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Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 03.09.2014 10:34
von ulfr
Neandertaler sollen Felsgravuren in einer Höhle bei Gibraltar hergestellt haben:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 89238.html

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 03.09.2014 19:19
von LS
Genau genommen ist es ein Kreuz ♯ aus der Notenschrift. Leider sind sie dann aber doch ausgestorben, bevor das komplette Lied in Cis eingeritzt war. Schadeschade...

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 09.09.2014 10:59
von Blattspitze
Dazu:
Bild
http://www.sciencedaily.com/releases/20 ... 084506.htm

Der Artikel:
http://www.pnas.org/content/early/2014/08/27/1411529111
Zitat aus der Zusammenfassung (farbige Hervorhebung von mir):

Geochemical analysis of the epigenetic coating over the engravings and experimental replication show that the engraving was made before accumulation of the archaeological layers, and that most of the lines composing the design were made by repeatedly and carefully passing a pointed lithic tool into the grooves, excluding the possibility of an unintentional or utilitarian origin (e.g., food or fur processing). This discovery demonstrates the capacity of the Neanderthals for abstract thought and expression through the use of geometric forms.

Also mit Experimenten allein kann ein Ausschluss "unabsichtlicher" Formung kaum begründet werden, oder?
Ohne den Langtext zu kennen, bleibe ich skeptisch. Wie war das noch mit den parallelen Ritzungen auf dem Knochen in Bilzigsleben?
Kunst?

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 09.09.2014 20:38
von FlintMetz
Meiner Meinung nach viel zu viel Wind… wird dem Neandertaler immer noch das Image des grunzenden Halbaffen aufgesetzt? Was bitte ist da so überraschend daran, dass mal irgendwo irgendwann ein paar Ritzer in einer Felswand auftauchen - soll er das nicht gekonnt haben? Das mit der "Kunst" ist ja dann schon wieder eine andere Diskussion… Figürlich ist wohl was anderes und ob das Symmetische was bedeuten soll… Sowas entsteht auch, wenn man schnell mal Klingenrücken stumpf machen will oder wenn man Käsekästchen spielt...

Schöne Grüße…

Robert

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 27.06.2023 08:18
von ulfr

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 27.06.2023 13:33
von Pitassa
Das von Jean-Claude Marquet / SWNS dem Guardian zur Verfügung gestellte Foto zeigt in Bezug auf die Abbildungen in Fig. 11 u. 12 deutlich mehr, allerdings hätte die im Guardian dazu gegebene Zeichnung aus dem Survey von Spaey und Alain die Flügel (?) auf dem Rücken der Person (?) ansetzen müssen und nicht auf dem Bauch ...

https://www.theguardian.com/science/202 ... scientists

Quelle : Ian Sample : French cave markings said to be oldest known engravings by Neanderthals. In : The Guardian, Ausgabe vom 21. Juni 2023.

Zur Anzeige des 2. Fotos und der Zeichnung bitte I'll do it later anklicken :18:

Die Berichterstattung zu der im Tal der Loire gelegenen Höhle von La Roche-Cotard sollte man im Blick behalten

:mammut2:

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 27.06.2023 16:30
von Pitassa
Ungeachtet der Datierung meine ich auf dem genannten Foto von Jean-Claude Marquet zwei von rechts nach links schreitende Personen erkennen zu können. Die zweite von rechts dürfte eine männliche Person darstellen und könnte möglicherweise auf dem Rücken ein Paar Flügel tragen, oder auf der Brust verschränkt einige Speere halten, dessen Spitzen am Kopf vorbei in die Höhe ragen. Ganz rechts außen eine zweite Person, vermutlich entweder eine Frau, oder eine heranwachsende Person. Meines Erachtens beide homo sapiens.

Links im Bild ein piktographisches Ornament, das geradezu wie gotischer Baustil anmutet. Dieses in gotischer Bogenform gesetzte Zeichen (Siehe Spaey & Alain Fig. 12) könnte möglicherweise auf die versteinerten Wale zurückgeführt werden, welche sich ca. 40 km flussabwärts bei Saumur in den Falunen sur les Troglos de la Soblière finden. Die in den Falunen der Troglodyten des Saumurois befindlichen Skelette der Blau- und Finnwale sind sehr beeindruckend und könnten die einstigen Bewohner der Höhle von La Roche-Cotard durchaus zu derartigen bildlichen Darstellungen inspiriert haben :

http://www.loirexplorer.com/site-troglo ... es-faluns/

https://www.ot-saumur.fr/en/chips/the-m ... s-5372625/ Die Fotogalerie am Schluss

Soweit meine Vorschläge und Vermutungen dazu

Pitassa :aha:

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 27.06.2023 17:12
von Sculpteur
Weiß jemand zufällig, ob es von den Abbildungen in der Höhle irgendwo frei verwendbare Bildquellen gibt?

