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Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 05.01.2012 13:23
von Manu
Also, ich habe mich mal über die Feiertage an einen noch nicht ganz ausgereiften, aber dennoch anstrengenden Versuch gemacht, jungsteinzeitliche Schuhe herzustellen. Vorbild und angelehnt an Ötzi´s Schuhwerk. Das ist mein erster Versuch was Schuhe betrifft und ich bin dankbar eure Meinung dazu zu hören:
Die Sohle der Schuhe sind aus Sohlenleder. Der Schuh selbst aus Hirschleder, anscheinend sämisch gegerbt, kann ich aber nicht beschwören. Die Grundschuhe sind vollständig mit Hirschsehnen genäht
ging besser als gedacht. Das Ziegenfell nähte ich dann "um den Schuh", damit es im Winter schön warm ist. Und sieht auch gut aus. Statt Gras habe ich Wollfilz verwendet (ich bitte um Verständnis) und meine Katze wurde dadurch mehrfach gebürstet
Natürlich kam wieder der Gedanke Fell nach außen oder nach innen. Ausserdem habe ich mangels guter Lederriemen (gekaufte hätte ich schon gehabt, aber..) Flachsschnüre mehrfach geflochten und an der Ferse als Schnürriemen angebracht.
In der Wohnung läuft es sich ziemlich gut darin.
Der Härtetest kommt natürlich noch.
Was sagt ihr dazu?
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 05.01.2012 14:42
von FlintMetz
Großartig - super!!! Gefallen mir sehr gut... zu was Weihnachten nicht alles gut ist
Schöne Grüße...
Robert
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 05.01.2012 17:34
von Trebron
Sehr sehr schön Manu ! Daran habe ich mich noch nicht gewagt, jetzt wirds aber Zeit !
Womit hast Du die Löcher vorgestochen ?
Kommt da noch eine Sohle darunter ? Ich hätte Angst, dass sich beim Laufen die Nähte aufscheuern.
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 05.01.2012 17:54
von Manu
Ja, du hast recht, obwohl ich sagen muß, dass die Sehnen sehr hart sind und ich die Naht nochmals mit Tiersehenen umwickelt habe. Ich wollte die Schuhe eben mal nicht "Mokassinartig" machen. Frag mich nicht nach dem Vorstechen der Löcher. Zum Teil haben meine Hände sich Abends wie Pudding angefühlt. Ich habe eine Ledernadel genommen
und mit einem Holzbrettchen die Nadel "auf den Kopf gestellt und durchgedrückt". Mein Sohn konnte gar nicht hinsehen, aber ich hatte ein gutes Gefühl dafür, wo die Nadel durchsticht
(meistens)
Ansonsten wird das Tragen der Schuhe zeigen wo es klemmt, bin selber mal gespannt. Nichts war oder ist für die Ewigkeit.
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 05.01.2012 19:15
von ulfr
Manu hat geschrieben:Ich habe eine Ledernadel genommen und mit einem Holzbrettchen die Nadel "auf den Kopf gestellt und durchgedrückt".
dafür gibt es einen Takelhandschuh oder Segelmacherhandschuh
http://www.dennisschwarz.de/webimages/W ... dschuh.jpg
durch die kleine Öffnung steckst Du den Daumen, durch die große die restlichen 4 Finger. Die Riffelplatte liegt dann über dem Daumenballen, damit kannst Du die Nadel problemlos durchstechen. Eine Ahle braucht man, gerade bei dickem Leder, trotzdem.
Um ehrlich zu sein, glaube ich aber nicht an diese Art Nähte. Sie würden viel zu schnell durchscheuern, zumindest auf Sand oder Fels. Mittlerweile ist klar, dass auch die Ötzi-Schuhe offenbar durch die am Rand eingezogenen Lederstreifen zusammengezogen wurden:
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Wenn ich richtig informiert bin, kannten erst die `öme´verdeckte Nähte, das Prinzip des Bund- und Wendeschuhs gibt es noch bis ins Mittelalter ("umgekehrt wird ein Schuh draus"), erst sehr spät wurden Oberleder und Sohle vertikal vernäht, dann wurde aber die Naht in einer unten in die Brandsohle eingeschnittene Nut versenkt, und anschließend wurde eine Laufsohle druntergeklebt. Mit Birkenpech dürfte das etwa vonzwölfbismiddach halten ...
Aber Martin weiß bestimmt mehr!
Ansonsten: Tadellose Arbeit, Manu!
Ist ja wirklich ein sehr produktiver Winter
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 07:03
von Manu
Danke euch. Danke ulfr.
