Seite 1 von 2
Hämatit als Magerungsmittel in der Ältesten LBK
Verfasst: 03.02.2011 21:34
von IsabelH
Hallo zusammen,
ich arbeite im Moment an meiner Magisterarbeit zu einem Fundplatz der Ältesten Bandkeramik südlich von Leipzig.
Neben der viel zitierten organischen Magerung, habe ich bei meiner Grobkeramik einen auffälligen hohen Anteil größerer roter Partikel, die ich von Anfang an für Hämatit gehalten habe. Nun ist es auch durch Analysen bestätigt.
Hämatit kommt dort nur als Bestandteil des Geschiebelehmes vor, der zur Keramikherstellung praktisch unbrauchbar ist und auch nicht solche Hämatitstückchen im Ton aufweist, wie es bei der Keramik der Fall ist.
Nun frage ich mich: Woher kommt der Hämatit? Wieso macht man sich die Mühe den zur Magerung zu benutzen, wenn es auch anders geht? Hat Hämatit irgendwelche Vorteile bei der Keramikherstellung?
Oder hat es ästhetische Gründe?
Über jegliche Ideen und Hinweise bin ich sehr dankbar!
Verfasst: 03.02.2011 21:43
von Fridolin
Hi,
wer hat was wie analysiert?
Und warum hat derjenige, der die Analysen durchgeführt hat, keine Erklärung für den Hämatit (oder ist es Maghemit)?
Foto?
Viele Grüße
Fridolin
Verfasst: 03.02.2011 22:52
von FlintSource
Faszinierend, ich habe noch nie etwas von Hämatit als Magerungsmittel gehört, bin aber auch kein Keramikspezialist.
Es gibt natürlich reichlich Vorkommen im Erzgebirge, was von Leipzig aus jedoch eine ziemliche Entfernung ist. Insgesamt ist die Bandkeramik in Sachsen eher arm an Hämatit, so dass es mich durchaus wundert. Ich schließe mich Fridolin an: Was ist genau bei der Analyse heraus gekommen und die Bitte um eine Abbildung. Kann es doch nicht etwas anderes sein?
Verfasst: 04.02.2011 08:13
von Kurt A.
Hallo allerseits. Bei uns in der Nordostschweiz gibts in manchen Regionen seit dem Frühneolithikum kleine Bohnerzpartikel in der Keramik. Bohnerz ist ebenfalls stark eisenhaltig (bei uns bis zu 50% Anteil). Wir vermuten, dass man damals den relativ hochwertigen Boluston zum Töpfern verwendet hat, und die natürlich darin enthaltenen Bohnerzpartikel nicht ganz rausgekriegt hat. Richtig aufbereitet ist das ein richtig guter, plastischer Ton (eigene Versuche). Ist also ein etwas anderere Fall als der von IsabelH geschilderte, hat aber auch Erzpartikel drin. Weitere Details gerne per PM.
Gruss
Kurt
Verfasst: 04.02.2011 09:49
von Fridolin
Auf Anhieb fällt mir kein Beispiel für intentionelle Magerung mit Hämatit ein. In den mir bekannten Fällen, in denen in der Keramik das Magerungsmittel „rotes Eisenerz“ vorzuliegen scheint, handelt es sich ursprünglich um Ocker oder Brauneisenerz (Limonit), das durch den keramischen Brand rot verfärbt wurde (thermische Umwandlung in Maghemit, der dieselbe chem. Zusammensetzung wie Hämatit aber andere Kristallstruktur hat).
Es gibt Tone mit Hämatitanreicherungen. Andere Tone enthalten irgendeine Form von braunen Eisenoxidhydroxiden oder verwandten Eisenverbindungen. Brauneisenkonkretionen hat man oft in Böden, die kommen nach meiner Einschätzung hier nicht in Betracht. Da stellt sich die Frage, ob die beobachtete Magerung tatsächlich intentionell als Magerungsmittel zugegeben wurde oder nicht eher als natürlicher Bestandteil des Tons aufgefasst werden sollte. Irgendwelche weiche im Ton enthaltene Ocker- oder Rötelschwarten können bei der Aufbereitung des Tons in kleinere Teile zerbrechen und ein (intentionell zugegebenes) Magerungsmittel vortäuschen.
