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Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 01.12.2011 23:47
von Klaus Haller
Liebe Leute,
ich würde gerne einen Schild für das 3. Jahrhundert nach dem Thorsberger Moorfund bauen.
Die Sache ist mehr oder weniger klar. (rund, 80cm Durchmesser, dünne Erlenbrettchen, kalottenförmiger Buckel und Schildfesselbschlag aus Bronze, Fessel aus Hasel, Bemalung nach einem Fund aus Illerup.
http://www.kaiserzeitimnorden.de/images ... schild.jpg )
Viele dieser Schilde weisen Randbeschläge aus Bronze aus, die bündig am Schild anliegen. Von Ole Nielsen wird im entsprechenden Illerup Adal Band eine hauchdünne Bespannung aus Darm oder Rohhaut postuliert.
Durch diese soll dann die Bemalung durchscheinen.
Daher meine Frage:
Hat vieleicht jemand Vorschläge, welches Material man als hauchdünne Schildbespannung aufbringen könnte?
Ich kann mir beim allerbesten Willen nicht vorstellen, wie ich einen Rinderdarm entsprechend weiten sollte und auch pergamentartige Rohhaut erscheint mir aufgrund der Bronzebeschläge einfach als zu dick.
beste Grüße: Klaus
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 02.12.2011 08:58
von Hans T.
Ich halte diese Schild für nicht bespannt. Bespannung als Verhinderung des Splitterns macht erst ab einer bestimmten Stärke/Kraft einen Sinn. Dünner trockener Rinderdarm flächig bringt da nix.
H
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 02.12.2011 09:05
von Steve Lenz
Vielleicht war´s ja tatsächlich nur als Topcoat gedacht, Hans. Und gar nicht als Strukturverstärkung.
Sv: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 02.12.2011 18:36
von Jøran
Tschuldigung, wenn ich hier keine Fachbegriffe verwende aber das Thema "Schild" steht bei mir (mangels Zeit) erst
im Monat Mars 2012 auf der Argenda.
Da die Nydam- & Thorsbergausstellung überarbeitet wird, sollen dazu auch neue Erkenntnisse aus den Grabungen (Nydammoor &
Thorsberger Moor) einfliessen. Ich habe zwar aus Dänemark schon Post zum Thema Schilder & Co. erhalten aber noch nicht
(richtig) geöffnet und gelesen erst gar nicht.
Eine Bespannung als Splitterschutz würde doch wohl eher nur auf der Innenseite Sinn machen, oder?
Und als Strukturverstärkung würde ich das Schild ordentlich "vertackern".
http://flic.kr/p/aPhGex
Und als "Topcoat" würde das eigentlich doch auch nur einen Sinn machen, wenn beide Seiten komplett "eingepackt" worden sind.
Ist denn die getrocknete "Haut" nicht auch mehr anfälliger (Feuchtigkeit, Schimmel etc.) als Holz?
Diente vielleicht nur als "Faserschutz" bei einer Nahwaffe?
http://flic.kr/p/aPi9AR
Ich werde mal diese Diskussion hier verfolgen.
Hilsen
Jøran-Njål
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 02.12.2011 18:57
von Darius Meder
Ist der Randbeschlag in einem Stück durchlaufend ?
Vielleicht nur Stoff (verleimt) überzogen ?
Oder wie Hans T. schon schrieb, das es nicht bespannt ist.
Gruß
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 04.12.2011 16:48
von Micha
Mit 80 cm Durchmesser wird das aber ein recht kleiner Schild, der eher die Ausnahme darstellt...
...in der Regel liegen die Durchmesser derThorsberger und Illeruper Schilde zwischen 90 und 100 cm.
In der doppelbändigen Gommern-Publikation ist die Rede von einer dünnen schwarzen Schicht unter der Bemalung.
Bei der Rekonstruktion hat man hierzu Darm verwendet, der in Streifen geschnitten und nebeneinander geklebt wurde (wird im Buchtext ausführlich beschrieben).
In Thorsberg soll sich lediglich auf einem Schildbrett der organische Bezug erhalten haben (M. Jahn: Bewaffnung der Germanen. 1916, Seite 205).
Ich bin auf die Veröffentlichung des Schilde-Bandes aus der neuen Nydam-Reihe gespannt, da haben sich zum Teil größere Bemalungsreste erhalten.
Ein Bekannter von mir hat seinen Schild mit Darm bezogen und ist sehr zufrieden damit.
Die bronzenen Randbeschläge waren nicht aus einem Stück, sondern in kürzere Stücke unterteilt.
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 04.12.2011 16:53
von Micha
Äh, der Bemalungsrest, auf den Du hinweist, stammt von der Rückseite von einem der Nydam-Schilde!
Die von Joran erwähnte "Vertackerung" diente höchstwahrscheinlich lediglich der Reparatur.
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 04.12.2011 18:25
von Hans T.
Bei den Thorsberg-Schilden, die ich kenne, sitzen die Beschläge so eng, dass da nix ordentliches drunter passt. Mir ist klar, dass das alleine durch Inaugenschaunahme des aktuellen Zustandes letztlich eine nur eingeschränkte Aussagequalität hat, aber ein Indiz wäre es - nachdem Holz eigentlich eher zur Schrumpfung neigt. Ich kenne die Konservierungstechnik nicht der Schilde, aber egal mit was die da das Wasser ersetzt haben, so aufquellen wird es auch nicht, dass sich die Spalte alle sauber schliessen.