Ich möchte das Ganze gerne mal durch einen Kontrastfilter schicken, denn ich kann da beim Besten Willen nichts bildhauerisches oder figürliches anhand der Fotos erkennen... :8:

Ärgerlich übrigens: Ich saß vor 16 Jahren auf meiner Wanderung von Malaga nach Cadiz entlang der Mittelmeerküste auf dem Fels von Gibraltar und wusste damals noch nichts von der Höhle. Vielleicht war / ist sie aber auch gar nicht öffentlich zugänglich?

Obwohl die Wanderung mehr ein Ablaufen von aneinandergereihten Hotels im spanischen Territorium war, war Gibralter ein außerordentliches Highlight der Wanderung.
Gibraltar ist trotz aller anhaltenden (nachvollziehbaren) Kontroversen eine Reise wert: Die kürzeste (oder eine der kürzesten) Flugzeug-Landebahnen Europas, man muss zu Fuß über die Landebahn laufen wenn die Ampel auf Grün springt wenn man Gibraltar betreten will - und wenn man Pech hat muss man sich dann beeilen, wenn man keine nähere Bekanntschaft mit einem Großflugzeug machen will - dann Gibraltar "City": Gibraltar betritt man quasi über einen unscheinbaren Fußgängertunnel (zumindestens war das damals so).
Danach "Little Britain" gepaart mit spanischer Lebensart auf engstem Raum: Viele Mopeds (wenn ich mich richtig erinnere), laut, viel Sauberkeit neben viel "Unordentlichkeit", tolle Glaskunst, Englische Pubs, viele Häuser, alles auf engstem Raum. Auf dem Felsen Affen (Makakken, wenn ich mich nicht irre) die einen beißen können, wenn man nicht aufpasst und die man aus diesem und anderen Gründen unbedingt nicht füttern und mit denen man auch keinesfalls für Fotos posieren sollte, dann ein Stück Zeitaufarbeitung (wenn man das so nennen will) ganz oben auf dem Felsen bei den "Kanonen von Gibraltar" ein Museum (ein Militärmuseum meines Wissens). Vom Felsen aus hat man jedenfalls einen faszinierenden Blick auf die Straße von Gibraltar, kann praktisch nach Afrika (Marokko) rübergucken.
Um Gibraltar herum Andalusien in Reinform (leider auch mit Stierkampftradition und ziemlich zehrendem heiß-staubigem Wind zur entsprechenden Jahreszeit).
Die ersten Worte eines Menschen (der mit mehr als großer Wahrscheinlichkeit Brite war) die ich beim Betreten Gibraltars durch den Tunnel hörte waren "Fuc..ng S..t" in entsprechendem Slang.
In Gibralter gibt es wohl eine sicherlich sehenswerte touristische Tropfsteinhöhlenbegehung (die ich damals auch verpasst habe, weil das nicht vorhandene Reisebudget es nicht zuließ und weil ich damals nichts von der anderen Höhle wusste; siehe "St. Michales Cave"). Dafür habe ich von den Blüten bestimmter Wildpflanzen am Fels von Gibraltar gekostet (bei Unkenntnis über essbare Pflanzen keinesfalls zur Nachahmung empfohlen).
Am Fuße des Felsens von Gibraltar habe ich im Schlafsack eine Nacht verbracht (auch keinesfalls zur Nachahmung empfohlen und eher unbedingt zu vermeiden; zumal für mich noch heute nicht klar ist ob das überhaupt erlaubt war). Übernachtet habe ich damit quasi im "Hafen von Gibralter", einem wirklich winzigen Areal in dem vor einigen Jahren ein britisches Schlachtschiff bzw. Militärschiff festgemacht hat, wie durch die Presse ging, was entsprechende Kontroversen auslöste (der schwelende Streit um die Hoheitsrechte und die britische Art darauf zu reagieren).
Diese Art zu übernachten war auch nicht ganz ungefährlich, weil wohl gerne so manche Flasche über den Felsen von Gibralter in die Tiefe geworfen wird.
Die Menschen dort waren damals jedoch i.d.R. sehr nett aber alles ist eben recht beengt und stellenweise laut.

