Handwerk in der Steinzeit ...
Moderatoren: Hans T., Nils B., Turms Kreutzfeldt, Chris
Handwerk in der Steinzeit ...
... waren es Spezialisten oder konnte jeder alles? Flintsource und ich hatten am vergangenen Donnerstag eine interessante Diskussion begonnen, die wir leider abbrechen mussten.
Fragestellung: Ab wann muss man mit spezialisierten Handwerkern rechnen? War z.B. die Errichtung eines bandkomischen Langhauses die Gemeinschaftsleistung eines Dorfes, wo jeder wusste was zu tun war, oder gab es sowas wie Bautrupps, ähnlich den Dombauhütten im MA, die nach Bedarf engagiert wurden und in diesem Fall die "Ingenieursleistungen" erbrachten?
Oder ganz simpel: Konnte damals jeder ein Steinbeil herstellen bzw. hat jeder sein eigenes Holzwerkzeug hergestellt?
Wobei wir beim Zeitrahmen erstmal im Frühneolithikum bleiben wollen - dass nicht jeder Dödel einen I-C-Flintdolch herstellen konnte, ist wohl unbestritten.
Beim Thema Hausbau komme ich dann ganz schnell zu weiter- und tiefergehenden Überlegungen zu den sozialen Strukturen, beispielsweise dass so ein Bauvorhaben strukturiert werden muss. Man kann ja nicht erst die Latten auf die Sparren binden und dann anfangen, Pfosten zu stellen. Also irgendjemand sollte den Hut aufgehabt haben ... oder wurde jeder Schritt basisdemokratisch diskutiert und dann ausgeführt? (Das ist nicht sarkastisch gemeint!)
Ich tendiere zu der Annahme, dass Menschen schon früh erkannt haben, dass es unterschiedliche Begabungen und Befähigungen gibt, und das sich schon früh ein Spezialistentum herausgebildet hat. Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass die Errichtung eines 60 m langen Gebäudes zum Grundkanon des Hausfleißes gehört hat, sondern dass es eine gehörige Portion 3D-Vorstellungsvermögen erfordert, so etwas zuerst schon mal im Geiste in die Landschaft zu stellen, einschließlich aller Knoten, in denen sich verschiedene Konstruktionsebenen schneiden, logistischer Abfolge der Arbeiten etc., bevor man sich an das eigentliche Werk macht.
Gern Eure zwei Spaltbohlen
"Demokratie hat nicht unbedingt den Vorteil, dass die Besten gewählt werden, sondern dass man die Gewählten friedlich wieder abwählen kann."
Ferdinand v. Schirach, Schriftsteller
Fragestellung: Ab wann muss man mit spezialisierten Handwerkern rechnen? War z.B. die Errichtung eines bandkomischen Langhauses die Gemeinschaftsleistung eines Dorfes, wo jeder wusste was zu tun war, oder gab es sowas wie Bautrupps, ähnlich den Dombauhütten im MA, die nach Bedarf engagiert wurden und in diesem Fall die "Ingenieursleistungen" erbrachten?
Oder ganz simpel: Konnte damals jeder ein Steinbeil herstellen bzw. hat jeder sein eigenes Holzwerkzeug hergestellt?
Wobei wir beim Zeitrahmen erstmal im Frühneolithikum bleiben wollen - dass nicht jeder Dödel einen I-C-Flintdolch herstellen konnte, ist wohl unbestritten.
Beim Thema Hausbau komme ich dann ganz schnell zu weiter- und tiefergehenden Überlegungen zu den sozialen Strukturen, beispielsweise dass so ein Bauvorhaben strukturiert werden muss. Man kann ja nicht erst die Latten auf die Sparren binden und dann anfangen, Pfosten zu stellen. Also irgendjemand sollte den Hut aufgehabt haben ... oder wurde jeder Schritt basisdemokratisch diskutiert und dann ausgeführt? (Das ist nicht sarkastisch gemeint!)