Die Analytik ist ein anderer Fragenkomplex: Wurde Hämatit mittels Röntgenphasenanalyse tatsächlich nachgewiesen? Oder wurde lediglich der Nachweis z.B. mit ner EDX geführt, dass die roten Partikel „viel Eisen“ enthalten. Wer hat den Nachweis durchgeführt, ein Chemiker oder ein Geowissenschaftler?
Isabell, noch ein Hinweis. Der von Archäologen so gerne benutzte Begriff organische „Magerung“ sollte grundsätzlich hinterfragt werden. Besser wäre es, einen neutralen Begriff wie „Zusatz“ o.ä. zu verwenden.
Viele Grüße
Fridolin
Verfasst: 04.02.2011 10:10
von ulfr
Kann es sich nicht auch um wiederverwendete zerstoßene Keramikscherben handeln, die rot gebrannt waren? (Unbedarfte Frage eine Nichtkeramikers)
Verfasst: 04.02.2011 11:25
von LS
Rötelstreuung ist bei LBK-Gräbern durchaus üblich, auch wenn ich kein konkretes Beispiel aus Mitteldeutschland im Kopf habe. Von daher würde mich nicht wundern, wenn der Hämatit von weiter entfernt kommt. Es gibt sicher auch hämatitreichen dänischen Sandstein in den Saale-Geschieben, aber Du sprichst ja vermutlich von etwas größeren Bröckchen, oder?
Gruß L
Verfasst: 22.02.2011 17:28
von IsabelH
erstmal danke für die zahlreichen reaktionen!
also die analysen wurden von einem chemiker im landesamt in weimar durchgeführt.
eigentliche fragestellung dahinter war zu schauen, ob es zwischen der ältesten LBK und flomborn in der keramikherstellung kontinuitäten gibt oder auch hier ein bruch zu verzeichen ist. diese analysen fanden/finden im rahmen des eythra projektes statt (30ha voll mit LBK und SBK) und das was ich aufarbeite liegt quasi "neben" diesen siedlungen auf der anderen flußseite.
es wurden also scherben aus eythra, die wohl in die ältere LBK (flomborn) datieren und scherben der ältesten LBK von dem fundplatz den ich aufarbeite, analysiert.
jedenfalls hat der chemiker mehrmals betont, die scherben von mir seien wesentlich eisenhaltiger als die aus eythra woraufhin ich natürlich, auf grund meiner bereits gehegten vermutung, genauer nachgefragt habe.
er meinte es handelt sich um hämatit. und auf die frage ob dieser bereits im ton enthalten wäre bzw. ob man das nachweisen könne, meinte er das ginge nicht so einfach, er wäre aber ziemlich überzeugt davon, dass die bandkeramiker den da reingeknetet hätten.
ich hab dann gefragt, ob ich also ruhigen gewissens in meiner arbeit von hämatit sprechen kann und er meinte:ja.
darauf hin hab ich mich natürlich gefragt warum die das machen. vor allem auch nur bei der grobkeramik. bei den jüngeren scherben, die ich aufgenommen hab (ältere/mittlere LBK) kommt das z.b. auch nicht mehr vor bzw. sehr selten und sehr schwach.
für mich siehts halt auch rein optisch so aus als hätten die das absichtlich beigemengt.
bin halt auch noch anfänger, hab allerdings inzwischen tausende LBK scherben aus eythra in der hand gehabt und da nichts annähernd vergleichbares gesehen und wie gesagt ist der fundplatz quasi um die ecke.
ps: wie kann ich denn hier bilder reinstellen?
nachtrag
Verfasst: 22.02.2011 17:36
von IsabelH
was die analyse im detail angeht, kann ich bald genaueres schreiben. bin im moment noch auf dem wissensstand des vorberichtes und ein treffen mit dem chemiker für die komplette auswertung der analysen steht an.
so wie ich es bisher gelesen hab, kann hämatit auch erst beim brennvorgang entstehen und ist dann auch als kügelchen im ton sichtbar (siehe auch fridolins anmerkung).
vielleicht ist das hier auch der fall und meine ganze fragerei ist quatsch.