[Nachtrag:]
Viel Wind um nichts? (Um Flintmetz damalige Affirmation aufzunehmen):
Hat sich da ein katzenartiges Raubtier (ein Bär?) die Krallen gewetzt oder handelt es sich tatsächlich um eigentliche Wetzscharten von Werkzeugen resp. Waffen?:
In Bippen (kleine Gemeinde in Niedersachsen, Nähe Osnabrück) finden sich am Eingang einer kleinen Kirche angeblich auch Wetzscharten im steinernen Gewände des historischen Eingangs: Dort haben die Herrschaften ihre Schwerter gewetzt, weil sie sie zum Gottesdienst nicht mit hineinnehmen dürften so heisst es...).

QUELLEN:
deutschsprachige Wikipedia:
Bibliografische Angaben für „St. Michael’s Cave“
Seitentitel: St. Michael’s Cave
Herausgeber: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie.
Autor(en): Wikipedia-Autoren, siehe Versionsgeschichte
Datum der letzten Bearbeitung: 30. März 2023, 08:46 UTC
Versions-ID der Seite: 232318938
Permanentlink: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =232318938
Datum des Abrufs: 27. Juni 2023, 16:55 UTC

Bibliografische Angaben für „Gibraltar“
Seitentitel: Gibraltar
Herausgeber: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie.
Autor(en): Wikipedia-Autoren, siehe Versionsgeschichte
Datum der letzten Bearbeitung: 17. Mai 2023, 17:05 UTC
Versions-ID der Seite: 233808674
Permanentlink: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =233808674
Datum des Abrufs: 27. Juni 2023, 16:56 UTC

Bibliografische Angaben für „St. Georg (Bippen)“
Seitentitel: St. Georg (Bippen)
Herausgeber: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie.
Autor(en): Wikipedia-Autoren, siehe Versionsgeschichte
Datum der letzten Bearbeitung: 16. Dezember 2022, 14:58 UTC
Versions-ID der Seite: 228914659
Permanentlink: https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... =228914659
Datum des Abrufs: 27. Juni 2023, 17:58 UTC

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 27.06.2023 19:37
von Pitassa
Hi Sculpteur,

damals, 2014 wurden hier die in Gibraltar in der Gorham's Höhle erzielten Ergebnisse diskutiert.

Thema : Waren die Neandertaler (homo neanderthalensis) fähig sich künstlerisch auszudrücken ?

Heute, 2023 stellte Ulfr dem die in Frankreich in der Höhle von La Roche-Cotard an der Loire dazu erzielten Ergebnisse zur Seite.

Zwei unterschiedliche Fundorte also. Ich selbst habe mich auf den letzteren bezogen.

Die Zeichnungen der Figuren 11 und 12 sind halt Interpretationen der dort in La Roche-Cotard von Marquet gemachten Fotografien. Auf den im Guardian gezeigten Fotos lässt sich meines Erachtens deutlich mehr erkennen. :3:

Die von Jean-Claude Marquet erstellten Fotografien unterliegen keinen Restriktionen, dürfen also ohne Einschränkungen unter der Lizenz CC BY 4.0 verwendet werden. Ich stelle das Foto, auf welches ich mich beziehe, daher in den Dateianhang ein und

Grüße dich
Pitassa :hallo:

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 27.06.2023 20:42
von Sculpteur
Vielen Dank für die Informationen, auch zum Copyright und für das angehängte Bild, Pitassa.

Auf dem Bild kann ich nichts relevantes erkennen, das m.E. in Richtung figuraler Darstellung resp. künstlerischem Selbstausdruck interpretiert werden könnte. Das mag aber auch der Qualität des angehängten Bildes geschuldet sein.

Einiges in der erscheinenden Formgebung im Bild (interpretierbare Andeutung einer Bärengestalt o.ä.) ist m.E. auf natürliche Oberflächenstruktur des Felsgesteins - und damit auf die Ausleuchtung bei Erstellung der Fotografie - zurückzuführen.