Ich tendiere zu der Annahme, dass Menschen schon früh erkannt haben, dass es unterschiedliche Begabungen und Befähigungen gibt, und das sich schon früh ein Spezialistentum herausgebildet hat. Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass die Errichtung eines 60 m langen Gebäudes zum Grundkanon des Hausfleißes gehört hat, sondern dass es eine gehörige Portion 3D-Vorstellungsvermögen erfordert, so etwas zuerst schon mal im Geiste in die Landschaft zu stellen, einschließlich aller Knoten, in denen sich verschiedene Konstruktionsebenen schneiden, logistischer Abfolge der Arbeiten etc., bevor man sich an das eigentliche Werk macht.
Gern Eure zwei Spaltbohlen
"Demokratie hat nicht unbedingt den Vorteil, dass die Besten gewählt werden, sondern dass man die Gewählten friedlich wieder abwählen kann."
Ferdinand v. Schirach, Schriftsteller
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Ich denke, die frühen dörflichen Strukturen kamen um das Spezialist/Innentum gar nicht drum herum. Dabei liegt für mich nahe, dass Expertenwissen vom "Beherrscher" eines Fachs zu nachfolgenden weitergegeben wurde. Viele Tricks, Kniffe und Techniken kommen z.B. für den Hausbau zusammen und es genügt ja, wenn einer den Gesamtüberblick hat, einige versiert und geschickt sind und viele helfen oder zuliefern, oder in ihrem ganz speziellen Bereich dienen.
Das Alroundertum könnte sicherlich ein Merkmal für die Steinzeit sein, was einen bestimmten Umfang von Wissen und Fähigkeiten angeht, aber wenn's knifflig wurde, gab's sicherlich immer wieder Menschen, die sich in bestimmten Disziplinen hervor taten.
Ob es umherziehende Spezialistengruppen gab, die organisiert waren und engagiert wurden, ist eine hochinteressante Frage.
HG, Sculpteur
Das Alroundertum könnte sicherlich ein Merkmal für die Steinzeit sein, was einen bestimmten Umfang von Wissen und Fähigkeiten angeht, aber wenn's knifflig wurde, gab's sicherlich immer wieder Menschen, die sich in bestimmten Disziplinen hervor taten.
Ob es umherziehende Spezialistengruppen gab, die organisiert waren und engagiert wurden, ist eine hochinteressante Frage.
HG, Sculpteur
- Blattspitze
- Beiträge: 2572
- Registriert: 17.11.2007 17:38
- Wohnort: Hamburg
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Hmm, wie definieren wir denn "spezialisierte Handwerker"?
"Was an der Unverschämtheit des Heute
gegenüber der Vergangenheit tröstet, ist die
vorhersehbare Unverschämtheit der Zukunft
gegenüber dem Heute." Nicolás Gómez Dávila
gegenüber der Vergangenheit tröstet, ist die
vorhersehbare Unverschämtheit der Zukunft
gegenüber dem Heute." Nicolás Gómez Dávila
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Nun war ich ja bei der "Fragestellung" dabei.
Ich sehe es wie der Sculpteur, viele hatten Ahnung von vielem, aber ettliche hatten durch Erfahrung einfach mehr "knoffhoff" als andere und bekamen, wie ulfr es ausdrückt, den "Hut aufgesetzt" !
Sicher konnte jeder sein eigenes Messerchen basteln, aber ein Haus bauen ist einfach eine andere "Hausnummer"
Ich sehe es wie der Sculpteur, viele hatten Ahnung von vielem, aber ettliche hatten durch Erfahrung einfach mehr "knoffhoff" als andere und bekamen, wie ulfr es ausdrückt, den "Hut aufgesetzt" !
Sicher konnte jeder sein eigenes Messerchen basteln, aber ein Haus bauen ist einfach eine andere "Hausnummer"
Zuletzt geändert von Trebron am 04.03.2018 18:43, insgesamt 1-mal geändert.
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Nach meinem Verständnis wären spezialisierte Handwerker/innen solche, die über - durch vielschichtige Erfahrungen erworbene- Fähigkeiten und Wissenszusammenhänge verfügen, welche den Durchschnitt einer Bevölkerung übertreffen und die somit prädestiniert sind, bestimmte Tätigkeit umfangreicher, gekonnter, schneller, präziser, länger und haltbarer anzuwenden als der Durchschnitt. Auch die über Jahre erworbene Anpassung des Körpers an bestimmte Tätigkeiten spielt hierbei eine Rolle.
