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Der hethitische Schwerttyp

Verfasst: 15.01.2022 08:42
von Pitassa
Strabo bezeichnete die Hethiter als Halizonen, weil sie ihre Residenz im Halysbogen hatten. Der Fluss Halys entspringt dem anatolischen Plateau und mündet nordwärtsgehend ins Schwarze Meer. Nonnos von Panopolis dahingegen bezeichnete die östlich des Tatta Sees gelegene Landschaft als Morimene, benannt nach Moria, der großen Stadt am Fluß Kappadoks. Dieser Fluß Kappadoks gab der Landschaft Morimene später den Namen Kappadokien.

1991 entdeckte Peter Neve in der Oberstadt von Hattusa ein Schwertheft, welches eindeutig als hethitisches Schwert identifiziert werden konnte. 1993 ordnete Armgart Geiger dieses Schwertheft einem hethitisches Schwerttyp zu, dem Griffangelschwert. Ein besonderes Merkmal dieses Schwerttyps ist, dass sein Griff erstmals mittels einer Parierstange mit der Klinge verbunden wurde. Diese Technik findet sich im Speculum Naturale des Vincent von Beauvais im Kapitel De Plumbo dargestellt. Die Parierstange wurde in die mit einer Höhlung versehene bronzene Klinge eingeführt und dann mit Antimon vergossen. Letzteres dehnt sich beim Abkühlen aus, was die besondere Eigenschaft des Schwarzbleis ist. Weitere hethitische Schwerter konnte Barbara Niemeier 2001 in mykenischen Gräbern am Degirmentepe zu Milet nachweisen. Sie finden sich erstmals in der von Tahsin Özgüc kuratierten Ausstellung über die Hethiter dargestellt, sowie erneut in den Thüringer Mitteilungen 2014.

Mir wäre sehr daran gelegen, wenn dieses Thema hier beizeiten aufgegriffen und peu à peu erarbeitet und erschlossen werden würde.

Beste Grüße

Pitassa

:rhino:

Quellen :
Beauvais, Vincent von : Speculum Naturale, De Plumbo, Das Buch vom Blei.
Geiger, Armgart : Ein Schwertheft aus dem Tempelviertel der Oberstadt von Boghazköy-Hattusa. In : Istanbuler Mitteilungen, Bd. 43, Tübingen 1993.
Mannert, Konrad : Die Geographie der Griechen und Römer.
Müller-Karpe, Andreas : Altanatolisches Metallhandwerk, Neumünster 1994.
Niemeier, Barbara : Die Gefäßkonstruktion zweier hethitischer Schwerter aus den mykenischen Gräbern vom Degirmentepe bei Milet. In : Istanbuler Mitteilungen, Bd. 64, Tübingen 2014.
Peek, Werner : Lexikon zu den Dionysiaka des Nonnos.
Willinghöfer, Helga : Die Hethiter und ihr Reich. Das Volk der 1000 Götter, Ausstellungskatalog, Stuttgart 2002.

Re: Der hethitische Schwerttyp

Verfasst: 19.01.2022 10:28
von Blattspitze
Pitassa hat geschrieben:Mir wäre sehr daran gelegen, wenn dieses Thema hier beizeiten aufgegriffen und peu à peu erarbeitet und erschlossen werden würde.
Wow, ein fundierter Post! Die Antimon-Info ist sehr interessant.
Das Thema wurde aufgegriffen ( :41: von Dir), ich bezweifle aber, dass hier jemand besser über hethitische Schwerter Bescheid weiß als Du. Ich habe ein begrenztes Wissen über bronzezeitliche Schwerter im Norden und ein deutlich begrenzteres über mittel- und südeuropäische / mediterrane Typen (Naue forever) ...
Ich bin ja eher von der visuellen Sorte, meinst Du solche:
https://nat.museum-digital.de/index.php ... oaded=true

Re: Der hethitische Schwerttyp

Verfasst: 19.01.2022 15:17
von Pitassa
Schöön, dass ist eine herrliche Aufnahme !

Soweit ich das auf Anhieb erkennen kann, dürfte es sich bei dem gezeigten Handgriff um einen von jenen in Milet gefundenen Griffangelschwertern handeln. Diese Aufnahme kannte ich bis dato noch nicht und bin darüber angenehm überrascht. Das ist auf jeden Fall der Teil eines hethitischen Griffangelschwertes ! Die Parierstange führt aus der teilweise erhaltenen Klinge direkt in den Griff, der ohne Nieten einfach aufgeschoben wurde und sich ohne Kniff nicht wieder lösen lässt.

Herzlichen Gruß

Pitassa :4:

Re: Der hethitische Schwerttyp

Verfasst: 31.03.2022 14:15
von Pitassa
Hallo zusammen,

ich möchte die Darstellung des klassischen hethitischen Schwerttyps in diesem Beitrag noch einmal vertiefen und anhand einiger Abbildungen wie folgt veranschaulichen :

Im Jahre 2002 stellte Wolf-Dietrich Niemeier in seinem Beitrag (1) zur Ausstellung "Die Hethiter und ihr Reich - Das Volk der 1000 Götter" anhand der in Milet gemachten Funde den hethitischen Schwerttyp vor. (2) Dem vorausgegangen war im Jahre 1991 die in dem Tempelbezirk in der Oberstadt von Hattusa von Peter Neve gemachte Entdeckung eines hethitischen Schwertheftes. Dieses wurde 1993 durch Armgart Geiger publiziert und als hethitisches Griffangelschwert identifiziert. (3) Im Zuge dessen stellte sie es mit anderen Griffangelschwertern ins Verhältnis, wobei sich ergab, dass nur der benachbarte Bundesgenosse der Hethiter, namentlich Ugarit, ebenfalls solche Griffangelschwerter herstellte. (4) Des weiteren wurde deutlich, dass das in Tell Atchana, der einstmals hethitischen Stadt Alalakh gefundene Griffangelschwert mit einem der in Milet gefundenen bronzenen Schwerter vom Typ und Aussehen her identisch ist.
Der_hethitische_Schwerttyp_Aus_Armgart_Geiger_Ist.Mitt.1993_Abb.2a-c_.jpg
Quelle : Geiger, Armgart : Ein Schwertheft aus dem Tempelviertel der Oberstadt von Bogazköy-Hattusa, Istanbuler Mitteilungen, Bd. 43, Tübingen 1993, Abb. 2. Mit freundlicher Genehmigung von Armgart Geiger.

