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Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 05.09.2014 10:32
von Blattspitze
Archaeologists are currently raising and examining what is being called the oldest boat ever found in Denmark.

The ancient six to seven metre long vessel is estimated to be 6,500 years old – in comparison, the oldest Pyramid in Egypt is a mere 4,500 years old – and although it is damaged, archaeologists are finding it very interesting.

“It split 6,500 years ago and they tried to fix the crack by putting a bark strip over it and drilling holes both sides of it,” Jørgen Dencker, the head of marine archaeology at the Viking Ship Museum in Roskilde, told DR Nyheder. “That two-millimetre wide strip has been preserved.”

“The most exciting thing is that there is sealing mass in the holes. We have found sealing mass before – such as bits of resin that children have chewed on and made flexible.”

http://cphpost.dk/news/archaeologists-m ... 10710.html

Re: Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 05.09.2014 16:04
von LS
Interessanter Befund mit dem Rindenstreifchen... Was hätte man sonst zu dieser Zeit noch zum Abdichten nehmen können? Melkfett würde mir einfallen, oder Bastfasern. Bei den viel späteren Wikingerbooten hat man ja viel mit Bienenwachs zum Abdichten rumgemacht, aber die neolithische Zeidlerei war bestimmt noch nicht sehr ausgeprägt. Was denkt Ihr, taugt das was mit der Rinde?

Re: Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 05.09.2014 16:17
von ulfr
"two millimetre wide strip" ?
Übersetzungs-/Schreibfehler? Einen zwei Millimeter breiten Rindenstreifen auf beiden Seiten mit Löchern versehen dürfte kaum etwas halten und ist selbst mit modernem Werkzeug kaum machbar, egal ob er längs oder quer über den Riss gelegt wird ... Wahrscheinlich sind Zentimeter gemeint ...?

Zum Abdichten könnte ich mir das dann gut vorstellen, wenn der Riss mit "Kitt" ausgefüllt wird und der Rindenstreifen dann mit Holz"dübeln" fixiert wird - warum nicht?

Die Dichtmasse könnte aus Birkenpech bestehen, Wachs käme auch infrage, weiterhin Moos (für die Wikingerzeit nachgewiesen) oder auch andere pflanzliche Fasern, die man trocken in den Riss hineinklopft - wenns nass wird, quellen die Fasern auf (Kalfatern).

@LS: Melkfett besteht aus Vaseline aus der Erdölraffinerie, meintest Du evtl. etwas anderes?

Re: Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 05.09.2014 16:38
von wagrier
ich denke auch an einen Übersetzungs-/Schreibfehler, denn wenn der Flickstreifen nur 2mm breit ist, wie breit ist dann der Riss im Holz? Da müßte der Riss ja unter einem Millimeter gewesen sein und den kann man auch ohne Flickstreifen abdichten. Fasern vom Lindenbast eindrücken und Birkenpech hinterher,fertig!

Re: Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 06.09.2014 00:02
von LS
@Ulfr, hast natürlich recht, beim Klabautermann ;)
Ich meinte allgemein wasserabweisende Fette/ Wachse, im Neolithikum dürften die wohl noch nicht auf Erdölbasis gewesen sein :)
Meine prickelndste persönliche Teilnahme an einer "Spontanabdichtung auf offener See" sah so aus, dass ein Tschuktsche das mit Walrosshaut bespannte Boot mit einem Propfen aus Werg kalfatert hat. Es hat funktioniert, ansonsten wär das alles kein Spaß mehr gewesen...

Gruß L

Re: Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 07.09.2014 14:36
von Blattspitze
Umpf, - "Melkfett" ist tatsächlich Vaseline aus der Erdölraffinerie. Danke Ulfr. Und ich dachte immer, es käme gewissermaßen biologisch einwandfrei "aus der Kuh für den Menschen", dabei dient`s dem Schutz der Zitzen beim Melken.
Leif, gemeinsam mit Tschuktschen auf einem Walrosshaut-Umiak beinahe unterzugehen klingt spannend. Solange Du das Loch wenigstens nicht selbst eingetreten hast?

Habe gerade noch einmal im fast 30 Jahre alten Artikel S. H. Andersen`s (ANDERSEN, S.H. 1987, Mesolithic dug-outs and paddles from Tybrind Vig, Denmark. Acta Archaeologica 57. København.) über die ca. 900 Jahre jüngeren Tybrind Vig Pappelholz-Einbäume geschmökert.
Bild
http://www.denstoredanske.dk/Danmarks_O ... B%C3%A5den

Beim kleineren Tybrind boat II fanden sich zwei verschiedene Reparaturen:
Ein großes Astloch wurde durch 11 umlaufend gebohrte Löcher bearbeitet, direkt darunter wurde bei der Grabung eine passende Menge Kies beobachtet. Die Ausgräber vermuten, dass dieses Material mit Fett (!) oder Pech zusammen das Loch gefüllt hat und beidseitig eine (nicht erhaltene) aufgenähte Abdeckung alles an Ort und Stelle festgehalten hat.
Die andere und hier interessantere Reparatur betraf einen Spaltriß. Dieser wurde durch beidseitig vom Riß angelegte von der Innenseite aus gebohrte konische Löcher behandelt. Auf der Unterseite wurden dann kleine "Gräbchen" angelegt, die die gegenüberliegenden Löcher verbanden. Somit war auf der Wasserseite die Bindung sozusagen "versenkt" und ohne wesentlich erhöhenden Wasserwiderstand ausgeführt worden. Auch hier war kein Binde- oder anderes Dichtmaterial mehr erhalten (da tierischen Ursprungs?). Vielleicht war bei dem oben genannten Neufund der Rindenstreifen auch bloß Nähmaterial?
Naja, - warten wir`s ab.

Schöne Seite zu den Tybrind Vig-Grabungen:
http://www.abc.se/~pa/publ/tybrind.htm

Hier ein Link zu einem Einbaumprojekt der Uni Greifswald mit einigen Bildern (u.a. interessant: experimenteller Schaf-Transport im Einbaum und Flintdechsel):
http://www.phil.uni-greifswald.de/berei ... nbaum.html

Re: Einbaumreparatur vor 6.500 Jahren

Verfasst: 08.09.2014 13:47
von Flintstone
Mehr Information und Bilder zu dem reparierten Einbaum findet ihr unter:
http://politiken.dk/viden/ECE2385301/st ... som-smoer/

Dem Artikel ist zu entnehmen, dass der 50 cm lange Riss in der Wandung des Einbaumes folgendermaßen repariert wurde:

Zuerst wurden auf beiden Seiten des Risses Löcher gebohrt, die gegenständig zueinander angebracht sind. Der Riss wurde vermutlich mit einer Dichtungsmasse abgedichtet. Anschließend wurde ein schmaler Streifen Birkenrinde über den Riss gelegt. Mittels einer dünnen, ca. 2 mm starken Schnur aus Pflanzenfasern (noch nicht untersucht; in Frage kommen z.B. Nessel und Lindenbast) wurde der Riss „zusammengenäht“ und der Rindenstreifen über dem Spalt fixiert.
Es wird vermutet, dass die „Nahtlöcher“ in der Wandung im Zuge dieser Reparatur mit einem Kitt (z.B. aus Harz) verschlossen wurden.

Fazit: Es ist noch gar nicht sicher, ob überhaupt und in welcher Weise eine Dichtungsmasse verwendet wurde. Des Weiteren ist nicht bekannt, aus welcher Art von Pflanzenfasern die Schnur besteht. Die offenen Fragen sollen nach Aussage von Jørgen Dencker, Vikingeskibsmuseet, durch weitere Untersuchungen geklärt werden.

Wir müssen uns also noch ein wenig gedulden!