Die Tragödie geht weiter. Unsere HaD-Dame aus der Beckerslohe nähert sich ausstattungsmäßig nun dem Abschluss, dachte ich. Das Ring-Blechstreifen-Problem ist gelöst, dachte ich. Zur Erinnerung, das hier war die Ausgangslage ( Zeichnung von 1901; Objekt noch erhalten)
Nicht im damaligen Katalog von 1901 enthalten, aber in der Sammlung vorhanden und in den alten Berichten von 1893-96 erwähnt, ist ein zweiter solcher Ring, plus die Blechfähnchen, hier aber in zwei Teile zerbrochen.
Ein Teil, bereits damals gezeichnet und ebenfalls noch vorhanden, hatte ich noch zu klären. Ein Fragment einer Art Schnecke aus Bronzedraht. Die übliche Erklärung war immer, dass es sich um einen Teil einer Brillenfibel handelt, aber das kann nicht stimmen. Erstens hat eine solche in HaD keinen Bestand mehr, zudem ist das Teil nicht etwa eben, flach, wie das Mittelteil einer solchen Fibel, sondern gewölbt. Zudem sind die Zentren solcher Fibeln ja entweder als Nadel weitergeführt oder als Nadelrast.
(Quelle: NHG)
Was also zu tun....das übliche. Thomas sichtet den Krömer, ich sichte den Spindler'schen Magdalenenberg. Gefunden haben wir nix. Wem also was passendes einfällt...bin für jede Idee dankbar.
Was ich allerdings auf dem Magdalenenberg fand, im Grab 45, war dann dies hier:
Quelle: Spindler. Reihe zum Magdalenenberg
Es handelt sich um zwei Bronzehalbschälchen, verlötet. Befestigt dann in der nun bereits bekannten Methode. Trachtlage seitlich des Schädels. Im Grab 45 ein Paar davon.
Naja. Macht ja nix, könnte man meinen.
Im Bestand bzw auch im 1901er Katalog nun dieses:
Bronzehalbschälchen. 4 Stück. Durchmesser zwischen 18 und 15mm, Höhe ca 6 mm. Sprach man bislang als Bestandteile von Schälchenkopfnadeln an oder Kugelkopfnadeln. Was zu unsere damaligen Reko von 1998 führte. Siehe Bild. Wer genau hinsieht, sieht das Nadelende rechts aus dem Tuch ragen, ca 2 Uhr-Position.
Mangels damaligen toreutischer Kenntnisse oder gar Kontakte in dieser Richtung hatte ich diese Kugeln kurzerhand massiv gegossen. Sie sind zu schwer, aber bei Verwendung statisch, noch dazu als Nadel, hätte das nix gemacht. Aber nun....
In den alten Grabungsberichten stand, dass diese Halbschälchen am Schädel gefunden wurde, seitlich des Kiefers. Es besteht eine gewisse Unsicherheit, ob diese Schälchen definitiv aus dem selben Grabhügel stammen, wie der Rest unserer Ausstattung, aber es macht anders gar keinen Sinn. Kann ja nicht sein, dass im Hügel IV die Befestigungen und im Hügel XV die Halbkugeln liegen. Die genaue Lage, also zB wie weit lagen die Ringe+Fähnchen und die Halbkugeln auseinander, ist nicht verzeichnet. Die haben damals 3 Grabhügel an 3 Nachmittagen gegraben. Bzw graben lassen. Gegraben haben die Waldarbeiter des Barons...
Solche Grabungsmethoden sind zwar heutzutage dank elektronischer Unterstützungsmassnahmen von Leuten mit speziellen kognitiven Fähigkeiten immer noch weit verbreitet, aber ein bisschen mehr Details bekommt man bei validen Grabungen halt heutztage doch.
So wie es aussieht, waren das also keine Kugelkopfnadeln, sondern Zierkugeln, die als Haubenbesatz dienen. Wie die (eigentlich ca 8 bis 10) Hohlringe / Kahnringe ( "Creolen") auch, waren sie am Kopftuch/Haube befestigt.
Wie schon a.a.O. von Chris und Sylvia mehrfach erläutert, können solche 'Beschläge' (meine Worte) aber auch ein Kopftuch fixieren und am Wegflattern zu hindern.
Und dies werden wir jetzt machen. Ggf ergänzen wir eine dritte Kugel, um am Kopftuch auch zentral in der Mitte oben (12 Uhr) eine Fixierung zu haben.
Nur....eigentlich sind die beiden Ringe/Fähnchen-Konstruktionen, die im Grab vorhanden waren, nun durch die beiden Kugeln 'verbraucht'. Naja...dann ist die Befestigung des Bernsteinrings halt auch eine Interpretation der Methode...
H