Beispiele:
Einen Knoten binden können viele Menschen irgendwie. Einen Knoten, der sich z.B. auch nach Zuglast auf ein Seil einfach wieder lösen lässt, beherrschen wenige (z.B. Webeleinsteg).
Natursteine (irgendwie) mittels Keilen spalten können sicherlich viele Menschen. Naturstein so spalten, dass der Naturstein korrekt bricht, beherrschen wenige.
Ein Dach mit Reet oder Stroh irgendwie eindecken, könnten sicherlich viele. Ein Dach mir Reet oder Stroh so eindecken, dass es nicht durchregnet, können sicherlich sehr wenige.
Höhenangst z.B. im Unterschied zu Schwindelanfällen ist sinnvolle Schutzfunktion des Körpers. Um sich z.B. an das Arbeiten in großen und gefährlichen Höhen (etwa in Dachstühlen oder auf Dächern, etwa an Steilhängen) zu gewöhnen, braucht es eine Weile (es sei denn, man ist Naturtalent).
Versierte Handwerker/innen zeichnen sich insbesondere auch dadurch aus, dass sie andere anleiten können und konstant routiniert erfolgreich auch über längere Zeiträume durcharbeiten können und die Gefahren ihres Tuns gut kennen und (hoffentlich) angemessen einschätzen können um eben diese Gefahren zu vermeiden (leider nicht immer selbstverständlich).
Ein Mensch, der z.B. mit einer Sense oder Sichel so gekonnt und sicher umgehen kann, dass sie auch tatsächlich gut schneidet und nicht zu rasch stumpf wird, ist nach meinem Verständnis ein guter Handwerker. Ebenso etwa ein Mensch, der ein Feuer gekonnt hütet, damit es nicht ausgeht und damit es optimal brennt, etwa um darauf zu kochen.
Das wesentliche am Erlernen und beherrschen eines Handwerks ist doch die durch vielschichtige Erfahrung gewachsene Bandbreite des Könnens und Wissens und dass Handgriffe in Fleisch und Blut übergehen.
Nicht ohne Grund wurden junge Menschen noch vor Jahrzehnten möglichst früh in die Lehre geschickt (z.B. mit 14 Jahren). Das erste Lehrjahr eines Auszubildenden - so ist es noch heute - ist in vielen Berufen nicht ohne Grund stark durch Zuschauen, Handlangern, und Zuarbeiten geprägt. So lernt man bereits eine ganze Menge und die Inhalte können sich allmählich auch lerntechnisch umsetzen.
Ganz besonders interessant in diesem Zusammenhang ist "der träumende handwerkende". in meiner eigenen Lehrzeit als Steinmetz und Steinbildhauer habe ich nachts von dem geträumt, was ich tagsüber in der Ausbildung tat (z.B. Scharieren). So festigt sich das Wissen und Können quasi "im Schlaf".
HG Sculpteur
Beispiele:
Einen Knoten binden können viele Menschen irgendwie. Einen Knoten, der sich z.B. auch nach Zuglast auf ein Seil einfach wieder lösen lässt, beherrschen wenige (z.B. Webeleinsteg).
Natursteine (irgendwie) mittels Keilen spalten können sicherlich viele Menschen. Naturstein so spalten, dass der Naturstein korrekt bricht, beherrschen wenige.
Ein Dach mit Reet oder Stroh irgendwie eindecken, könnten sicherlich viele. Ein Dach mir Reet oder Stroh so eindecken, dass es nicht durchregnet, können sicherlich sehr wenige.
Höhenangst z.B. im Unterschied zu Schwindelanfällen ist sinnvolle Schutzfunktion des Körpers. Um sich z.B. an das Arbeiten in großen und gefährlichen Höhen (etwa in Dachstühlen oder auf Dächern, etwa an Steilhängen) zu gewöhnen, braucht es eine Weile (es sei denn, man ist Naturtalent).
