Hallo zusammen,
Irbis zu deinen Fragen:
(ich gehe zu nahezu davon aus, dass du nicht oder nicht gut reiten kannst)
-junkelmanns sattelrekos sind alle sehr breit weit, zudem auch schon über 15 jahre alt. Wenn man das Valkenburg Basisleder, die Grundlage, auf Dehnung untersucht kommt, ein Sattel raus, der dich mit deinem Hintern einklemmt. Der Sitz beim Originalleder ist ca. ein doppeltes DIN A4 Blatt. Es sei bemerkt, dass Sattelrekos immer von Junkelmann in Auftrag gegeben wurden, und er ca. 1 Jahr vorher das erste Mal auf einem Pferd saß. Ich weiß mittlerweile, dass jede Reko den Einfluss eines Sattlers hat. Meine Reko fußt auf der Dehnung des Ziegenleders und bildet den Sattel besser nach (wir haben damals CT Bilder gemacht, um die Haarmarken zu sehen --> Dehnungslinien). Das Lehnen wird durch anstellen beider Oberschenkel möglich. Deswegen finde ich die Junkelmann ReKo zwar gut, jedoch finde ich die englischen oder meine von der Praktikalität besser.
- Bilder von meinem Sattel auf
www.bajuwaren-kipfenberg.de oder ich schicks jemand per Mail, du kannst sie dann online stellen.
-wenn du einen lanzenstoß ausführen willst, muss man nur die lanze festhalten, die energie bringt das pferd. (aufprallenergie auch schon im trab trotz kette und subarmalis sehr schmerzhaft)
-der bajuwarischesattel, um den es wohl geht, ist ähnlich, eine archäologin von uns (Bajuwarenhof) baut gerade einen nach. Die Ulf Hednar ReKo die es gibt, ist momentan umstritten weil viele den Sattel verkehrt herum rekonstruiert halten. wie soll der Sattel aussehen ? Zwei Holzstege und Unterbaum ?
Armin May hat einen Niederstotzingen Panzer nachgebaut, für alles weitere verweise ich auf unsere Jahreschriften. (über HP bestellbar)
www.bajuwarenhof.de
-das seitliche lehnen, sollte als guter reiter problemlos beherrscht werden, mit steigbügeln finde ichs bei größeren neigungen hinderlicher als mit dem röm. sattel. Ich schaffe es ca. 45° leicht nach vorne geneigt im galopp. Bis 60° fast liegend sind möglich, ich komme (allerdings bin ich nicht trainiert) bis zum knie des ponys. EIn Beispiel aus dem Judäischen Krieg 1. Jhd beschreibt einen Reiter, der seinen verletzten Kameraden im vollen Galopp auf sein Pferd zog. Problemlos für einen durchtrainierten Reiter möglich. Rüstung und Helm behindern zusätzlich, durch Training ist es sicherlich möglich. Vielleicht kann Hans T. aus dem Junkelmann Buch das Lanzenstechen mal reinstellen, hier wird der Sitz sehr deutlich.
- der seitliche Druck ist spätenstens im Gelände bei einer geraden Strecke dem Pferd schrecklich egal. Die Gewichtverlagerung durch das Lehnen (angezeigter Richtungswechsel) muss vorbereitet werden. Ein Westernpferd kannst du wenn du willst, so fast auf der Stelle wenden.
- die Lanzenreiter mit langen Lanzen (>4m) die ihr meint würde ich nicht in einen Bajuwarischen Kontext einordnen (aus logischer Sicht), denn einen Schildwall musste ein Reiter damals nicht mehr knacken. Ein cleverer Reiter umreitet seinen Gegner und kracht von hinten rein. Es ist nachgewiesen, dass ein Pferd durch einen Schildwall geht, jedoch halte ich das eigentlich tödlich für den Reiter weil spätestens nach einem Meter kommt er aus dem Schildwall nicht mehr raus und wird gemukrst. Eine normale Lanze mit ca. 2m ist leicht einarmigüber dem Kopf zu handeln, und du kannst in alle Richtungen stechen.
Für einen effektiven Schockangriff brauchts ~20 Reiter um mit diesen Lanzen effektiv zu sein, da Richtungswechsel sehr schwer sind.
PS: korrigiert mich fachlich, ich gebe zu von Bajuwaren wenig Ahnung zu haben (unsere Archäologen umso mehr)
- das neigen beherrschen z.B. Voltierleute perfekt, auch ohne Sattel und Steigbügel in allen Gangarten (Trab theoretisch). Eine guter Voltigierer (1,60m) springt auf ein ebenso großes Pferd in Schritt und Galopp.
- Formuliere mal was du genau machen willst ? Eine Rekonstruktion des ganzen Krams ? Aktiver Gebrauch ?
- Noch ein Hinweis aus mittlerweile 5 Jahren Reiterfahrung mit röm Sätteln (davon 12 Jahre Dressur mit Voltigieren)
Ich habe einen Limesritt hinter mir bei dem 2 von 4 Teilnehmer nicht richtig reiten konnten (Stichwort: fehlende Durchsetzungskraft beim Pferd, Sicherheit im Gelände, allg. Defizite beim Reiten (Gelände, Hindernisse), erschwert durch die nicht alltägliche, andersartige oft rutschende (sattel) ausrüstung. Ich hab drei Kreuze gemacht, als es vorbei war, trotzdem die "Anfänger" erstklassige Schulpferde hatten.
Fazit: nie weider mit jemandem unterwegs zu sein, der nicht oder schelcht reiten kann. Ein 20 Stunden Kurs reicht halt für das nicht.
Ich kenne viele Beispiele von Leuten, die vor haben, einen Reiter darzustellen, zu 95% ist das heiße Luft. Bei dem Gesprächen war fast archetypisch immer die Rede davon, dass irgendein Freund ein Pferd hatte und dass man demnächst mit dem Pferd reiten werde, auch auf Veranstaltungen.
Das schlimmste Beispiel war 2004 in Aalen wo zwei "keltische" Reiter mit einem Westernsattel der mit Schaffell und "Hörnchen" versehen war, eine Vorführung machen wollten. Klappte gar nicht weil die Pferde vor den Helmbüschen scheuten --> Abbruch
Zudem hatten die Pferde einfaches Westernzaumzeug und o.g. Sättel, das einen hohen Wiedererkennungswert im Reitsportgeschäft um die Ecke hatte.
Man sollte auch bedenken, dass man am Zaumzeug des Pferdes mindestens so lange baut, wie an der eigenen Tracht.
In meiner ReKo stecken inkl. Recherche und Training ca. 2000 Std. mittlerweile ist das zweite (240 metallteilige) Geschirr mit Zaumzeug im Bau. Ich gebe zu dass es viel Arbeit war/ist. Davon steckt mehr als 3/4 im Pferd.
Also ich will niemand abschrecken, ich freue mich wenn jemand auf dem bajuwarischen Feld etwas tut (gibt noch viele Interpretationsmöglichkeiten)
Wens interessiert, ich bin am Wochenende in Aalen, Limesmuseum, mit der ReKo (13.4.08) Einfach vorbeikommen....
Bin nicht multitasking fähig, linksschreibfehler bitte entschuldigen...
mfg
Jan