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Leder als normale Kleidung zb Hallstattzeit
Verfasst: 04.02.2006 15:20
von Stefan
Hallo,
meine frage ist , es gibt Schurwolle, Leinen,Leder, Fell, für Bekleidung in der Hallstattzeit.
Wie sieht es mit Leder für Oberbekleidung zb. Tunica, Mantel, gegebenfalls Hose usw aus , sie haben in der Hallstattzeit alles verwendet was brauchbar war auch Leder.
Jeder weiß die vorteile vom Leder, gegen Kälte, Regen, schutz vor Insekten, schramen an der eigenen Haut sowie auch als mögliche Panzerung im Krieg.
Was spricht dagegen Leder als Normale Kleidung zu benutzen, logisch währe es ja.
Verfasst: 04.02.2006 15:40
von Baerbel Hammes
Hi,
Zur Nachweisbarkeit müßten mal die Leute ran, die die entsprechenden Bücher mit den Textilfunden griffbereit haben (ich hab sie leider noch nicht hier).
Was mir da aber einfällt ist, dass es wohl bei einem oder mehreren Funden von scharflappigen Wendelringen aus der HEK I (Ha D2/3) Lederreste am Ring gab - Beleg müßte ich suchen (komme gerade erst von der Arbeit heim). Das könnte zumindest für Lederbesatz sprechen oder für einen Schutz unter dem Halsring. Die Dinger sind nämlich ziemlich scharf und würden wohl nicht nur die Kleidung sondern im Zweifelsfall auch den Hals der Trägerin ruinieren.
Ein guter Bekannter von mir hat im letzten Frühjahr ebenfalls ein HEK I - Frauengrab ausgegraben und meinte, dass da organische Reste vorhanden waren. Er tippte ebenfalls auf Leder - ist aber kein Spezialist, da lediglich Grabungstechniker. Ob die Reste untersucht wurden, weiß ich nicht - würde es aber bezweifeln.
Ansonsten könnte ich mir Mäntel/ Umhänge aus Schaffell (und damit Leder) für den Winter durchaus vorstellen (da hat Sylvia doch ne Reko - allerdings aus dem Norden).
Sonst ist das sicher eine Frage der mengenmäßigen Verfügbarkeit von Leder - mache ich mir aus relativ wenig verfügbaren Häuten Kleidung oder doch lieber Schuhe, Gürtel, Riemen usw.
Ich glaube kaum, dass man in jedem Herbst 'ne ganze Kuh- oder Schafherde gemeuchelt hat, um genug Leder für die Winterkleidung zu bekommen. - Gerade bei den Schafen spricht für mich einiges gegen das Meucheln zum Zwecke der Ledergewinnung- einem Schaf kann man nur einmal das Fell über die Ohren ziehen, Wolle gibt's aber jedes Jahr (evt. sogar mehrmals). Und aus Wolle kann man auch warme, wetterfeste Kleidung herstellen.
Soweit mal meine Einschätzung
Grüße
Bärbel
Verfasst: 04.02.2006 18:01
von Steve Lenz
Jedenfalls haben sie gerne aus organischen Materialien Accessoirs wie z.B. Birkenrinden-Hüte, Ledergürtel und -schuhe gefertigt. Warum also nicht auch Bekleidung.
Auf die Jagd sind sie vermutlich nicht im feinen Stöffchen, sondern was robusterem gegangen. Ich hab?s anderweitig schon angesprochen: Bei allem Kontraprimitivismus sollte man den gesunden Menschenverstand nicht ausschalten.
Und wenn man keine Belege für einheimische Kürschnerei und Gerberei findet, sollte man immer noch in Betracht ziehen, dass Pelz und Fell auch eingehandelt werden konnte!
Und es gibt sogar zeitgenössische griechische Abbildungen von mit Reh- und Leopardenfellen bekleideten Leuten (Herakles im Löwenfell meine ich nicht und klammere dies auch aus)!
Verfasst: 05.02.2006 00:54
von Stefan
Hallo,
werde für dieses Jahr mal was neues ausprobieren,an Kleidung aus leder aber ohne Haare.
Es gibt so schönes farbiges Leder, werde mal sowas wie auf dem Gürtelblech als Tunika probieren als ergänzung zur Schutzausrüstungzung.