Ich habe mich natürlich schon länger mit "Schuhen" beschäftigt. Da ich selbst schon tagelang in den üblichen Steinzeit/Bronzezeitschuhen umhergelaufen bin, wusste ich schon, dass das Zubinden des Leders am Knöchel sehr schmerzhaft sein kann und man dann doch ständig mit Steinen und Wasser im Schuh zu kämpfen hat. Bei uns am Bodensee gibt es ja noch den Fund des geflochtenen Schuhes was meiner Meinung nach zeigt, dass das Bedürfnis seine Füße zu schützen da war. Wir wissen ja noch von Henning was eine Fußverletzung bedeutet. Also nur reines Barfußlaufen glaube ich nicht.
In diesem Sommer habe ich mir dann Ojibway-Moskassins angeschaut. Ojibway bedeutet "ziehen bis es sich kräuselt" und dieser Indianerstamm um die großen Seen der USA haben eben auch solche "Mokassins" genäht. Schuhe waren also so wichtig, wie der Name sagt.
Wie oben erwähnt wollte ich allerdings von dem Mokassin-Outfit wegkommen, und dachte die "Espandrillo-Form" des Ötzi Schuhes ist einfach und logisch. Ich kannte allerdings noch nicht die neusten Forschungs-Erkenntnisse. Wie auch immer, wenn du ein dickes an der Luft getrocknetes Leder hast, scheint mir die Espandrillo-Form auch sinnvoll zu sein.
Der große Ötzi-Hochaplpenschuh hilft am See u. U. wenig. Also habe ich versucht die kleinere Variante herzustellen. Sicherlich noch lange nicht ausgereift. Aber mal sehen... wenn es Flechtschuhe gab, die bestimmt auch nicht lange gehalten haben aber eben schnell hergestellt werden konnten...
Nächste Weihnachten kommt bestimmt und Schuhe sind ein verdammt wichtiges Thema, wenn man laufen muß
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 09:58
von Trebron
Hi Manu, schaue Dir mal in der Bilanz 2006 auf seite 10 / 11 die Rekos von Anne Reichert an, das wäre das Richtige, die Originale alle aus Seeufer-Siedlungen !
Habe mir das gestern Abend rein gezogen !
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 10:01
von Bullenwächter
Hallo Manu - Schick, bin schon auf Trageerfahrungen gespannt.
Sie eigenen sich bestimmt auch für den Schaufensterbummel in der verschneiten Altstadt - Anstelle von Moonboots
Allerdings ist (modernes) Sohlenleder meiner Ansicht nach keine gute Wahl für historisches Schuhwerk, es stark gewalzt und komprimiert ist und sich nicht wie historisch verfügbares Leder verhält.
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 13:05
von Manu
@ Trebron
Danke, kenn ich, schau´s mir aber gerne nochmal an.
@ Bullenwächter
Nun, das hatte ich eigentlich nicht vor, so ein Schaufensterbummel - aber wenn du mich einladest, vielleicht ist vom Weihnachtsgeld ja noch was über?
Spaß beiseite, meine Füsse sind eben auch nicht historisch erfahren und Sohlenleder schien mir keine so schlechte Wahl zu sein. Aber okok, die nächsten werden aus Bärenleder, ausm Nacken, zähnegekaut und naß eingetreten.
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 13:27
von Martin
Hallo Manu,
interessante Arbeit - ich kenne mich da nicht wirklich aus, aber bin erstaunt ein mehrteiliges Oberleder zu sehen. Gibt es dafür Volagen?
Was das Nähen angeht, ich würde empfehlen eine Ahle zu nehmen und damit die Löcher vorzustechen. Im allgemeinen wird nur dünnes Leder mit einer Ledernadel - also so wie Stoff - genäht. Hartes Sohlenleder kann man sich durch ein 10-20 minütiges Bad in warmen Wasser gefügiger machen.
@Ulfr - ganz richtig beschrieben von dir, ausser dass du wohl die Laufsohle (und nicht die Brandsohle) gemeint hast. Ausschließlich geklebte Laufsohlen scheinen modern (20. Jh.?) zu sein. Man liest zwar in der Literatur manchmal davon, aber ich kenne keinen eindeutigen Nachweis. Verdeckt aufgenähte und/oder aufgenagelte (Halb-)Sohlen waren normal, um die eigentliche Laufsohle zu flicken oder von vornherein langlebiger zu machen.
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 14:46
von Bullenwächter
Manu hat geschrieben:
Nun, das hatte ich eigentlich nicht vor, so ein Schaufensterbummel - aber wenn du mich einladest, vielleicht ist vom Weihnachtsgeld ja noch was über?
Oh- Ja - Ich zieh dann meine puschligen Ziegenfell-Holzschuhe vom Devich aus dem Bregenzerwald an
http://www.holzschuhe.at/contents/media/l_5b_000.jpg
Re: Projekt jungsteinzeitliche Schuhe
Verfasst: 06.01.2012 15:09
von Manu
Also, sorry, aber ich bin da schon anspruchsvoller, hast du nichts netteres?