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Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 13:21
von Manu
Ich hab da mal ne Frage
Ich frage mich, wie die Menschen in der Jungsteinzeit Leinöl herstellen konnten. In den Büchern steht immer so allgemein, dass man aus den Samen das Öl herausgepresst hat. Wie kann man sich denn das vorstellen? Wie könnte denn so eine jungsteinzeitliche "Ölpresse" ausgesehen haben ??
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 13:47
von Fridolin
Ich tippe mal ins Blaue hinein: Zerreiben der Leinsamen in einer Schiebemühle. Anschließend den Brei in ein Tuch geben und auspressen. Einfacher dürfte es sein, Öl aus anderen Pflanzensamen zu gewinnen, z.B. aus Mohn oder Bucheckern.
Viele Grüße
Fridolin
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 14:00
von Manu
Ich geh mal schnell Leinsamen besorgen ... bis gleich
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 14:35
von Bullenwächter
Interessante Frage.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File: ... MS0818.jpg
Ich weiß nicht ob es für Getreidestampfmörser Nachweise gibt, aber diese Geräte erschienen mir für das Ölpressen eigneter.
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 15:13
von ulfr
Mörser incl. Stampfer gibt es aus den circumalpinen Feuchtbodensiedlungen. Aber ob Getreide oder Ölsamen damit verarbeitet wurden, weiß ich nicht.
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 15:32
von Manu
Also, grundsätzlich wäre ja die Frage, ob überhaupt reines Öl ausgepresst wurde, oder ob nicht einfach der ganze Samen gegessen wurde im Brei. Warum sollten sich die Menschen die Mühe gemacht haben, Öl zu pressen, wenn sie genauso gut den ganzen Samen essen konnten. Das kam mir jetzt beim Einkaufen. Ich würde ja das Müsli auch mit dem ganzen Leinsamenkorn anrichten und nicht erst auspressen.
Kann denn der Körper das wichtige Öl aus dem ganzen Samen rausziehen?? Ich glaube eher nicht. Ich hörte da mal was läuten, dass die Samen wieder so rauskommen wie gegessen. Tja.....
Also dann doch pressen, allerdings von Hand schaff ich das nicht. Da muß ich mir was einfallen lassen, was jungsteinzeitliches.
Hat jemand eine Idee ?
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 16:36
von Trebron
Ich könnte mir vorstellen, dass bei Ölsamen in einem Holzmörser, das Öl nur in das Holz gestampft wird, zumindest am Anfang. Kommt vielleicht auch auf das Holz an.
Ich würde da einen Steinmörser verwenden, da ist die Oberfläche im Stein irgendwann vom Öl gesättigt und nimmt nichts mehr auf.
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 17:29
von Fridolin
Wenn's nur für ein Müsli ist...
Also, ich hatte mal eine Phase, in der ich unglaublich gerne Leinsamen gegessen habe. Wegen des Geschmacks, nicht wegen der Verdauung.... Ich hab die ganzen Samen gegessen und dann: kauen, kauen, kauen. Ist kein Problem, wenn die Zähne in Ordnung sind.
Viele Grüße
Fridolin
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 18:41
von Manu
Also,ich war gerade 2 h an einer kleinen Sattelmühle und habe den Leinsamen zerrieben. Der Stein und der Schieber sind ziemlich fettig. Die Leinsamenmasse gab ich in ein Tuch, aber Öl rauspressen kann man vergessen.
Das geht nicht, auch wenn man zu zweit ist. Das müssen andere Kräfte ran. Aber jungsteinzeitliche Pressen? Man, ist mir jetzt schlecht von dem Geruch, ich mag doch kein Leinöl!
Jetzt koch ich es mal auf und lass es ein paar Std. stehen. Vielleicht setzt sich etwas Öl ab. Aber von der Aussage: die Menschen hatten in der Jungsteinzeit/Bronzezeit Leinöl, bin ich nicht mehr so überzeugt.
Oder gbt es noch eine andere Lösung ?