Verfasst: 05.02.2006 12:56
von S.Kahnert
Hi,
vor mir liegt gerade der Stöllner.
Im Dürrnberg fanden sich Lederreste, die Teile von Kleidungsstücken gewesen sein könnten.
Neben einer komplett erhaltenen Gamasche finden sich, mögliche Hosenteile, Knieschoner und eine mögl. Armmanschette aus Nerz.
Simon
Verfasst: 05.02.2006 13:01
von Stefan
Hallo ,
danke an alle, Simon Nerz muß es ja nicht gleich sein
.
Aber ist ein guter hinweiß danke.
Verfasst: 05.02.2006 15:48
von Steve Lenz
Ich habe mir für die UK echt schon Gedanken gemacht, meinen Gürtel aus Biber oder Fischotter zu machen!
Verfasst: 07.02.2006 17:27
von Baerbel Hammes
Hi,
@Steve - Gürtel? -Wieso nicht!!!
Was die Lederfunde vom Dürrnberg angeht, sind das doch die Funde aus dem Bergwerk, oder? (Thomas Stöllner hat da einige Jahre im Bergwerk gegraben.)
Da wird man auch immer an robuste "Arbeitskleidung" denken müssen. Leder(schutz)kleidung ist im Bergwerk einfach funktionaler als "einfache" Leinen- oder Wollkleidung. ("Die waren ja auch nicht blöd" :P )
Ich weiß nicht recht, ob man aufgrund der Bergwerksfunde jetzt unbedingt lederne Oberbekleidung für "Nichtbergleute" rekonstruieren sollte.
Bitte nicht falsch verstehen: Sicher kann man mal hier und da Leder verwenden, es wäre nur fatal, wenn sich aufgrund dieser Funde die Lederhosen und Lederwämse häufen würden.
- Die Gefahr besteht, dass das so wäre, als wenn man in 2000 Jahren 20.Jh.-Reeactment machen würde und alle laufen im Blaumann rum.
Nur mal so - will aber keine Spielverderberin sein.
Grüße
Bärbel
Verfasst: 07.02.2006 18:51
von Hans T.
Hmm. Wie zu erwarten ( gell? 8) ) steh ich Lederbekleidung etwas skeptisch gegenüber. Ich hätte kein Problem für Spezialzwecke wie Gamaschen. In den Bergwerken findet sich jedoch halt eher Woll- und Leinengewebe. Weshalb kein Leder? Gut, wenn man einen Wollflicken findet = Bekleidung, wenn man einen Lederfetzen findet = alles mögliche. Gleichwohl bin halt immer eher der Freund der Sachen, die belegbar sind als die die vermutbar sind.
Und ein ganz seltsames Argument, aber ich bekomme es nicht aus dem Kopf: Ich kenne einfach keine Lederbekleidung in unseren Breiten. Auch keine mittelalterliche. Auch keine Schutzbekleidung. Selbst Brigandinen etc sind aus Stoff. Ich kenne Lederbekleidung nur aus 'wenig' webenden Kulturen. Betonen liegt auf 'ich kenne'. sicher bin ich da nicht im geringsten.
Hans
Verfasst: 07.02.2006 20:55
von Dain II.
Wie wäre z.B. eine Lederhose zum reiten (ohne innere Nähte versteht sich). Ich denke sowas ist nicht zu weit hergeholt. Aber sonst bin ich da Bärbels und Hans' Meinung.
lg Stephan
Verfasst: 08.02.2006 01:25
von Baerbel Hammes
Hi Hans,
ich weiß nicht - vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. - Ich bin auch sehr skeptisch, was Lederbekleidung angeht. Meine Einschätzung ist da - na ja, eher nicht und wenn doch dann wirklich nur in Ausnahmefällen.
Aber es könnte auch sein, dass Du das mit den Bergwerken und der Schutzkleidung vielleicht falsch verstanden hast.
Simon hatte geschrieben, dass er im "Stöllner" von Funden lederner Bekleidungsstücke gelesen hat - die sind dann ausgegraben und belegt, davon gehe ich aus, weil Thomas Stöllner (der, der "Stöllner" sein muss) - wie ich ihn kennengelernt habe - keine unbegründeten Mutmaßungen abgibt.