1994 hatte Andreas Müller-Karpe in seinem Aufsatz "Anatolische Bronzeschwerter und Südosteuropa" schließlich dazu aufgefordert, dass der hethitische Schwerttyp genauer untersucht und als ein eigenständiger Typ dargestellt werden müsste. (5) Dies tat Niemeier 2002. Im Jahre 2014 legte Barbara Niemeier dann die Ergebnisse einer weiteren Untersuchung vor, in welcher sie den Aufbau der Gefäßkonstruktion der Handgriffe zweier hethitischer Schwerter aus Milet eingehend analysiert und rekonstruiert hatte. (6) In der Antikensammlung der Staatlichen Museen Berlin werden diese beiden Schwerter aus Milet ebenfalls als hethitische Schwerter vorgestellt. (7) Zuletzt griff Milos Rohácek diese Ergebnisse auf und stellte den hethitischen Schwerttyp nochmals als solchen vor. (8)

Literaturangaben zu den verwendeten Quellen :

(1) Niemeier, Wolf-Dietrich : Hattusa und Ahhijawa im Konflikt um Millawanda / Milet. In : Willinghöfer, Helga ; Hasekamp, Uta ; Özgüc, Tahsin : Die Hethiter und ihr Reich - Das Volk der 1000 Götter, Bonn 2002, S. 294 - 299.
(2) Niemeier, Wolf-Dietrich : Ebenda, S. 297, Abb. 4, sowie Text S. 298.
(3) Geiger, Armgart : Ein Schwertheft aus dem Tempelviertel der Oberstadt von Bogazköy-Hattusa. In : Istanbuler Mitteilungen, Bd. 43, Tübingen 1993.
(4) Geiger, Armgart : Ebenda, Abb. 2 a-d.
(5) Müller-Karpe, Andreas : Anatolische Bronzeschwerter und Südosteuropa. In : Festschrift für Otto-Herman Frey, Marburg 1994, S. 431 - 444.
(6) Niemeyer, Barbara : Die Gefäßkonstruktion zweier hethitischer Schwerter aus den mykenischen Gräbern von Degirmentepe bei Milet. In : Istanbuler Mitteilungen, Bd. 64, Tübingen 2014, S. 223 - 236.
(7) Antikensammlung, Staatliche Museen Berlin, Hethitisches Schwert, Inv. Nr. 31690,4 im Link : https://smb.museum-digital.de/object/9323 Foto von : Unbekannt. Sowie : Ebenda, Hethitisches Schwert, Inv. Nr. 31690,5 im Link : https://smb.museum-digital.de/singleima ... cenr=11820 Foto von : Norbert Franken.
(8) Rohácek, Milos : A marriage of the Aegean and the Orient. Bronzes of the Siana group reconsidered. In : Studia Hercynia, Vol. XXII / 2, Prag 2018, S. 59, Fig. 3.

Im nächsten Beitrag folgt noch ein Foto des hethitischen Schwertes der Antikensammlung der Staatlichen Museen Berlin, welches unter der Inv. Nr. 31690,4 in Non-Commercial-Share gegeben wurde. Es handelt sich um eines der in Milet gefundenen Bronze Schwerter welches vom Typ her mit dem bei Geiger (1993), Abb. 2 b in Alalakh (Tell Atchana) gefundenen Schwert identisch ist, denn bei dem entsprechenden Milet Schwert ist lediglich der Knauf abgebrochen. Datierung jeweils ca. 13. Jh. v. Chr.

Gruß in die Runde

Pitassa :hirsch:

Re: Der hethitische Schwerttyp

Verfasst: 31.03.2022 16:30
von Pitassa
Hier, in Ergänzung zu dem soeben geposteten Beitrag, nun zum Vergleich des bei Geiger (1993), Abb. 2 b gezeigten hethitischen Griffangelschwertes aus Alalakh noch ein Foto des in der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin unter der Inv. Nr. 31690,4 gezeigten Griffangelschwertes aus Milet :
Hethitisches_Griffangelschwert_JEPG_aus_Milet_JEPG_SMB_Foto_Unbekannt_Inv.Nr._31690_4_.jpg
Bildnachweis : Antikensammlung, Staatliche Museen zu Berlin, Inv. Nr. 31690,4. Foto : Unbekannt. Das Bildmotiv des SMB wurde in die Horizontale gedreht. Das Foto wurde von den SMB unter der Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 in Non Commercial-Share übergeben und darf unter diesen Maßgaben frei genutzt werden.

Ich war erst nach einem Hinweis von Blattspitze darauf gestoßen. Leider ist das hier abgebildete Foto etwas klein geraten. :20 Daher sei an dieser Stelle nochmals auf den entsprechenden Link der Antikensammlung des SMB hingewiesen : https://smb.museum-digital.de/object/9323 und

ein herzlicher Gruß in die Runde getan

Pitassa :hallo: