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Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 09.04.2013 10:25
von Blattspitze
Aus dem Church Hole,
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einer Höhle der wunderbaren Creswell Crags
http://en.wikipedia.org/wiki/Creswell_Crags
(in dieser Höhle wurden vor einigen Jahren auch zahlreiche jungpal. Wandritzungen festgestellt)
in England stammen diese als "marrow probes" interpretierten Bruchstücke aus Rengeweih-Kompakta:
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vergrößert:
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http://www.creswell-crags.org.uk/explor ... row-probes
"These two rods made from reindeer antler were found in Church Hole, Creswell Crags, during the excavation by Mello, Heath and Dawkins in 1876. Their size and gently tapered and scooped ends suggest that they may have used to gouge out the soft, edible marrow found inside long bones. A similar design of probe was used for extracting marrow from bones in Victorian Britain. The Creswell examples are about 12,000 years old.

Both are anciently broken. Radiocarbon dates have been obtained for both objects at 12,020 ± 100 BP (OxA-3717) and 12,250 ± 90 BP (OxA-3718) placing these tools within the Later Upper Palaeolithic."


Ich hatte ähnliche Stücke vor vielen Jahren als Vorschäfte von Geschossen interpretiert und bin nun über diese interessante Funktionsinterpretation a la "Sonden zum Extrahieren von Knochenmark" gestolpert. Was haltet Ihr davon?
Hat vielleicht jemand einen weitergehenden Lit.-Hinweis für mich?

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 09.04.2013 10:36
von ulfr
Interessant! Den Funktionsvorschlag halte ich für diskutabel.
Literatur ist mir nicht bekannt, aber vor einiger Zeit hat eine Archäologin mal versucht, viele Geschossspitzen in "zivile" Funktionen umzudeuten, ich erinnere mich nur noch dunkel, werde aber mal in den Büchern graben.

Auf der anderen Seite: würde nicht ein ganz normaler dünner Zweig denselben Zweck erfüllen?

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 09.04.2013 19:30
von wagrier
wer schon einmal das fettige Mark aus einem Röhrenknochen gefummelt hat, wird sicher wissen wie mühsam das ist.
Die gitterartige Verwachsung in einigen Röhrenknochen können mit einem Holzstab nicht weiter geleert werden, der bricht ab und der Rest verbleibt im Knochen. Der Knochenmark-Löffel kann diese Verwachsungen brechen und so Zugang zu den fettigen Leckereien schaffen.

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 09.04.2013 19:52
von ulfr
Wohl wahr, wohl wahr - one up to you

Hab einen kurzen Ausflug in die Bleiwüste gemacht, aber keinerlei Literatur gefunden ...

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 09.04.2013 20:50
von Blattspitze
Hier eine Abbildung der etwa gleich alten Stücke aus der Hamburger Fundschicht vom FP Stellmoor im Ahrensburger Tunneltal aus Rust`s Monographie:

http://www.pkaj.dk/images/Stellmoor/n%C ... dyrtak.jpg
wagrier hat geschrieben:Die gitterartige Verwachsung in einigen Röhrenknochen können mit einem Holzstab nicht weiter geleert werden, der bricht ab und der Rest verbleibt im Knochen. Der Knochenmark-Löffel kann diese Verwachsungen brechen
Das wäre doch mal ein Experiment wert! Ich könnte mir vorstellen, dass das Zerschlagen der Knochen mit zwei Steinen einfacher ist und, ... äh, ist Rengeweih nicht deutlich weicher als Knochen?

Danke für`s suchen, Ulfr!

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 09.04.2013 22:08
von FlintMetz
Dazu gibt es eine sehr kleine aber sehr schöne Zusammenstellung, die ich vor einiger Zeit von Bosinski bekam:

G. Bosinski in: K. Koslowsky, Understanding the past, Universitiy of Warsaw 2009; "The hafting of backed bladelets in the late magdalenian", S.55 -58

Wenn man sich die Sachen da anschaut, dann sind das 100% Geschosse. Möglich ist natürlich wohl evtl. auch beides - warum denn nur "entweder - oder"?

Bei Literaturbedarf hab ich das auch als PDF.

Schöne Grüße...

Robert

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 10.04.2013 08:49
von Blattspitze
Die pdf hätte ich gern, Dank ist Dir sicher!
Diese endständigen Nuten erinnern tatsächlich an mesol. Pfeile:
Bild
Quelle:http://www.rozoy.fr
edith:Und hier, auch nicht schlecht, ein Beispiel für die viktorianischen Marklöffel:
Bild
Quelle:http://www2.antiquesnavigator.com

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 10.04.2013 16:19
von FlintMetz
@Blattspitze: PDF ist unterwegs!
Viktorianische Marklöffel kannte ich noch nicht, aber nach furchtlosen Selbstversuchen brauch ich das auch nicht mehr (es war hier schon von "Leckereien" die Rede...brrrr). Ok - ich muss zugeben... Es waren damals bei mir Hammelknochen und das Mark war das reinste Brechmittel :?

Schöne Grüße...

Robert

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 10.04.2013 21:44
von Blattspitze
Ganz vielen Dank Robert.

Der Stand der Forschung, demnach wohl Pfeil-Vorschäfte:
http://www.academia.edu/2199039/Hamburg ... e_approach

Re: Knochenmark-Löffel?

Verfasst: 12.04.2013 08:14
von Blattspitze
Wobei die eigentliche funktionale Erklärung der bis zum Ende eingeschnitzten (die obigen Fotos zeigen die Schnitzspuren der Stichel od.Zinken sehr schön!) Nut der als "Vorschäfte" interpretierten Stücke in dem Artikel nicht behandelt wird, es bleibt also spannend, auch was den Waffentyp angeht!

Was mich wundert - die Geweih-"Vorschäfte" aus Stellmoor sind gemäß F. Riede`s Artikel auch (wie die Ahrensburger Holzpfeile im Krieg?) verloren gegangen? In Schleswig sind sie aber doch ausgestellt und nicht als Abgüsse u.a. gekennzeichnet????