Ich glaube hier einmal einige Anmerkungen machen zu können:
ulfr hat geschrieben:Haben die Neos die Pfostenenden nochmal 90° abgebeilt?
Nein, ich bin nicht der Meinung, dass die Neos ihre Pfosten an der Basis rechtwinklig abgebeilt haben.
Ich habe verdammt lange mit Steinbeilen auf Holz eingedroschen, und eine Rechtwinkligkeit wäre durchaus machbar. Aber die Arbeiten sind extrem zeitintensiv, kosten viel Kraft und Geschicklichkeit und sind im Endeffekt Gift für die Beilklinge. Zugegeben habe ich weniger mit Felsgesteinbeilen gearbeitet, aber die Flintbeile dürften speziell bei den Schnittleistungen diesen erheblich überlegen sein (und hierauf kommt es bei dieser Bearbeitung an).
Aus meiner Hausbauerfahrung heraus ist es mir klar geworden, dass es völlig egal ist, wie die Basis des Pfostens ausgearbeitet wurde. Sicherlich wird ein gewisser Druck, der auf dem Pfosten lagert, auf die Basis übertragen, aber ebenso wird ein nicht unerheblicher Teil des Druckes durch die Reibung mit dem umgebenden Materials aufgefangen. Sprich: je mehr und besser ich das Pfostenloch verdichte umso mehr Druck wird seitlich durch die Reibung aufgenommen.
Archäologisch gesehen ist die Ansprache des Befundes eines Pfosten/Pfostenloches recht schwierig. Ich habe nur sehr selten eigentliche Pfostenstandspuren gesehen. Häufig gehen die Definitionen der beiden Arten bei der Beschreibung recht schnell durcheinander. Ich bin der Meinung, dass die Rechteckigkeit der Pfostenbasis eher als Grubensohle zu sehen ist. Auch die Schnittrichtung mag einen vermeintlichen Konus nicht deutlich aufzuzeigen. Ich gehe hierbei allerdings davon aus, dass die Bäume mit einem Fällkarb ausgestattet sind. Einen Baum im dichten Wald zu fällen, der angespitzt wurde wie ein Bleistift, halte ich völlig absurd, da die Fällrichtung nicht vorhersehbar ist.
Als Letztes sei noch die Verrottung angesprochen. Auf der Grabung von J. Schneeweiß am Kastell auf dem Höhbeck konnte man zwei Beobachtungen machen: Ein Schnitt zeigte verkohlte Hölzer auf, die annähernd ihre Dimensionierung erhalten hatten. Einige Meter weiter war keine Verkohlung mehr zu beobachten, und die Reste der Hölzer bildeten nur einige wenige Millimeter starke, dunkle Schicht aus. Der Befund war allerdings früh mittelalterlich. Bei älteren Befunden könnten diese Schichten völlig ausgewaschen sein, oder sich auf der Grubensohle des Pfostenloches gesammelt haben, da hier eine Dichteveränderung des Bodens vorhanden ist. Entsprechend könnte das eine gerade Basis vorgaukeln.
Aus „experimenteller“ Sicht: 2008, nur 12 Jahre nach der Fertigstellung, mussten wir umfangreiche Reparaturarbeiten am Langhaus III durchführen. Bis auf zwei Pfosten waren alle Anderen derartig geschädigt, dass sie ausgetauscht, repariert, oder umfunktioniert werden mussten. Es konnten vier verschiedene Verrottungsarten festgestellt werden: 1: Verrottung vom Bodenniveau bis ca. 15cm darunter (einfach abgefault; kennt wohl jeder), 2: radiale Verrottung von der Basis her, 3: Konvexe Verrottung der Basis und letztlich konkave Verrottung der Basis. Punkt 1 zeigte uns das irgendetwas mit dem Haus nicht stimmt, einige Pfosten sind einfach umgekippt. Die drei anderen Punkte erklärten, warum Teile des Hauses bis zu 30cm abgesackt waren.
Bei der Radialen Verrottung fällt auf, dass sie sich entlang der Markstrahlen und Trocknungsrisse im Holz ausgebreitet hat.
Konvexe Verrottung
Konvexe Verrottung im Längsschnitt
Konkave Verrottung
Konkave Verrottung im Längsschnitt
Alle Basen waren rechtwinklig abgeschnitten. Warum es etwa gleichmäßig verteilt sowohl konvexe als auch konkave Verrottung vorkam kann ich nicht begründen.
Die letzten drei Positionen wurden durch einen aeroben Pilz hervorgerufen, der auch als Weißfäule bekannt ist. Den Sauerstoff erhielt er auch ca. 80cm unter Niveau durch die Leiterbahnen des Splintholzes sowie durch die Trocknungsrisse. Fehler beim Bau: Keine ausreichende Verdichtung der Pfostenlöcher, Splint dran gelassen und nicht angekohlt (die Kohle verschließt Risse und verhindert den Befall).
Quintessenz: Durch Fäulnis, Auswaschung und Fehlinterpretation kann es zu Problemen kommen, um die Ausformung einer Pfostenbasis richtig zu erkennen.
LG
Kai