Versierte Handwerker/innen zeichnen sich insbesondere auch dadurch aus, dass sie andere anleiten können und konstant routiniert erfolgreich auch über längere Zeiträume durcharbeiten können und die Gefahren ihres Tuns gut kennen und (hoffentlich) angemessen einschätzen können um eben diese Gefahren zu vermeiden (leider nicht immer selbstverständlich).
Ein Mensch, der z.B. mit einer Sense oder Sichel so gekonnt und sicher umgehen kann, dass sie auch tatsächlich gut schneidet und nicht zu rasch stumpf wird, ist nach meinem Verständnis ein guter Handwerker. Ebenso etwa ein Mensch, der ein Feuer gekonnt hütet, damit es nicht ausgeht und damit es optimal brennt, etwa um darauf zu kochen.
Das wesentliche am Erlernen und beherrschen eines Handwerks ist doch die durch vielschichtige Erfahrung gewachsene Bandbreite des Könnens und Wissens und dass Handgriffe in Fleisch und Blut übergehen.
Nicht ohne Grund wurden junge Menschen noch vor Jahrzehnten möglichst früh in die Lehre geschickt (z.B. mit 14 Jahren). Das erste Lehrjahr eines Auszubildenden - so ist es noch heute - ist in vielen Berufen nicht ohne Grund stark durch Zuschauen, Handlangern, und Zuarbeiten geprägt. So lernt man bereits eine ganze Menge und die Inhalte können sich allmählich auch lerntechnisch umsetzen.
Ganz besonders interessant in diesem Zusammenhang ist "der träumende handwerkende". in meiner eigenen Lehrzeit als Steinmetz und Steinbildhauer habe ich nachts von dem geträumt, was ich tagsüber in der Ausbildung tat (z.B. Scharieren). So festigt sich das Wissen und Können quasi "im Schlaf".
HG Sculpteur
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Die bandkeramischen Siedlungen sind sehr organisch gewachsen, ein Haus nach dem anderen. Das spricht eigentlich eher für dorfinterne Projekte, aber wer weiß... Es gibt sicher Archäologen, die da mit dem Pendel weiterkommen
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
So wie ich es in meinem Post getan hab - in diesem speziellen Fall bzw. dieser Diskussion ging es zum einen um Planung und Ausführung eines LBK-Langhauses (gab es so etwas wie Bautrupps?) und zum anderen darum, ob jeder Bandkomiker sein Steinbeil selbst machte.Blattspitze hat geschrieben:Hmm, wie definieren wir denn "spezialisierte Handwerker"?
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Für Steinbeile gab es damals schon Vertriebwege und -systeme (bei uns zBp. Hornfels aus Siebenbürgen, für die Körös-Starcevo Äxte und Beile). Es kann sein, dass nur das Rohmaterial gehandelt wurde, wie beim Tokaj-Obsidian, oder auch Halbfabrikate, aber wenn nicht, dann muß man annehmen, dass die Beile von professionelle Beilherstellern (die über Wissen von Materialbeschaffenheit, Abbau, Heerstellung, Kontakte verfügten) gemacht und vertrieben worden sind. Die Schäfte sind eine andere Sache, Bäume wachsen ja überall und gewönliche Leute konnten vermutlich sowas auch selbst herstellen.
- Blattspitze
- Beiträge: 2572
- Registriert: 17.11.2007 17:38
- Wohnort: Hamburg
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
In diesem Artikel wurden die Kriterien für eine Charakterisierung handwerklicher Spezialisierung im Neol. mal ganz gut zusammengefasst (siehe Tab. 1):
http://www.academia.edu/5258583/Will_th ... c_Anatolia
Bestimmt war Talent, Wissen und Können auch damals ungleich verteilt. Bereits bei Jägern und Sammlern gibt es Beispiele für spezielle Tätigkeiten, die besonders gut / qualitätsvoll von einzelnen Individuen ausgeübt wurden, obwohl das know how allgemein bekannt war.
Echte handwerkliche Spezialisierung sehe ich erst dann erreicht, wenn jemand regelhaft einen großen Teil seiner (Arbeits-)Zeit mit dieser Tätigkeit verbringt, dafür von sonstigen Tätigkeiten (Nahrungsproduktion) über längere Zeiträume (Monate) freigestellt wird, und er/sie im Gegenzug verläßlich für seine Tätigkeit andere Produkte (Nahrungsmittel) erhält.