Ich sehe da nur Vertiefungen in der Gesteinsoberfläche, die als Kratz- bzw. Wetzspuren interpretiert werden könnten, die sich hier und dort bündeln und überschneiden.

Markant finde ich in diesem Zusammenhang, dass die allermeisten offensichtlich unnatürlichen Vertiefungen im Felsgestein vertikal oder annähernd vertikal zu verlaufen scheinen.

Solche Spuren können m.E. ohne weiteres reine (unbeabsichtigte)Zufallsprodukte sein, die auf verschiedene Arten und Weisen entstanden sein können.

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 28.06.2023 06:09
von Pitassa
Dann hätte ich da noch dieses Foto, vielleicht lässt sich darauf mehr erkennen. Der auf dem Stein erkennbare rote Ocker kann nicht von Tieren aufgebracht worden sein. Ich würde sagen, dass hier eine Datierung ähnlich den im Val de Fontanalbe am Mont Bégo in den Seealpen gesetzten Felsgravuren angebracht sein könnte. Also ca. 2.800 - 1.300, oder irgendwas zwischen 3.200 - 1.200 v. Chr. vielleicht. Dann würde der Neandertaler als möglicher Schöpfer jedoch ausfallen ... . Wann wurde die Höhle noch gleich verschüttet ?

https://www.smithsonianmag.com/science- ... 180982408/

:Dachsfrage: :hirsch:

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 28.06.2023 06:20
von Sculpteur
Hallo Pitassa,
Danke für die weiteren Infos.
Vertiefungen und aufgetrage Ockerfarbe müssen natürlich erstmal nichts miteinander zu tun haben.
Vielleicht müsste man den Bereich der Felsoberfläche einmal in einem größeren Zusammenhang sehen (siehe Bild im Link weiter unten, das aber von der Auflösung her wohl nicht so pralle ist, weil Internetpublikation).
Zu Van de Fontanalbe kann ich persönlich nix sagen, die Höhle war mir bis heute nicht bekannt.

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 28.06.2023 12:56
von Pitassa
Zu den Felsgravuren im Val de Fontanalbe am Mont Bégo schaust du am besten vielleicht hier :

http://www.westalpen.wordpress.com/2013 ... erveilles/

oder dort :

http://giraud.ch.free.fr/la%20vallee%20 ... eilles.htm

Die Piktrogramme der Voie Sacrée bieten stilistisch viele Parallelen und wurden 1906 von Clarence Bicknell untersucht. Im benachbarten Vallée des Merveilles fanden sich weitere Motive, welche ich in den genannten Gravuren der La Roche-Cotard Höhle zu erkennen meine. :20

So auch die Sense mit und ohne Reff https://www.cheminsdelabiodiversite.com ... nable.html

Wir werden ja sehen, was am Ende dabei herauskommt :glauberger:

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 28.06.2023 17:05
von Sculpteur
Die abgebildeten Funde in den neuen Links weisen eine völlig andere Qualität auf, die mit den vorherigen "Spuren" m.E. überhaupt nicht verglichen werden können.
Bei den Abbildungen in den Links ist künstlerisches Schaffen eindeutig erkennbar.

Re: Höhlenkunst vom Neandertaler?

Verfasst: 28.06.2023 20:21
von Pitassa
Auf dem Foto in der Ausgabe des Smithonian Magazine meine ich oben links sogar den Zeichenstift erkennen zu können, mit dem an der Stelle der letzte Gravurstrich in den Sandstein der La Roche-Cotard Höhle gesetzt wurde. Mich würde interessieren, aus welchem Material das links oben in der Bildecke gezeigte Werkzeug hergestellt wurde. Es scheint dort unter einer kleinen Felsnase festgeklemmt worden zu sein. Sieht anorganisch aus. :20

Auch das im Guardian veröffentlichte Foto zeigt diesen Gegenstand. Ich nenne es einfach mal einen Zeichenstift, denn ein Stichel wäre der Form nach doch wohl raffinierter ... . Oder sollte man hier besser einen Meißel vermuten ? In dem von Ulfr eingestellten Bericht zur Untersuchung finden sich meines Erachtens dazu keine Angaben, aber dort ist das Bild auch geschnitten, sodass man ihn nicht abgebildet sieht.

:mammut2: