Moin,
Das Phänomen der Patinierung von Feuerstein und anderen Silices ist ein weites Feld....
Ich habe extreme Fälle der Patinierung sowohl an Feuersteinartefakten, die aus dem Wasser (Brack- und Salzwasser) stammen, als auch von Funden aus sandig-kiesigen, verhältnismäßig trockenen Standorten beobachtet. Feuersteine, deren Oberflächen so stark angegriffen sind, dass sie eine kreidige Struktur aufweisen und abbröseln, werden als "
desilifiziert" bezeichnet. Bei ihnen wurde der leichter lösliche Anteil der Kieselsäre (Opal?) herausgelöst.
Eine Auflösung von SiO2 - Kieselsäre kann durch verschiedene organische Verbindungen, es handelt sich häufig um Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen im Boden, erfolgen. Diese Vorgänge werden sicherlich durch den pH-Wert des Wassers und den Gehalt an KatIonen (Na, K. Ca) ergänzt/unterstützt. Solche Vorgänge verlaufen langsam, also in archäologischen /geologischen Zeiträumen. Eine Desilifizierung erfolgt besonders leicht in stark alkalischer Umgebung (sehr hohe pH-Werte), wie sie in der Natur bei uns normalerweise nicht vorkommen. Diese Methode habe ich vor etlichen Jahren einmal "mit der chemischen Keule" ausprobiert und festgestellt, dass eine bläuliche Patina, wie sie besonders auf mittelsteinzeitlichen Flintartefakten häufig zu beobachten ist, in wenigen Tagen hergestellt werden kann. Eine bläulich-weiße Patina dauert einige Tage länger. Nach etwa 3-4 Wochen war die Oberfläche bereits kreidig!
Solche desilifizierten Oberflächen sind wesentlich poröser als der "normaler "Feuerstein und können dadurch mineralhaltige wässrige Lösungen (mit Eisen, Mangan etc.) schnell aufnehmen. Ich vermute, dass die im Bruch sichtbaren unterschiedlich gefärbten Zonen in der stark desilifizierten Klinge (siehe Photo, Kais Beitrag) auf einen Effekt zurückzuführen sind, der in der Chemie bei der sogen. Chromatographie ausgenutzt wird. Bei der Wanderung einer Lösung unterschiedlicher chemischer Substanzen durch ein poröses Medium (z.B. Kieselgel, Kieselgur usw.) werden die gelösten Substanzen unterschiedlich stark an der Oberfläche des Mediums adsorbiert, wodurch eine Auftrennung des Gemisches in seine Bestandteile erreicht werden kann. Substanzen, die stark adsorbiert werden, werden "zurückgehalten" und "ausgebremst" und legen deshalb im Vergleich zu Substanzen, die weniger stark adsorbiert werden, in der gleichen Zeit einen kürzeren Weg zurück.
Literatur zum Thema Patinierung von Feuerstein:
Ich habe einmal vor ca. 37 Jahren bei Volker Arnold einen kleinen Aufsatz über die chemischen Hintergründe der Patinabildung gelesen. Ich glaube, der Verfasser war R. C. A. Rottländer.
Ich habe soeben auf Anhieb mehrere Zitate im WWW gefunden:
Rottländer, Rolf C.A.: Patinierung von Silices. Zentralblatt für Geologie und Paläontologie 2 (5/6), 1976, 386-389.
Rottländer, Rolf C.A.: Das Ionenaustauschverhalten von Feuerstein. Acta Praehistorica et Archaelogica 11/12, 1980, 36-63.
Rottländer, Rolf C.A.: Über die chemische Veränderung von Artefakten durch Bildung von Kieselsäureestern während der Sedimenteinbettung. Archäologisches Korrespondenzblatt 14.2, 1984, 225-231.
Vermutlich gibt es noch weitere Beiträge.
Grüße,
KH
(entschuldigt bitte die bösen Fremdworte und die
Chemie!)