Seite 1 von 1

Keltische Knöpfe am Dürrnberg?

Verfasst: 14.12.2006 21:07
von Johanna K.-W.
hallo zusammen,

hier ein thema, dass ich pers. sehr interessant finde und gerne eure meinung dazu wissen würde: :roll:

am dürrnberg/österreich gibt es einen fund von 5 dicken bronzescheiben mit rückenösen, gefunden zwischen den oberschenkeln, bzw. genauer gesagt in hüftnähe. durchmesser 2,55 cm.
es handelt sich um grab 118, ein frauengrab (400 - 350 v.chr.). 18-22jährige frau mit besonders reichen schmuckbeigaben (z.b. kultstab, 7 stk. fibeln etc.).

bilder davon auf:
http://johanna-kuffnerwinklhofer.medion-fotoalbum.at/
unter album "keltische knöpfe/zierscheiben"

es gibt am dürrnberg noch andere funde mit ähnlichen bronzescheiben, z.b. grab nr. 214, wo zwei stück mit einem durchmesser von 3 cm im brustbereich gefunden wurden.

es könnte sich also um knöpfe handeln, die ein obergewand oder ähnliches zusammengehalten haben, oder aber auch um einfache zierscheiben. was denkt ihr?

grüsse,
johanna

Verfasst: 14.12.2006 23:36
von Steve Lenz
Die sind ziemlich massiv, die Stege sehr lang (dürfte also was dickeres gewesen sein, was damit geknöpft wurde - wenn es denn wirklich Knöpfe waren), die Löcher (insbesondere der untere Rand, der ja am nächsten am Träger lag) deuten für mich auf eine ziemlich robuste Befestigung hin.

Pelzmantel-Verschluß? (Persönliche Interpretation!!!)

Die Fundlage ist etwas befremdlich, wenn man an eine Knopfreihe denkt. Entweder tiefgeknöpft oder aber das Kleidungsstück (?) wurde im Rahmen der Grablege auf die Beine der Toten gelegt.

Verfasst: 15.12.2006 10:54
von Fridolin
Hi,

vorhin ist das neueste Archäologische Jahr in Bayern 2005 bei mir eingetrudelt. Darin wird die Grabausstattung einer Dame aus Grundfeld bei Staffelstein beschrieben.

Anja Bartel, Helmut Voß: "Modisch in der Urnenfelderzeit: Zur Kleidung einer Frau aus Grundfeld. S. 46-48. Das besondere (Mineralboden!): die textilen Reste sind z.T. erhalten. Erstmals ist Perlenstickerei nachweisbar (Glasperlen auf Kragen aufgenäht). Dann gibt es einen Gürtel mit 9 Bronzeknöpfen. Die Rekonstruktion zeigt einen Gürtel, auf die die Knöpfe nur als Zierstücke aufgenäht wurden. Vielleicht beantwortet das Deine Frage.


Viele Grüße

Fridolin

Verfasst: 15.12.2006 11:00
von Steve Lenz
Die Zierscheiben aus Grundfeld sind in UK-typischer Form relativ dünn ausgehämmert, bombiert mit sehr tiefgesetzter Öse. Da kann man wirklich von reinem Zierrat reden reden.

Diese "Knöpfe" aus Dürrnberg hingegen könnten durchaus Verschlußfunktion gehabt haben. M.E. sind die für reine Zier- oder Klapperanhänger zu massiv. (Johanna, hast Du rein zufällig Gewichtsangaben?)

Verfasst: 15.12.2006 11:15
von Nika E.S.
Das Grundfeld-Gräberfeld wollte ich auch schon zitieren, aber es ist halt auch rund 500 Jahre älter...

Bei einem Männergrab würde man die knöpfe wahrscheinlich dem Zaumzeug zurechnen...

Verfasst: 15.12.2006 11:56
von Thomas Trauner
Also - die "normale" Knopffunktion als Kleidungsverschluss würde ich (für die VG generell) ausschließen. Sonst gäb?s ja keine Nadeln/Fibeln/Knebel.

Was mir spontan einfällt, sind die in HaD/Lt A nachgewiesenen nichtfunktionalen weiblichen Trachtausstattungen, die aufgrund ihrer Lage im Bein oder Hüftbereich dem "Amulett"-Bereich zugeordnet werden. Gerade für diese Zeit liegen ja zahlreiche "Gürtelbehänge" allermöglicher Gestalt und Material vor. Ein mit den genannten "knöpfen" verzierter Gürtel ergibt schon Sinn, es könnte sich auch im Zierreihen eines Mantels handeln.

Th.

Verfasst: 15.12.2006 19:44
von Nika E.S.
Ich bin auch am ehesten für Gürtelbesatz.
Amulette sind zwar tatsächlich für junge Frauen oder Kinder typisch, aber dann auch eher einzeln.

Verfasst: 15.12.2006 19:59
von Steve Lenz
Wenn ich meine Pelz-These weiterstricke, müsste ich mir als Verschluss was anderes als Nadeln oder Fibeln vorstellen. Die Nadelstärke würde für diverse Pelze nicht ausreichen und sich verbiegen.

Ich finde die Massivität der Stücke ziemlich bemerkenswert. Irgendwie ( :roll: ) sehen die für mich nicht nach Taliskram aus.

Verfasst: 18.12.2006 09:25
von Thomas Trauner
Die Bezeichnung als "Amulett" ist branchenüblich und eher ein Arbeitsbegriff als eine Erklärung. Gerade in LtA sind doch eine Reihe von Anhängern allermöglicher Formen und Gestaltungen, von figürlichen bis hin zu rein abstrakten Darstellungen bekannt, die nicht nur in Kindergräbern vorkommen.
Grundsätzlich sind hier auch Zierscheiben für einen Mantel, ob nun Pelz oder nicht, denkbar. Bei relativ dickem Material liegt natürlich Leder nahe, was wiederum auch an Gürtel, Taschen o.ä. denken lässt.
Der hüftnahe Bereich ist jedenfalls typisch für solche Dinge. Nichtfunktionale Verwendung liegt bei Frauenausstattung auch näher.

Th.