Seite 1 von 1

Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 31.03.2018 16:59
von enrohs
Bild
Hallo,

der Fund dieses kleinen, beschliffenen Ovalbeils im Süden Sachsen-Anhalts hat mich besonders verwundert und erfreut. Diese Feuersteinbeile sind doch eher typisch für Norddeutschland.?
Im wesentlichen finde ich hier aber bandkeramische Artefakte. Die Bandkeramiker schliffen ihre Querbeile aber aus Felsgestein. In der Nähe sind aus Luftbildern Baalberger trapezförmige Grabenanlagen bekannt, auch Schnurkeramiker, Michelsberger und Glockenbecher-Leute waren hier.
Das Beil ist recht pragmatisch hergestellt, nur die Schneide ist schön beschliffen. Sowohl die Schneide als auch die Grate im hinteren Bereich weisen einen feinen Glanz auf. Das Beil wurde wohl benutzt.
Wem gehörte das Beil aus hellgrauem Flint mit fossilen Einschlüssen? Kann man die Herkunft des Feuersteins bestimmen, im nordischen Geschiebe ist er mir noch nicht aufgefallen.

Viele Grüße

Bild

Bild

Bild

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 01.04.2018 11:10
von ulfr
Schöner Fund, Enrohs!
Wie Du weißt, ist es schwer (und auch nicht wirklich seriös :8:), Flintsorten nach Fotos zu bestimmen.
Prüfe nochmal die Oberfläche an einer nicht geschliffenen Stelle:
Ist sie eher glasig und glatt, dann könnte es sehr heller Falsterflint sein.
Ist sie eher rau und matt, dann könnte es Danflint sein.
Anhand der Einschlüsse tippe ich eher auf ersteres, ich habe hier auch noch ähnliche Knollen rumliegen.
Beide Sorten finden sich innerhalb des Feuersteingebietes, in Sachsen-Anhalt noch in den Moränenschottern des Saale-Stadials.
Von der Machart her würde ich auf Einzelgrabkultur tippen, deren Beile sind oft, wie Du schreibst, sehr pragmatisch hergestellt und nur im Schneidenbereich überschliffen.

Aber wie heißt es immer so schön: Alle Angaben ohne Gewähr :lol:

Was meinen Blattspitze oder Flintsource?

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 01.04.2018 18:20
von enrohs
Hallo ulfr,

vielen Dank für deine Meinung! Der Flint erscheint mir weniger glasig, eher rauh und matt.
Die Hinweise verdichten sich in Richtung Trichterbecherkultur, zumal Grabenwerke der Baalberger Gruppe in der Nähe sind.

Bild
Bild von Google earth
Hier ein ähnliches Stück: http://objekte-recherchieren.museen-sta ... e2558effc5

Aber nun habe ich hier tatsächlich noch einen Erntegeräteeinsatz aus einem vergleichbaren Flint von der gleichen Fundstelle:
Bild

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 02.04.2018 06:30
von Sculpteur
Imho mal eine Frage: "Form follows function (and material)".
Waren die Teile Multitools?

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 02.04.2018 09:50
von ulfr
Die weiße Farbe ist nicht Produkt von Verwitterung (Patinierung)?

Dein Beil könnte tatsächlich auch dem Vierwitz-Typ ähneln, wäre also eher an den Beginn des Neolithikums zu stellen:

http://www.monument.ufg.uni-kiel.de/upl ... MSD_03.pdf

siehe S. 115

Dazu passen würde Dein "Erntegerät", es könnte sich um ein "Scheibenmesser" handeln, typisch für die TBK.

Das Beil aus Deinem Recherche-Post ist m.E. eher ein mittelneolithisches spitznackiges Beil, wahrscheinlich ein Dechsel, man kann leider nicht aus dem Bild ablesen, ob die Schneide hohl ist

Aber warte mal, was Blattspitze sagt ... :18:
sculpteur hat geschrieben:Waren die Teile Multitools?
Es handelt sich hier um zwei verschiedene Geräte, Sculpteur, ersteres ein Beil, letzteres ein Werkzeug aus einem
Abschlag.

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 02.04.2018 18:11
von enrohs
Patiniert ist der Feuerstein meines Erachtens nicht. Das wäre hier auch untypisch.
Das Neolithikum fängt bei uns mit der Linienbandkeramik an. Dahin passt das Beil nicht.
Das Erntegerät bezeichne ich als solches, da es Gebrauchsglanz an der Schneide aufweist. Bandkeramische Erntegeräteeinsätze finde ich öfter mal. Diese sind aber weit weniger retuschiert, deshalb fällt das hier gezeigte Artefakt schon aus dem Rahmen, es könnte also durchaus jünger sein.

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 03.04.2018 12:26
von Sculpteur
Danke Ulfr,
Ich habe versäumt, deutlich zu machen, dass ich vorrangig die erste Variante zu Beginn des Posts meinte.
Ist bei solchartigen Beilklingen mit geschliffenen Schneiden davon auszugehen, dass sie für diverse Arbeiten verwendet wurden, oder dienten solche Beule z.B. ausschließlich für die Hoözbearbeitung?

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 03.04.2018 18:30
von Blattspitze
Hallo Enrohs,
das könnte gut nordischer Flint bei beiden Stücken sein, die hellgraue Farbe gibt`s hier oben recht häufig, "Falster Flint" aus der Knollenmitte patiniert z.B. häufig hellgrau bis weiß in weniger humosem bzw. moorigem Milieu. Näheres dürfte eine Fossilien - Bestimmung geben, aber da bin ich kein Spezi.
Ich vermute, die grobe bifaziale (als einfachste und naheliegendste) Form und die geringe Größe spricht weniger für Standard-Export aus nordischen Werkstätten als vielmehr für eine ad hoc Ausführung nicht allzu weit vom Fundort. Eine eindeutige kulturelle Zuweisung traue ich mir nicht zu. Der retuschierte Abschlag ist m.E. kein TBK-"Scheibenmesser".
Gruß Marquardt

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 04.04.2018 09:23
von ulfr
Sculpteur hat geschrieben:ausschließlich für die Hoözbearbeitung?
Davon gehe ich aus - wofür sollte man solch ein kleines Beilchen sonst benützen?

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 05.04.2018 08:50
von Sculpteur
Danke, Ulfr, die Frage, mit der ich mich zur Zeit beschäftige ist, ob mit solchartigen Beilen oder Beilchen stellenweise auch Naturstein bearbeitet wurde..
Grüße, Sculpteur

Re: Ovalbeil aus Feuerstein

Verfasst: 05.04.2018 09:07
von ulfr
Mit Sicherheit nicht, denn die Schneide würde sich sofort in Silikatpulver auflösen :2:
Man hat zwar Flint zur Steinbearbeitung verwendet, wenn es darum ging, Beile und Äxte aus Felsgestein zu formen - siehe Picktechnik, mehr dazu beim Wagrier - und dazu hat man auch zerbrochene Beile genutzt, aber eben erst, als sie schon kaputt waren.
Flint ist so spröde, dass er sogar bei der Berührung mit Sandstein splittert.