknochen gefunden, den Neandertaler zum Schärfen von Werkzeugen benutzt haben sollen:

http://www.livescience.com/history/Nean ... 01215.html

Beim nächsten Pöckertreff bitte auf Eure Knochen achten :D

Verfasst: 18.12.2010 17:16
von Trebron
Woran kann man eigentlich an so einem kleinen Stück Knochen festmachen, ob "menschlich oder sonst was" ???

Verfasst: 18.12.2010 17:46
von Mark77
Hallo Trebron,

naja, es ist ein Schädelknochen, die sind da recht charakteristisch. Bestimmt von d'errico und Co. würd ich dem auch Glauben schenken, keinen absoluten, aber Glauben. :)

Schöne Grüße,
Markus

P.S.: Spannende Sache und v.a. was bedeutet das nun im Bezug auf das Verhältnis HS zu HN?!?

Verfasst: 18.12.2010 18:51
von ulfr
The bone likely came from a Neanderthal, as only they were found at Mousterian deposits at La Quina.

Der Knochen ist also wahrscheinlich vom HN.

Verfasst: 18.12.2010 19:01
von Blattspitze
Bild
Eine Unterlage, auf der man Steingeräte mit einem weiteren (Druck-?) Werkzeug bearbeitet (retuschiert) hat? Oder hat man die zu bearbeitenden Kanten auf dieser Unterlage durch Druck retuschiert?
Ein "Retouscheur"?
Spannende Sache und v.a. was bedeutet das nun im Bezug auf das Verhältnis HS zu HN?!?

Vemutlich nichts, ein Neandertaler-Schädelknochen in Sedimenten, die ebenfalls dem Neandertaler zugeschrieben werden?
La Quina ist ja eine klassische Fundstelle mit mächtigen Mousterien - Ablagerungen (u.a. namensgebender Inventartyp "Quina"), also vermutlich über längere Zeit immer wieder aufgesucht.
Die besondere Bedeutung, die einem HN Schädelknochen mit Bearbeitungsspuren zugewiesen wird, könnte sich auch relativieren. Szenario: Gruppe HN kommt nach Jahren nach La Quina und ein herumliegendes von Tieren hochgewühltes Knochenstück wird als Unterlage benutzt.
Da die Zahl der Anthropologen, unter den HN vermutlich eher klein war, glaube ich nicht, das ein "Otto-Normal" -HN ein solches Knochenstück als menschlich erkennen mußte. Oder?

Verfasst: 18.12.2010 19:10
von Blattspitze
Grade bei paleoplanet (Mmeso) gefunden:
That is actually very similar to the wear reported in a study by Eva David and Jaques Pelegrin from some bone tools from Latvia (Europe). Their experimental study concludes that the wear on the archaeological bone tools looks like the wear resulting from retouching flint blades by pressure using the side of a long bone and an support beneath the blade. They also mention that this kind of wear is found in Mousterian contexts in Europe. There are illustrations of similar wear on Mousterian bone tools in a paper by Phillip Chase in Current Anthropology. If there are other modern knappers than Pelegrin who have tried these tools out, I'd guess you would find them in Europe.

CHASE, P.G. (1990) - Tool-making Tools and Middle Paleolithic Behavior.
Current Anthropology, Aug-Oct1990, Vol. 31 Issue 4, p443-447

DAVID É., PELEGRIN J. (2009) - Possible Late Glacial bone « retouchers » in the Baltic
Mesolithic: the Contribution of experimental tests with lithics on bone tools, éds. M. Street,
R.N.E. Barton, Th. Terberger, "Humans, environment and chronology of the Late Glacial of
the North European Plain" Proceedings of Workshop 14 (Commission XXXII) of the XVth
Congrès de l'Union internationale des Sciences pré- et protohistoriques UISPP, Lisboa, 4th-
9th of September 2006. Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Tagungsbänder
6 des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, 155-168.

Verfasst: 18.12.2010 19:31
von ulfr
Solche Einschläge habe ich produziert, als ich versucht habe, vom Löwenmenschen-Stoßzahn Stücke abzuschlagen bzw. wenn man mit einem gößeren Flintgerät auf einem Stück Knochen oder Geweih etwas zerhackt. Muss also nicht unbedingt heißen "Knochen bearbeitet Werkzeug", sondern könnte auch bedeuten "Werkzeug bearbeitet Knochen", und das muss nicht intentionell sein (in Bezug auf die Bearbeitung des Knochens)
Die linearen Kratzer allerdings könnten schon von der lateralen Retusche einer Klinge? kommen, allerdings erscheinen sie mir dazu etwas lang, zumindest einige...
Kann beides sein ... oder alles

Verfasst: 18.12.2010 21:46
von LS
Der Originalaufsatz steht übrigens hier:
C. Verna, F. d’Errico: The earliest evidence for the use of human bone as a tool. Journal of Human Evolution (online 4 December 2010) doi:10.1016/j.jhevol.2010.07.027

Ich würde gern mal die Innenseite des Kalottenfragmentes sehen. Wenn es da auch "Impakt-Spuren" gibt, passend zu den offensichtlichen Zahnschrammen auf der Oberfläche, würde mich das durchaus belustigen. Naja, keine weiteren Aussagen ohne meinen Anwalt;-)

Gruß L.

Verfasst: 18.12.2010 23:40
von Blattspitze
offensichtlichen Zahnschrammen

Auf die Gefahr, dass Du vor Gericht gezerrt wirst: Das wäre dann typisch für Spuren, die Carnivoren hinterlassen?

Verfasst: 19.12.2010 10:41
von LS
Moin,
neben den Spuren, die als Impakt-Marken angesehen werden, gibt es einige unregelmäßige Schrammen über die gesamte Fläche. Bei diesen würde ich als "Anfangsverdacht" von Zahnschrammen ausgehen. Sedimentbeschädigungen sind paralleler, Schnittspuren wären hier mehr als merkwürdig. Wenn nun auf der Innenseite auch Beschädigungen da sind, wäre die Sache schon klarer, dass ein Karnivorengebiss im Spiel war. War nur als Anregung gemeint, ansonsten bringt die Orakelei aus der Ferne natürlich recht wenig.

Gruß L.

Verfasst: 20.12.2010 09:12
von Thomas Trauner
Tierverbiß war auch mein erster Gedanke, weil es wohl die einfachere Theorie wäre.
Allerdings sind doch mehrere Marken erkennbar. Wie oft beißt eine Hyäne auf Knochen ein...na ja, doch mehrfach....andererseits beißt sie so stark zu, dass die Markierungen kräftiger sein sollten.....schwierig.

Thomas