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 04.12.2011 19:53
von Micha
Darm ist so extrem dünn, dass man sich auch vorstellen könnte, mehrere Schichten übereinander zu leimen (siehe Gommern-Publikation), es würde noch immer in den minimalen Spalt zwischen Randbeschlag und Holz der nordischen Schilde passen.
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 13.12.2011 17:25
von Klaus Haller
Moin,
ich bin jetzt selber mal auf Schloß Gottorf gewesen, wo ich zwei Originale sichten konnte. (Überings ist die UFG-Ausstellung grade neu konzeptioniert worden. Ein Besuch lohnt sich jetzt mehr denn je.)
Mein Eindruck war, das die Randbeschläge wirklich bündig anliegen.
Ich war grade bei einem Musikfachhandel und habe mir Trommelfelle mit einer Stärke von ca. 3/10 mm zeigen lassen.
Aber auch die erscheinen mir als zu dick. Ich hätte daher noch mal zwei Fragen an euch:
1. Scheint euch ein völlig unbepannter Schild von dieser Größe und mit einer solch geringen Dicke überhaupt denkbar?
Alleine schon als Schutz gegen Feuchtigkeit erscheint mir eine geölte Bespannung als unablässige Vorraussetzung ansehen.
Auch der Schutzwirkung von 8mm Erlenholz würde ich kaum mein Leben anvertrauen wollen. Bei den Versuchen von Nielsen ist der Schild ganz ohne Verstärkungen unter dem Pfeilbeschuss sehr schnell gespittert, wärend sich der Rohhaut-Schild gut geschlagen hat. Es ist schade, dass kein Versuch mit einem Schild ohne Bespannung und mit Randverstärkung durchgeführt wurde.
2. Wie dünn ist eigentlich eine solche Darmbespannung? Kann man sich das etwa so ein Kondom vorstellen?
Dann wäre eine solche Bespannung trotz der bündig anliegenden Beschläge denkbar.
Welchen Teil des Darmes von welchem Tier müsste man verwenden?
nochmals vielen Dank: Klaus
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 13.12.2011 18:34
von Hans T.
Darm kennst du, Klaus, von der Wurst. Rind, Schwein, Schaf sind die Klassiker. Gibts gereinigt und duftarm dort wo der Metzger auch einkauft. (Es gibt auch Katzendarm, Catgut, beim chirurgischen Bedarf....
). Dünn ist das Zeug allemal und nicht wirklich mit Haut, auch geschliffener, zu vergleichen. Ich hab keine Ahnung, weshalb auf einmal da Darm eine Rolle spielen soll beim Schildbau, ich kenne nicht den geringsten Nachweis oder eine auch später angewandte Technik in dieser Richtung. Er hält zwar in Längsrichtung was aus, aber quer geht da die Klinge durch wie nix. Ein geeignetes Material wäre vielleicht Nabelschnur.....
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 13.12.2011 20:17
von Klaus Haller
Hallo Hans,
an frische Mettwürste habe ich garnicht gedacht. Ich hatte schon vor Wochen mit einem Betrieb, der Därme für die Wurstproduktion vertreibt telefoniert. Der Mitarbeiter dort war sehr nett. Allerdings konnte er mir nicht wirklich weiterhelfen. Ich hatte damals noch die Vorstellung, dass die Bespannung mit einem großen Stück erfolgen müsste.
Laut Ihm könnte man die Blinddärme von Rindern auffalten. Irgendwie hat mir das nicht so ganz eingeleuchtet.
Nun steht auch im Gommern-Katalog, dass die Bespannung dort in Streifen aufgebracht wurde.
Du meinst also, dass ich die Bespannung ganz einfach weglassen sollte?
vielen Dank für Deine Mühe: Klaus
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 13.12.2011 22:52
von Hans T.
Ich kenne den Befund von Gommern nicht, sorry. Nur die Dritterwähnung, nicht wie der Befund tatsächlich ist.
Im Moment erschließt sich mir der Sinn einer Darmbelegung noch nicht wirklich. Er spannt nicht (wie Rohhaut), er gibt keinen guten Malgrund. Alles was ich mir vorstellen kann ist eine Art Sperrung des Holzes, dazu müsste man ihn streifenförmig quer und ggf. mind 2 Schichten verleimen. Ich könnte mir auch eine klassische "Gegensperrung" vorstellen, die man macht, wenn man eine Seite mit etwas behandelt, die für Verzug sorgt. Also zB eine Bemalung vorne, die man dann hinten "gegensperrt". Aber dann hab ich auch vorne nix.
Hat jemand eine Originalpublikation zum Grab von Gommern?
Was die Schleswiger Sachen anbelangt: Holz, sonst nix.
H
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 14.12.2011 11:31
von ulfr
Ich hab zwar von dem Thema "Germanischer Schild" nicht viel Ahnung, aber wenn man ein Holzbauteil von der einen Seite sperrt, sollte man es auch von der anderen Seite tun, und zwar mit demselben Material in derselben Stärke.
Re: Germanischer Schild 3. Jahrhundert
Verfasst: 14.12.2011 18:48
von Hans T.
Ja klar. Aber bei bestimmten Behandlungen einer Seite (nur ein Beispiel: Farbe auf wässrigen Basis, Gesso, etc) gibts halt auch als eine von denkbaren Lösung eben "Gegensperren". Ich kenn das aus Beispielen der 50er und 60er Jahre beim Wohnungsausbau oder bei Sachen, die mein Vater noch in den 70ern so gemacht hat, als es noch nicht einfach in jedem Baumarkt fertig zugeschnittenes billiges Sperrholz oder gar MDF gab.