Verfasst: 22.02.2011 17:52
von Manu
ulfr schrieb:
Kann es sich nicht auch um wiederverwendete zerstoßene Keramikscherben handeln, die rot gebrannt waren? (Unbedarfte Frage eine Nichtkeramikers)
Also ich kenne mich nur sehr bedingt aus, beim Töpfern, deshalb entschuldigt, wenn es nicht so ist.
Ist es nicht möglich, dass der Hämatit wie ein Art natürlicher Schamott wirkt, damit die Töpfe nicht so schnell in der Hitze platzen
Schamotte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schamotte
Könnte interessant sein.
Verfasst: 24.02.2011 09:35
von Thomas Trauner
Fridolin regt an, den Begriff "Magerung" zu ersetzen. Das ist kein Archäologenbegriff, sondern kommt aus dem Keramikhandwerk.
Ton ist "fett", wenn er zu feucht ist und damit nicht formhaltig. Trocknen alleine hilft nicht, dann wird er rissig. Wie bei Mehl und Kuchenteig.
Das Gegenteil ist eben "magern". Zuschlagsstoffe sind vielfältig, oft Sand oder zerstossene Steine aller Art, oder eben organische Dinge wie Holzmehl, Spelzen etc. Organische Magerung brennt leicht aus, sodaß nach dem Brennen die Hohlräume der ehemaligen Magerung erkennbar sind.
Hämatit wäre an sich ein gutes Magerungsmittel. Lässt sich leicht zerreiben und magert sicher gut. LS hat recht, in der LBK ist Rötel jetzt kein verwunderlicher Rohstoff.
Ob sich bestimmte Teile im Ton durch das Brennen in Hämatit verwandeln, kann ich nicht sagen. Hämatit als "natürlicher Bestandteil" ist natürlich möglich. Das wäre dann ein Hinweis auf die möglicherweise verwendeten Tone und deren Lagerstätten. Das würde nur bedingt einen Hinweis auf Kontinuitäten geben. Das Ausbeuten verschiedener Lagerstätten oder Beihaltung derselben spricht m.E. weder für noch gegen eine Tradierung in Machart, Zierstil, Typologie oder Verwendungsspektrum von Keramik. Sonst müsste ja jeder anders farbig brennende Ton als Bruch in der Keramiktradierung gedeutet werden und damit eine andere Eingruppierung erfordern.
Dass gerade "Magerung" gerne als Hinweis auf die jeweilige Kulturstufe genommen wird (z.B. die berühmte "grobe Magerung" des Jungneolithikums, wie Pfyn, Altheim etc.) ist mir schon klar. Es fällt mir nur an der Stelle, bei der natürliche Bestandteile die Zusammensetzung der Keramik beeinflussen, schwer, darin einen kulturellen Hinweis zu erkennen.
Das berührt m.E. ein generelles Problem in der Beurteilung von Artefakten.
Inwieweit sind besondere Merkmale tatsächlich intentionell, sprich kulturabhängig, inwieweit sind sie natürlich vorgegeben oder inwieweit sind sind sie technisch bedingt.
Im konkreten Fall sollten m.E. etwaige in Frage kommende Lagerstätten beprobt werden, falls dies möglich ist, um eben hier keine allzu schwachen Hinweise auf kulturelle Kontinuitäten zu postulieren.
Thomas
PS: Wenn im Jahr 3459 ein paar Festplatten auftauchen und irgendwie noch gelesen werden können, werden vermutlich die unterschiedlichen Regeln der Groß- und Kleinschreibung im Forumskult der "Archäologie" unterschiedlichen Glaubensbekenntnissen zugeordnet
Nix für ungut.
Verfasst: 24.02.2011 10:51
von Fridolin
Thomas Trauner hat geschrieben:Fridolin regt an, den Begriff "Magerung" zu ersetzen. Das ist kein Archäologenbegriff, sondern kommt aus dem Keramikhandwerk
Thomas, das stimmt nicht ganz: Es ist die von Archäologen geprägte Bezeichnung "organische Magerung" die mir Bauchschmerzen macht. Magerung ist ja nicht die Zumischung an sich (der Archäologe, der das hier verzapft hat, hat nichts begriffen
http://de.wikipedia.org/wiki/Magerung). Unter Magerung werden all die nichtplastischen Bestandteile eines Tons verstanden, ob bereits natürlich im Ton vorhanden oder intentionell zugemischt oder auch in Form von Verunreinigungen. Ein Keramiker würde die paar Abdrücke von pflanzlichen Faserresten, Halmen oder Spelzen in bandkeramischen Pötten NIE als Magerung bezeichen (die FUNKTION können sie nämlich nicht erfüllen), sondern als das was sie auch(!) sind, nämlich Ausbrennmittel zur Erhöhung der Porosität etc. Ich möchte hier aber nicht zu viel verraten, da ich selber grad dran arbeite. Deshalb würde ich dringend empfehlen, die neutrale Bezeichnung organischer - oder viel besser - pflanzlicher oder vegetabiler Zusatz oder Zumischung o.ä. zu verwenden. Noch was: es gibt doch noch weitere organische Zusätze in prähistorischer Keramik wie z.B. Knochen, Muschelschalen, Eierschalen, Federn, Holzkohle, die teils wirklich die Funktion eines Magerungsmittels haben, teils vermutlich nur zur Zierde da waren, wie z.B. Federn.
Noch was: Hämatitmagerung verändert sich bei den niedrigen prähistorischen Brenntemperaturen nicht.
Viele Grüße
Fridolin
Verfasst: 24.02.2011 12:24
von Manu
Friedolin, weil du dich so gut auskennst, hätte ich noch eine Frage:
Ich habe schon des öfteren gehört, daß Bronzegießer, wenn sie die "Verlorene Form" anwenden, dem Lehm oder Ton viel Fasermaterial z.B. auch Stroh zugeben, um die von dir erwähnte Porosität zu erhöhen. Das würde Vorteile beim diesem Gußverfahren bringen. Hast du da auch schon Erfahrungen machen können? Wie kann man so einen Vorgang und den Vorteil in einfachen Worten erklären?
Verfasst: 24.02.2011 12:44
von Fridolin
Manu, wahrscheinlich werden keine Fasern zum Lehm gemischt sondern irgendeine Art von Mist, der natürlich auch unverdaute Fasern enthält. Das hat zum einen den Vorteil, dass der sehr magere schluffig-feindsandige Lehm besser zusammenklebt und einigermaßen fest wird (ein Kuhfladen beispielweise wird knochentrocken, wenn er austrocknet). Die hohe Porosität der Lehmform (das organische Zeug brennt ja heraus) begünstigt das Entweichen der Luft beim Guss.
Viele Grüße
Fridolin
Verfasst: 24.02.2011 12:56
von Thomas Trauner
Fridolin, jetzt weiß ich was du meinst....
Allerdings: Wieso erfüllen organische Zusätze nicht die Funktion der "Magerung" ?
Ich will meine kleinen persönlichen Keramikerfahrungen und Feldbrandversüchchen nicht überbewerten, aber ich habe Mondseekeramik (Neolithikum, Mondsee bei Salzburg) getöpfert und im Feld gebrannt. Die Analysen der Scherben forderten relativ hohen Zuschlag an Holzmehl und Spänen. Hat den Ton wunderbar stabilisiert, ging sehr, sehr gut.
Wieso soll die Perforation, die durch die organischen Stoffe entsteht, absichtlich sein, wozu dient sie ?
Thomas