Fällt bereits die Inuit-Frau, die fantastisch gemachte Haut- und Fellkleidung nach komplexen Schnittmustern herstellt und die dafür über ein extremes Maß an Wissen und Können verfügt, darunter?
http://fredericback.com/ateliers/index. ... 4.en.shtml
Hausbau in der Bandkeramik: An echte "Basisdemokratie" in der frühen Bandkeramik mag ich nicht wirklich glauben. Solange die Hütte nicht zusammenbricht, könnte auch das zweitbeste Ergebnis ein nutzbares Gebäude erbringen. Da kann ich mir auch einen Gruppenchef vorstellen, der den besten Handwerker / Organisator in zweite Glied befiehlt, um selbst Anweisungen zu erteilen. Anschließend kann er seinen Status erhöhen/erhalten wenn er sich mit "seinem" Haus brüstet ...
http://www.academia.edu/5258583/Will_th ... c_Anatolia
Bestimmt war Talent, Wissen und Können auch damals ungleich verteilt. Bereits bei Jägern und Sammlern gibt es Beispiele für spezielle Tätigkeiten, die besonders gut / qualitätsvoll von einzelnen Individuen ausgeübt wurden, obwohl das know how allgemein bekannt war.
Echte handwerkliche Spezialisierung sehe ich erst dann erreicht, wenn jemand regelhaft einen großen Teil seiner (Arbeits-)Zeit mit dieser Tätigkeit verbringt, dafür von sonstigen Tätigkeiten (Nahrungsproduktion) über längere Zeiträume (Monate) freigestellt wird, und er/sie im Gegenzug verläßlich für seine Tätigkeit andere Produkte (Nahrungsmittel) erhält.
Fällt bereits die Inuit-Frau, die fantastisch gemachte Haut- und Fellkleidung nach komplexen Schnittmustern herstellt und die dafür über ein extremes Maß an Wissen und Können verfügt, darunter?
http://fredericback.com/ateliers/index. ... 4.en.shtml
Hausbau in der Bandkeramik: An echte "Basisdemokratie" in der frühen Bandkeramik mag ich nicht wirklich glauben. Solange die Hütte nicht zusammenbricht, könnte auch das zweitbeste Ergebnis ein nutzbares Gebäude erbringen. Da kann ich mir auch einen Gruppenchef vorstellen, der den besten Handwerker / Organisator in zweite Glied befiehlt, um selbst Anweisungen zu erteilen. Anschließend kann er seinen Status erhöhen/erhalten wenn er sich mit "seinem" Haus brüstet ...
"Was an der Unverschämtheit des Heute
gegenüber der Vergangenheit tröstet, ist die
vorhersehbare Unverschämtheit der Zukunft
gegenüber dem Heute." Nicolás Gómez Dávila
gegenüber der Vergangenheit tröstet, ist die
vorhersehbare Unverschämtheit der Zukunft
gegenüber dem Heute." Nicolás Gómez Dávila
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
@Blattspitze: Nach allen Charakteristika, die Handwerk ausmachen, ist das Können der Inuit-Frauen, Fell- und Hautkleider in dieser Qualität anzufertigen, hohe Handwerkskunst.
Mit dem imaginären Dorfchef der versiertere Handwerker in die zweite Reihe stellt, sprichst Du ja etwas an, das heute noch so ist wie es damals sicherlich auch war: Innovationsverlust durch Wichtigtuerei und Ranggebahren.
@Ulfr:
Natürlich kann es auch sein, dass geschickte Gemeinschaftsmitglieder als Alrounder die Planung und Errichtung von Langhäusern beherrschten und auch bei "Nachbargemeinden" abkupferten, oder sich ganz offen mit diesen austauschten um Innovationstransfer zu betreiben.
Das durchschnittliche Gesamtkönnen in Richtung Lebensnotwendigkeits-Allrounder dürfte insgesamt wesentlicher ausgeprägt gewesen sein, als bei vielen Menschen aus Wohlstandsgesellschaften heute. Die Menschen waren damals ja auch genötigt, schneller zu lernen und umzusetzen. Gerade die durchschnittlich kurze Lebenserwartung könnte ein Grund dafür gewesen sein, es sich mit den "Nachbarn" gut zu halten und sich gegenseitig zu unterstützen.