Ich habe dazu angemerkt, dass das nur Bergwerkfunde von den Grabungen IM nicht am Dürrnberg sein können. Die Grabungen im Bergwerk liefen bis vor wenigen Jahren (1999 oder 2000 so um den Dreh' (ob noch 2001 müßte ich nachhören) - Thomas Stöllner hatte zumindest bei den letzten Kampanien die Grabungsleitung) und die Veröffentlichung muss damit recht neu sein. (Simon - von wann ist das? - Ich habe gerade wegen meines Brötchenwerbs keine Zeit für die Bib. - bzw. die hat zu, wenn ich Zeit habe.)
Das sind zu 99,9999999 % (realtiv neue) Bergwerksfunde und damit - gerade weil es Leder ist - mit Vorsicht für die allgemeine Darstellung zu bewerten.
Ich gebe eben die Lederschutzkleidung zu bedenken (die ich mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit darin sehe) - denke aber bei "Schutzkleidung" nicht an Defensivwaffen (Lederharnisch oder so) sondern an "Arbeits(!)schutzkleidung" - Bergwerk und die dortigen Arbeitsbedingen eben, wo wohl die Funde herstammen und DORT (im Bergwerk) auch recht sinnvoll sind. Es waren ja wohl auch mutmaßliche "Knieschoner" dabei.
Ich hoffe, ich habe damit genauer ausgedrückt, was ich meine.
Grüße
Bärbel
Verfasst: 08.02.2006 08:50
von S.Kahnert
Hier mal die exakte Quellenangabe:
Der prähistorische Salzbergbau am Dürrnberg bei Hallein II.
Die Funde und Befunde der Bergwerksausgrabungen zwischen 1990 und 2000.
Textband und Tafelband.
Von Thomas Stöllner
Unter Mitarbeit von Christian Froh, Katharina von Kurzynski, Manfred Linden, Bernhard Schroth, Norbert Wiesner und Eva Zwissler
VML-Verlag, 2002
Unter den dort publizierten Funden finden sich lederne Knieschoner, Gamschen, Fellmützen und Fragmente eines Ledernen Bekleidungsstückes, verm. einer Hose.
Das es sich dabei um ein provanes Kleidungsstück handelt ist zu vermuten, das sich eine Zinnmäanderverzierung darauf befindet.
Leider liegen mir i.M. die Funde aus den Gräbern nicht vor.
Dennoch möchte ich dazu sagen, der überwiegende Teil der Funde sind Textilien und Schuhe. Der Großteil ist leinwandbindiges Flachsgewebe von hoher Qualität. Sie werden nicht als zerrissene Arbeitskleidung interpretiert, sondern wurden schon so in den Berg gebracht. Ggf. als Hygienartikel. Lederkleidung ist also eher ungewöhnlich aber nicht auszuschliessen.
Simon
Verfasst: 08.02.2006 08:54
von Hans T.
Die Dürrnberg-Funde kenn ich (noch...) nicht, ich bezog mich auf die Hallstatt-Funde.
Grüße
Hans
Verfasst: 08.02.2006 10:07
von S. Crumbach
http://www.vml-verlag.de/d/inhalt.php?I ... St%F6llner
Sehr üppig scheint der Abschnitt nicht zu sein, oder?
Verfasst: 08.02.2006 10:22
von S. Crumbach
Ich bin eigentlich ein Fellkleidungsbefürworter - zumindest für ganz bestimmte Details.
Ganz klar bildet "Arbeitsschutzbekleidung" einen wichtigen Bereich. Besonders eben auch im Bergbau. (Ein Besuch im Bergbau Museum Bochum hilft da definiv weiter.) Da gibt es z.B. sowas:
http://de.wikipedia.org/wiki/Arschleder
Ich kann mir auch keinen Heuneburgglasmacher oder keinen Schmied ohne Lederschürze vorstellen.
Wir haben einen kleinen Artikel zu Bekleidung einfach Leute in Vorbereitung, deshalb hier nur kurz vorab:
Warum nicht das für den Norden bis in die römische Eisenzeit nachgewiesene Fell-Cape auch in Süddeutschland vermutet. Leider habe ich im Netz keine Bilder gefunden. Aber das sind ein grob abgezogenen Fele sondern sorgfältig gemachte Kleidungsstücke.
Ich bin nicht sicher, ob Schuhe mit Fell innen auch zur "Fellkleidung" zählen, davon liegen auch verschiedene Exemplare vor.