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Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 10:45
von Pitassa
Das Zahlungswesen der alten Ägypter beruhte im wesentlichen auf einem Korngiro, welches unter anderem anhand von zahllosen Ostraka nachgewiesen wurde. Obwohl die Urkunden des dazugehörigen Girobanknotariats fast ausschließlich in griechischer Sprache abgefasst wurden und somit also der ptolemäischen und römischen Zeit angehören, scheint der demselben zugrunde liegende Korngiro selbst bereits in einer weitaus früheren Zeit eingeführt worden zu sein.
Siehe dazu :
http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:zbw-retromon-77125
Quellenangabe :
Preisigke, Friedrich : Girowesen im griechischen Ägypten, enthaltend Korngiro, Geldgiro, Girobanknotariat - mit Einschluss des Archivwesens, Strassburg 1910.
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 12:18
von Sculpteur
Hallo Pitassa, ich weiß natürlich nicht, ob das den anderen auch so geht, aber bei mir wird angezeigt, dass der von Dir gepostete Link auf eine unsichere Verbindung lenkt, weshalb ich ihn nicht abrufen kann.
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 13:15
von Pitassa
Hi Sculpteur,
der Download des Volltextes wird vom ZBW, Leibnitz-Informationszentrum für Wirtschaft in Kiel zur Verfügung gestellt und läuft über das Fachportal EconBiz. Dieses wird seinerseits vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Vermutlich hast du auf deinem Rechner einem zu scharfen Blockiersystem zugestimmt und dieses damit installiert. Plopp, alle älteren http Adressen nicht mehr ohne Warnhinweis, oder gar nicht mehr erreichbar. Dadurch bis du zwar save, aber es geht erheblich Content ungesehen an dir vorbei, gerade auch deshalb, weil er mitunter gar nicht mehr angezeigt wird.
Versuche es doch vielleicht noch einmal über die Suchmaschine des ZBW unter :
https://www.zbw.eu/de/service/
oder :
https://www.econbiz.de/Search/Results?l ... =AllFields
darüber müsstest du das Werk von Preisigke über den Korngiro weiterhin als Download erreichen können. Der Volltext dort zieht 582 MB Datenvolumen. Viel Vergnügen mit der Lektüre !
Die mutmaßlichen Anfänge des Korngiro
Zur ersten Einführung des Korngiro nehme ich an, dass dies bereits in der Zeit des Sennefer stattgefunden haben wird, welcher unter dem Pharao Amenhotep III. (1388 - 1351) die Funktion eines obersten Scheunenvorstehers inne hatte. Im Grab des Sennefer (TT 96) finden sich erstmals große Kornspeicher bildlich dargestellt. Sennefer, der oberste Scheunenvorsteher des Amun zu Theben, wird auf einer Leiter stehend dargestellt, während sein Dienstherr, Pharao Amenhotep III. auf der Kuppel eines dieser Kornspeicher steht und den Göttern opfert. Sein älterer Stiefbruder Amenemope Pairi hatte bereits unter dem Pharao Amenhotep II. (1428 - 1397) im Süden das Amt eines Wesirs inne. Hier dürfte meines Erachtens nach der Beginn des ägyptischen Korngiro anzusetzen sein, also kurz nach 1400 v. Chr. Der Korngiro hatte den Ostraka zufolge offenbar auch bereits für die Entwicklung der pharaonischen Wirtschaft eine große Bedeutung erreicht und Getreide dürfte dort der ursprüngliche Währungsanker gewesen sein.
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 14:58
von Sculpteur
Hallo Pitassa, Du hast natürlich vollkommen recht: Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist die Badehose schuld.
Dann werde ich mir mal meine Einstellungen vorknöpfen.
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 16:11
von Pitassa
Handtuch nicht vergessen !!
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 20:00
von Pitassa
Die von den Ägyptern im Korngiro verwendeten Einzahlungs- und Auszahlungsbescheinigungen, welche seitens der Beamten der staatlichen Kornspeicher seinerzeit ausgestellt und verbürgt wurden, sind in der Regel auf Ostraka, also Tonscherben, geschrieben worden. Einzahlungsbelege konnten dabei durchaus wie Geld umlaufen und wurden häufig sogar den seit ptolemäischer Zeit geprägten Münzen vorgezogen. Einige dieser auf Ostraka fixierten Quittungen seien hier beispielhaft vorgestellt, wobei häufig nicht ganz klar ist, ob es sich dabei um einen Auszahlungs- oder Einzahlungsbeleg handelt. Die hier nun gezeigten Ostraka stammen aus einer Abhandlung von Ulrich Wilcken (1899) und sind daher gemeinfrei.
Legende :
Tafel I, No. 8 : Ostrakon, Quittung aus der Zeit des Kaisers Tiberius, ausgestellt vom Kornspeicher in Elephantine oder Syene. Siehe dazu Wilcken, Buch 2, Seite 3.