HG, Sculpteur
Mit dem imaginären Dorfchef der versiertere Handwerker in die zweite Reihe stellt, sprichst Du ja etwas an, das heute noch so ist wie es damals sicherlich auch war: Innovationsverlust durch Wichtigtuerei und Ranggebahren.
@Ulfr:
Natürlich kann es auch sein, dass geschickte Gemeinschaftsmitglieder als Alrounder die Planung und Errichtung von Langhäusern beherrschten und auch bei "Nachbargemeinden" abkupferten, oder sich ganz offen mit diesen austauschten um Innovationstransfer zu betreiben.
Das durchschnittliche Gesamtkönnen in Richtung Lebensnotwendigkeits-Allrounder dürfte insgesamt wesentlicher ausgeprägt gewesen sein, als bei vielen Menschen aus Wohlstandsgesellschaften heute. Die Menschen waren damals ja auch genötigt, schneller zu lernen und umzusetzen. Gerade die durchschnittlich kurze Lebenserwartung könnte ein Grund dafür gewesen sein, es sich mit den "Nachbarn" gut zu halten und sich gegenseitig zu unterstützen.
HG, Sculpteur
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Ist so ein Hausbau nicht eine Sache der gesamten Dorfgemeinschaft? Es mussten Bäume gefällt und bearbeitet werden, Weiden-oder Haselstecken geschnitten, Lehm gestampft und mit Gras oder Stroh vermengt werden, etc... Das heißt, jeder ob Groß oder Klein, Jung oder Alt, alle haben mit angefasst. Man hat also schon als Kind gelernt, worauf es ankommt. Ältere haben den Jüngeren gezeigt, wie man Dieses oder Jenes macht. So wahnsinnig kompliziert ist(war) ein Hausbau ja doch nicht. Heute sie
ht die Sache schon anders aus
ht die Sache schon anders aus
Was ich weis, füllt ein Wasserglas. Was ich nicht weis, einen Ozean
- AxtimWalde
- Beiträge: 229
- Registriert: 27.03.2013 19:32
- Wohnort: östlichstes Dorf Niedersachsens
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Mit der Fragestellung wird einmal wieder das seit langem bekannte Problem angesprochen, ob es sich um Handwerk oder Hauswerk handelt. M. E. gab es zu dieser Zeit keine Bautrupps, die von Baustelle zu Baustellen tingelten. Bei einer solch lichten Besiedlungsdicht, wie in Bandkeramik, erscheint ein Treffer eine vermeintliche Baustelle zu finden, wie ein Sechser im Lotto. Oder Umgekehrt: Mein Haus ist gerade zu Bruch gegangen; wo bleibt das Bau-Team?
Ich glaube wir haben Schwierigkeiten damalige Arbeitsprozesse zu analysieren, da wir heute aus einer Sicht heraus denken, die sich auf einer Basis von Spezialistentum und Nischenintelligenz gründet. ich denke, dass damals eine Art von Breitbandwissen vorhanden war, wie wir es heute nicht mehr kennen. Wie Blattspitze bemerkte dürfte es dennoch die unterschiedlichsten Talente in den Gemeinschaften gegeben haben. Sicherlich konnte der Eine mehr in einem Bereich als ein Anderer. Aber in der Gemeinschaft reichte das Gesamtwissen aus, um auch komplexere Gebäude zu erschaffen. (es lebe die Schwarmintelligenz).
Die Häuser wurden auch nicht von Heut auf Morgen gebaut, sondern unterliegen einer längeren Entwicklung. Ich hörte von vielen Leuten, die sich mit Hausbauentwicklung beschäftigen, dass es sich hierbei im Endeffekt um eine Weiterentwicklung des Zeltes handelt, im Prinzip nur aufgestelzt.
Augenfällig ist die doch langsam erscheinende Entwicklung der Häuser. Prinzipiell, auch wenn wir vermeintlich unterschiedliche Grundstrukturen haben, bleibt die Hauptkonstruktion über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende sehr ähnlich. Worauf wir auf den Generationswechsel der Häuser unseren Fokus richten sollten. Oft wird ein "Hausleben mit 20-30 Jahren angegeben, m. E. dürfte dieses aber bei 50+ liegen. (Passt vielleicht nicht ganz; aber unser ältestes Haus im b.z.-lichen Museum ist 28 Jahre alt und sieht nicht so aus, als ob es in den nächsten zwei Jahren zusammenbricht. Auch wenn es nicht ständig bewohnt ist, was die Lebensdauer erheblich erhöhen dürfte.) Dieses bedeutet, das ich pro 100 oder gar 150 Jahre gerade einmal 2 Häuser baue! (oder 14-20 Häuser/1000Jahre). Eine schleichende Entwicklung aufgrund der langen Haltbarkeit ist vorprogrammiert. Sollten spezialisierte Trupps herumreisen, darf man davon ausgehen, das die Entwicklungsrate wesentlich größer ist, da sie Fehler, Verbesserungen oder Erleichterungen beim Bau schneller erkennen dürften, was offensichtlich nicht der Fall ist! (Passt auch nicht in diese Zeit, aber: Ein spezieller Hausgrundriss, der für das südliche und mittlere Sachsen-Anhalt in die Älter Bronzezeit datiert, findet sich in unserer Region (Nord-Ost Niedersachsen) erst in der späteren Bronzezeit wieder (8oo-1000 Jahre)).
Resumee: Beim Hausbau dürfte die Dorfgemeinschaft das Rückgrat gebildet haben, wobei aus der näheren Region Hilfe ihnen zu Teil werden konnte. Die langsame Entwicklung des Hausbaus spricht hierfür und steht im Gegensatz zu den "tippelden" Wandergesellen.
Zu den Beilen möchte ich sagen, dass es , auch wenn es jetzt ein wenig überheblich klingt, nur wenig Spezialistentum benötigt ein Felsgestein in Form zu bringen gegenüber einem Flintgerät. Nicht jeder Fehlschlag ist letal. Und selbst das Schleifen der Objekte ist einfacher als beim Flint. Ich sehe auch hier keine Notwendigkeit eines speziellen Wissens.
LG
Kai
Ich glaube wir haben Schwierigkeiten damalige Arbeitsprozesse zu analysieren, da wir heute aus einer Sicht heraus denken, die sich auf einer Basis von Spezialistentum und Nischenintelligenz gründet. ich denke, dass damals eine Art von Breitbandwissen vorhanden war, wie wir es heute nicht mehr kennen. Wie Blattspitze bemerkte dürfte es dennoch die unterschiedlichsten Talente in den Gemeinschaften gegeben haben. Sicherlich konnte der Eine mehr in einem Bereich als ein Anderer. Aber in der Gemeinschaft reichte das Gesamtwissen aus, um auch komplexere Gebäude zu erschaffen. (es lebe die Schwarmintelligenz).
Die Häuser wurden auch nicht von Heut auf Morgen gebaut, sondern unterliegen einer längeren Entwicklung. Ich hörte von vielen Leuten, die sich mit Hausbauentwicklung beschäftigen, dass es sich hierbei im Endeffekt um eine Weiterentwicklung des Zeltes handelt, im Prinzip nur aufgestelzt.
