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Steine sägen mit der Pendelsäge

Verfasst: 09.05.2018 13:35
von Blattspitze

Re: Steine sägen mit der Pendelsäge

Verfasst: 09.05.2018 21:15
von TZH
Das alles finde ich klasse!
Es kann ja gut sein, das es nicht so gemacht wurde, aber die versuche zeigen ja, auf wie viele Wegen es gemacht wurden konnte.

Re: Steine sägen mit der Pendelsäge

Verfasst: 11.05.2018 06:33
von Sculpteur
Danke für diese interessanten Links!
Sie zeigen wieder einmal mehr auf, wie viele in der Wissenschaft schön weiter ihr eigenes Süppchen kochen, damit daraufhin dann gleich wieder tolle, aber lückenhafte Berichte darüber veröffentlicht werden können.

Es ist ja schön, dass die beiden Herren mit ihrem auf teilweise vagen Spekulationen und Eigeninterpretationen fußenden Experiment Spaß Freude und gute Arbeitsergebnisse hatten!

Das würde normalerweise möglicherweise viele Steinmetzen und Steinbildhauer freuen, wenn es sich dabei nicht um unausgegorenes Halbwissen handeln würde.

Es ist mal wieder typisch, wie die Wissenschaft hier auf altbekannte Weise vorgeht:

Andere Erkenntnisse und Realisierungen zum Thema werden nicht wahrgenommen oder ignoriert. Aus ersten Erfolgen werden dann Schlussfolgerungen gezogen, die sogleich in die Bildung ganzer Theoriegebäude z.B. über den kulturellen Austausch von Völkern einfließen. Teilweises Halbwissen wird gepaart mit spektakulär wirkenden Konstruktionen Marke Eigenbau, die nichts konkretes darüber Aussagen, ob und wie sich die Dinge tatsächlich zugetragen haben.
Hier wird ein Theorie-Kartenhaus errichtet, das auf sehr dünnen, "tönernen" Karten fußt, die nicht einmal herausgezogen werden müssen, damit es vielleicht schneller zusammenbricht, als einen Inch tief gesägt werden kann.

Im ersten Artikel favorisiert der Autor reißerisch eher den eingengten Blick auf seinen faszinierenden Vergleich mit Edgar Ellan Poes "Pendel des Schreckens", anstatt seinen Blick geweitet zu halten für größere Zusammenhänge.

Bezugnahme auf die Veröffentlichungen von Denis A. Stocks zum Thema Hartgesteinsbearbeitung im Alten Ägypten konnte ich bisher im Atikel und auch im PDF nicht finden, aber das mag der Leselupenmentalität auf einem Mobiltelefon geschuldet sein.

Die theoretische Wissenschaft braucht bereits in der Grundlagenausbildung mehr Praxisausbildung (z.B. am Stein)! Dann erübrigen sich manche leichterhand errichtetenTheoriegebäude vielleicht von selbst!
:roll: :idea: :doubt:

Grüße, Sculpteur

Re: Steine sägen mit der Pendelsäge

Verfasst: 14.05.2018 09:25
von Blattspitze
Warum ist die rekonstruierte Pendelsäge eher nicht für die hinterlassenen Sägespuren verantwortlich?
Zitat aus dem zweiten link (Artikel von J. Seeher v. 2008):
"Dass die Pendelsäge ... im Prinzip funktioniert, konnten wir mit einem Nachbau unter Beweis stellen ... . Dass dies aber dennoch nicht der Apparat ist, mit dem die konkaven Sägeschnitte in der Spätbronzezeit erzeugt worden sind, ergibt sich aus einem anderen Befund: Schwandner ging davon aus, dass die Radien der Sägeschnitte bei knapp 140 cm lägen.
Küpper stellte jedoch fest, dass die Radien sehr stark variieren. In Tiryns ermittelte er bei den Antenblöcken und Basen Radien zwischen 100 cm und 260 cm und bei den Schwellen zwischen 350 cm und 550 cm; in Mykene liegt der Radius des Kreisbogens auf einer Schwelle sogar bei 750cm. Überdies kommen unterschiedliche Radien am selben Steinblock vor, was eine sehr variable Konstruktion des Pendelgestells voraussetzen würde"

Seeher schlägt eine "Rückensäge" statt der Pendelkonstruktion vor, diese hinterlässt den Originalen ähnlichere Spuren (und ist außerdem viel einfacher konstruiert).
Bild
Quelle: Seeher, J. 2008
Ich fand das sehr interessant, konkave Sägeschnitte sind mir auch in Ägypten aufgefallen ...
D. Stocks rekonstruiert für die (älteren) ägyptischen Steinsägekonstruktionen jedoch lange gerade Kupferblätter.

Re: Steine sägen mit der Pendelsäge

Verfasst: 15.05.2018 14:09
von Sculpteur
@Blattspitze:
Hallo Blattspitze, ohne Zweifel: Die Experimente sind SEHR interessant, auch aus steinmetztechnischer Sicht. Auch die Frage der konkaven Schnitte ist ein Bereich mit Klärungsbedarf.
Es gibt jedoch sehr viele Experimente im Narursteinbearbeitungs- und z.B. auch -transportbereich. Dabei wird jedoch von der wissenschaftlichen Seite aus stets auf die Notwendigkeit von Quellen, also von überlieferten Vorlagen gepocht, weil ja sonst vieles möglich ist.
Es wird meiner Ansicht und Erfahrung nach auch von der Wissenschaft oftmals unterschätzt, was mit purem Muskelschmalz und ohne aufwändige Konstruktionen möglich ist. Grundständiges Steinmetzwissen, dass für solche Experimente meines Erachtens und beobachtbar vonnöten wäre, fehlt oftmals.
Bei solchen Experimenten mutet mir deshalb an:"Funktion follows form". Es sollte aber für Ergebnisse mit entsprechend durchschlägiger Aussagekraft anders herum sein: "form follows function".
Wie viel Sinn machen Eigeninterpretationen - und seien sie noch so naheliegend, aufwändig und teuer, wenn letztlich keine wirklich neue Erkenntnis dabei zutage gefördert werden darüber, wie damals in den verschiedenen Bereichen wirklich vorgegangen wurde.
DASS die antiken Völker Steine mit Bravour sägen könnten, wissen wir schon längst.
Eine Eigeninterpretation im Bereich des Steinesägens wäre aber ebenso gewagt wie der Versuch, nach Herodots Beschreibungen eine Steinblockhebemaschine nachzubauen. Und genau das wird vielen "Amateuren" und Enthusiasten immer wieder von z.B. der universitären Ägyptologie vorgeworfen: Dass solches Vorgehen "unwissenschaftlich" sei.

Herzliche Grüße, Sculpteur