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 18:49
von Trebron
Na da bin ich mal gespannt, erhitzen hat eine gute Chance, ich denke da an Olivenöl.
Den geölten Stein am besten mit auskochen, sonst kannst Du ihn für Getreide vergessen.
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 19:49
von LS
Hallo,
ich kenn aus Stuttgart-Zuffenhausen ein Gefäß inkl. Bohnen und ölhaltigem Leinsamen aus der LBK. Wer sagt denn, dass die Leinsamen im Neolithikum schon ausgepresst wurden?
Gruß L
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 21:49
von FlintSource
Hallo Manu,
gute Frage, keine Ahnung. Ich würde auch eher zurückgreifen auf einen Mörser statt Reibemühle. Mörser müsste dann aus Holz sein, wie Ulfr bereits bemerkte, steinerne Exemplare kenne ich nicht aus dem Neolithikum, aber ich habe mich mit den Reibe- und Mahlsteinen nie so auseinander gesetzt.
Auch ich frage mich, ob richtig Öl gepresst wurde. Es gibt zwar bereits im Neolithikum zwei Varietäten, Faserlein und Öllein, das hat aber wohl überwiegend etwas mit der Größe der Samen zu tun, obwohl auch der Ölgehalt etwas unterschiedlich ist. Auch wenn es Öllein heißt, bedeutet das noch nicht, dass reines Öl hergestellt wurde. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Neolithiker die Leinsamen sehr wohl zermahlen oder gestampft haben wegen der bereits oben erwähnten Verdauungs-Resistenz. Es wäre in diesem Zusammenhang interessant zu wissen, ob intakte Leinsamen in neolithischen menschlichen Koprolithen vorkommen.
Der Geruch finde ich auch extrem ekelhaft. Wie Leuten nur ihre Bögen damit einschmieren können.
@ LS: Hast du einen Literaturhinweis für den Bohnen/Leinsaatfund?
Grüße,
Rengert
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 22:21
von Darius Meder
@ FlintSource
Weil Leinöl ein genialer Werkstoff ist
Gruß
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 23:16
von hugo
Dem muss ich zustimmen. Leinöl gehört zu den trocknenden Ölen, konserviert also Holz, das sich nach der Behandlung aber nicht schmierig anfühlt. Man kann Holz sogar in Leinöl kochen. Der Geruch verflüchtigt sich bald. Man kann auch Bienenwachs darin auflösen und es so tiefer in das Holz einbringen. Für den Einsatz als Koservierungsmittel würde ein im Mörser erzeugter Leinsamenbrei reichen. Das sind einige, archäologisch kaum beweisbare Vorschläge aus der rezenten Nutzung.
Heute noch ist Leinölfirnis in der Ölmalerei unverzichtbar.
Auf die Idee Leinöl als Lebensmittel einzusetzen kam ich nie. Ausnahme: Leinsamen im Müsli.
hugo
Re: Gewinnung von Leinöl
Verfasst: 06.06.2011 23:47
von FlintSource
Hallo Darius und Hugo,
da hatte ich wohl einen Smiley einsetzen müssen. Mir sind die heilbringenden Qualitäten von Leinöl durchaus bewusst, nur kann ich mir die Reaktion von Manu lebendig vorstellen. Wenn man Brötchen mit Leinsamen drauf hat, und eins davon ist leicht ranzig, brrrrr. Aber das sagen andere Leuten auch wenn ich ellenbogentief in einem Tierkadaver stecke.
Bleiben wir bei Lein. Da wird gerade ziemlich kräftig dran gearbeitet, speziell (wie kann es heute auch anders) im DNA-Bereich an der Uni Warwick. Aber auch botanisch gibt es da nette neue Untersuchungen aus dem süddeutschen Raum. Leider geht es da weniger um die Verwendung der Samen, da gibt es, so weit ich weiss, kaum etwas.
Für weitere Informationen, die Website des FLAX-Netzwerks findet man hier:
http://flax.saxo.ku.dk/
Rengert