(Exakt meine Meinung)Ragnar hat geschrieben: Man hat also schon als Kind gelernt, worauf es ankommt. Ältere haben den Jüngeren gezeigt, wie man Dieses oder Jenes macht. So wahnsinnig kompliziert ist(war) ein Hausbau ja doch nicht. Heute sieht die Sache schon anders aus
Augenfällig ist die doch langsam erscheinende Entwicklung der Häuser. Prinzipiell, auch wenn wir vermeintlich unterschiedliche Grundstrukturen haben, bleibt die Hauptkonstruktion über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende sehr ähnlich. Worauf wir auf den Generationswechsel der Häuser unseren Fokus richten sollten. Oft wird ein "Hausleben mit 20-30 Jahren angegeben, m. E. dürfte dieses aber bei 50+ liegen. (Passt vielleicht nicht ganz; aber unser ältestes Haus im b.z.-lichen Museum ist 28 Jahre alt und sieht nicht so aus, als ob es in den nächsten zwei Jahren zusammenbricht. Auch wenn es nicht ständig bewohnt ist, was die Lebensdauer erheblich erhöhen dürfte.) Dieses bedeutet, das ich pro 100 oder gar 150 Jahre gerade einmal 2 Häuser baue! (oder 14-20 Häuser/1000Jahre). Eine schleichende Entwicklung aufgrund der langen Haltbarkeit ist vorprogrammiert. Sollten spezialisierte Trupps herumreisen, darf man davon ausgehen, das die Entwicklungsrate wesentlich größer ist, da sie Fehler, Verbesserungen oder Erleichterungen beim Bau schneller erkennen dürften, was offensichtlich nicht der Fall ist! (Passt auch nicht in diese Zeit, aber: Ein spezieller Hausgrundriss, der für das südliche und mittlere Sachsen-Anhalt in die Älter Bronzezeit datiert, findet sich in unserer Region (Nord-Ost Niedersachsen) erst in der späteren Bronzezeit wieder (8oo-1000 Jahre)).
Ich glaube, dass dieser Ansatz nicht ausreicht. Sicherlich gibt es im Dorf den einen oder andern, der bestimmte "Probleme" lösen kannn. Allerdings gehe ich davon aus, das eine Dorfgemeinschaft auch zu den Nachbarn gewisse Kontakte hatte, die in kniffeligen Fragen Hilfe bringen könnte und ein Austausch der Informationen wohl existent war.Ragnar hat geschrieben:Ist so ein Hausbau nicht eine Sache der gesamten Dorfgemeinschaft?
Resumee: Beim Hausbau dürfte die Dorfgemeinschaft das Rückgrat gebildet haben, wobei aus der näheren Region Hilfe ihnen zu Teil werden konnte. Die langsame Entwicklung des Hausbaus spricht hierfür und steht im Gegensatz zu den "tippelden" Wandergesellen.
Zu den Beilen möchte ich sagen, dass es , auch wenn es jetzt ein wenig überheblich klingt, nur wenig Spezialistentum benötigt ein Felsgestein in Form zu bringen gegenüber einem Flintgerät. Nicht jeder Fehlschlag ist letal. Und selbst das Schleifen der Objekte ist einfacher als beim Flint. Ich sehe auch hier keine Notwendigkeit eines speziellen Wissens.
LG
Kai
Was kümmert´s eine deutsche Eiche, wenn sich eine Sau an ihr schubbert
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Hallo AxtimWalde,
den Begriff "Hauswerk" in der Abgrenzung zum "Handwerk" empfinde ich als irreführend, bzw. er ist mir völlig neu. Wo kann ich denn mehr über diesen Begriff lesen, bzw. auf welchen Forschungszusammenhang bezieht sich diese Begrifflichkeit und wer hat den Begriff geprägt, bzw. definiert?
Danke!
HG, Sculpteur
den Begriff "Hauswerk" in der Abgrenzung zum "Handwerk" empfinde ich als irreführend, bzw. er ist mir völlig neu. Wo kann ich denn mehr über diesen Begriff lesen, bzw. auf welchen Forschungszusammenhang bezieht sich diese Begrifflichkeit und wer hat den Begriff geprägt, bzw. definiert?
Danke!
HG, Sculpteur
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Ist dasselbe wie "Hausfleiß", siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Hauswerk
Einige Infos zum Thema finden sich auch in dem zwei Bänden:
Das Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit https://www.amazon.de/Handwerk-vor-fr%C ... 3525824025
Steht hier schon etwas länger im Regal, bin aber bisher nicht recht zum Lesen gekommen. Hole ich jetzt nach ...
Einige Infos zum Thema finden sich auch in dem zwei Bänden:
Das Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit https://www.amazon.de/Handwerk-vor-fr%C ... 3525824025
Steht hier schon etwas länger im Regal, bin aber bisher nicht recht zum Lesen gekommen. Hole ich jetzt nach ...
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Hubertus Meyer-Burckhardt
oeis
Re: Handwerk in der Steinzeit ...
Danke Ulfr!