Tafel I, Nr. 43 : Ostrakon, Quittung aus der Zeit des Kaisers Domitian, ausgestellt vom Kornspeicher in [ ... ] über eine Geldzahlung. Siehe dazu Wilcken, Buch 2, S. 12.
Tafel II, No. 173 : Ostrakon, Quittung aus der Zeit des Kaisers Antoninus Pius, ausgestellt vom Kornspeicher in Syene. Siehe dazu Wilcken, Buch 2, S. 51.
Tafel II, No. 842 : Ostrakon, Quittung aus der Zeit des Kaisers Hadrian, ausgestellt vom Kornspeicher in Theben, Südbezirk. Siehe dazu Wilcken, Buch 2, S. 221.
Tafel III, No. 1027 : Ostrakon, Quittung aus der Zeit des Kaisers Trajan, ausgestellt vom Kornspeicher in Theben über die Einzahlung / Auszahlung von tritici artabas (30 Scheffel) Getreide. Siehe dazu Wilcken, Buch 2, S. 277.
Tafel III, No. 1266 : Ostrakon, Quittung aus der Zeit des Kaisers Trajan, Siehe dazu Wilcken, Buch 2, S. 338.
Alle Abbildungen sind Gemeinfrei und befinden sich in public domain.
Quellenangabe :
Wilcken, Ulrich : Griechische Ostraka aus Ägypten und Nubien : ein Beitrag zur antiken Wirtschaftsgeschichte, Buch 2, Kommentar, Leipzig 1899.
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 06.11.2022 20:40
von Sculpteur
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 11.11.2022 18:12
von Pitassa
Ein wichtiges Indiz dafür, dass die erste Einführung des Korngiro in Ägypten chronologisch deutlich früher anzusetzen ist als die ptolemäische Zeit, ergibt sich aus dem Papyrus Louvre E 3228 E bzw. E 3228 B. Die auf diesem Papyrus fixierte Urkunde regelt ein Getreidedarlehen, welches im 13. Regierungsjahr des Pharao Schabaka (713 - 698 v. Chr.), oder des Pharao Taharqa (690 - 664), zurückgezahlt wurde. Diese Urkunde über ein Getreidedarlehen weist alle Merkmale eines Korngiro auf und wurde in hieratischer Schrift abgefasst. Da sich auch Ostraka in hieratischer Schrift mit dieser Terminologie fanden, stellt der Papyrus Louvre E 3228 E ein wichtiges Indiz für die frühe Einführung des Korngiro dar. Bereits Friedrich Preisigke vertrat dazu den Standpunkt, dass der Korngiro spätestens mit der Gründung von Naukratis in Ägypten eingeführt worden ist, was Eusebius zufolge um 749 v. Chr. geschah. Gesucht werden hierzu nun weitere Ostraka und Papyri in hieratischer Schrift, welche die Existenz des Korngiro auch für die Zeit zwischen 700 - 1400 v. Chr. belegen.
Quellen zum Papyrus Louvre E 3228 E :
Donker van Heel, Koenraad : The archive of the Theban choachyte Petebaste, son of Peteamunip (floruit 7 th century BCE : abnormal hieratic papyrus Louvre E 3228 A - H, Leiden u. Boston 2021.
Korte, Jannik : Zerreißen, Durchstreichen, Auswischen : Zerstörung von demotischen (und einer abnorm hieratischen) Rechtsurkunden. In : Kühne-Wepsi, Carina : Zerstörung von Geschriebenem : Historische und transkulturelle Perspektiven, Berlin 2019, S. 232 - 233.
Malinine, Michel : Choix de textes juridiques en hiératique "anormal" et en démotique (XXVe - XXVIIe dynasties, 1. Teil : Traduction et commentaire philologique, Paris 1953, S. 3 - 14.
Malinine, Michel : Choix de textes juridiques en hiératique "anormal" et en démotique (XXVe - XXVIIe dynasties), 2. Teil, Paris 1983, S. 1 - 5 u. Pl. I - II.
Preisigke, Friedrich : Girowesen im griechischen Ägypten : enthaltend Korngiro, Geldgiro, Girobanknotariat, Strassburg 1910, S. 3.
Gruß in die Runde
Pitassa
Re: Der Korngiro im alten Ägypten
Verfasst: 11.11.2022 18:52
von Sculpteur
Hallo Pitassa,
eine sehr interessante Fragestellung!
Es liegt natürlich auf der Hand, dass die Zeit um ca. 1.400 v.Chr. im Alten Ägypten durchaus diese Praxis aufgewiesen haben könnte. Ich habe aktuell keinen Überblick darüber, inwieweit in dieser Zeit auch Prunkbauten im alten Ägypten finanziert werden mussten oder etwa stehende Heere ausgehalten werden mussten. Aber wohlbekannt ist ja, dass hungernde und unter Mangel an geeignetem Getreide leidende Bauern keine entsprechenden Erträge hätten erbringen können, die für das altägyptische Staatswesen und überhaupt dessen Entstehung ja von immanenter Bedeutung waren.