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Wundversorgung / Wundheilung

Verfasst: 29.07.2010 12:24
von Manu
Also, jetzt läßt mich das nicht mehr los, mit den Verletzungen, die durch Pfeile oder sonstige Waffen entstehen. Aber eben auch andere Verletzungen, die es gab Knochenbrüche, Verbrühungen, Dorne ...

In dem Thread "Pfeilgifte bei Kelten und Germanen?" habe ich schon einiges gelesen.

Trotzdem würde ich darüber gerne mehr erfahren. Ich würde gerne mal sammeln, was ihr so wißt (und preisgeben) könnt ohne, daß ich das je experimentell anwende.

Ich weiß z.B. daß Zunderlappen blutstillend wirken sollen. Hab es noch nie ausprobiert, mangels Zunderlappen. Habe aber mal einen Birkenpechkaugummi gekaut. Hatte aber keine Zahnschmerzen, deshalb habe ich keine Veränderung gemerkt (war sicher auch zu kurz).



Was gibt, bzw gab es noch. Wir könnten doch mal sammeln. Urin wurde im o.g. Thread erwähnt. Das scheint mir interessant zu sein. Hat man dazu noch dabei...

Es zählen auch Pflanzen oder Aktivitäten, die gegen Übelkeit, Schock usw. wirken.

Wer weiß was? Ich freue mich über jede Antwort. :keil: :aha: :neandi:

Verfasst: 29.07.2010 12:54
von ulfr
In aller Kürze: es gibt Nachweise für eingerichtete Knochenbrüche schon vom Neandertaler. Im Neolithikum wurden Trepanationen (Schädelöffnungen) durchgeführt, sogar mehrfach am selben Delinquenten. Es scheint also so etwas wie eine Heilkunst gegeben zu haben, die über das "Bei Kopfschmerz Keule" weit hinausgingen. Naturvölker kennen die sie umgebende Fauna und Flora sehr exakt, wissen um Heilwirkungen bestimmter Kräuter, Pflanzen und "Kuren", warum sollte das nicht auch für die Steinzeit gelten? Leider fällt der Nachweis so schwer ...

Verfasst: 29.07.2010 16:49
von Manu
Ja, und weil der Nachweis so schwer ist, wollte ich mal nachfragen, ob hier im Forum Leute sind, die tatsächlich selber Erfahrungen mit der Behandlung von Wunden oder Krankheiten haben. Vielleicht ähnlich wie es bei den Probanden von "Steinzeit das Experiment" war. Die haben auch einige Behandlungen angewendet.

Ich möchte nicht ein Buch auffrischen: "Was Oma noch wußte", das hab ich schon zu Hause.

Ich fände es schön, wenn Leute erzählen, die selber mal eine Behandlung ausprobiert haben oder über solche Behandlungen, wie sie in Naturvölker noch vorkommen, berichten könnten.

NATÜRLICH NICHT ZUM NACHMACHEN !

:argh:

Verfasst: 29.07.2010 17:14
von Hans T.
die tatsächlich selber Erfahrungen mit der Behandlung von Wunden oder Krankheiten haben.
Ähh...weil ich eben Erfahrungen habe, würde ich hier sehr wohl in Bedenkenträgerei verfallen. Das ist einfach kein Gebiet, dass sich für Experimente eignet.

i.A. Ignaz Semmelweis i.A. Rudolf Virchow

Verfasst: 29.07.2010 17:30
von Hans T.
Jetzt mal ernsthaft:
Es stehen in der freien Natur keine Mittel zur Verfügung, die mit den bis Anfang des 19. Jhd bekannten technischen Mitteln tatsächlich zu wirksamen Medikamenten aufbereitet werden können. Man lasse sich von "natürlichen" Wirkstoffen nicht bluffen. Es geht um die Konzentration und die Reinheit von Wirkstoffen, zudem muss die Ursache, die tatsächliche Ursache der Krankheit bekannt sein. Da sind wir dann aber schon wirklich weit im 19.Jhd, dem Beginn der "Schulmedizin".

Anders sieht es mit der Chirurgie und der Wundbehandlung aus. Hier genügen rudimentäre Kenntnisse der Anatomie und der Körperfunktionen, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Plus Sauberkeit, von sterilen Verhältnissen mag ich gar nicht sprechen.

Beispiel Zunderschwamm (Blutschwamm, Wundschwamm): tatsächliche Blutstillende Wirkung: Nullkommanull. Ein sauberes Leinenläppchen saugt auch. Der Zunderschwamm hat keinerlei Wirkstoff, der die Fibrinbildung irgendwie fördert. Das macht das Blut schon selber. Da ist eine chirurgisch einwandfreie Wundversorgung zb durch Kompression, durch eine Naht und durch Sauberkeit viel wichtiger. Bloss weil das Zeugs mal in Apotheken bis irgendwann mal verkauft wurde, heisst es ja noch lange nicht, dass es wirkt.

Verfasst: 29.07.2010 18:54
von Manu
Anders sieht es mit der Chirurgie und der Wundbehandlung aus. Hier genügen rudimentäre Kenntnisse der Anatomie und der Körperfunktionen, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Kennt jemand solche Maßnahmen, speziell für die Wundbehandlung / Wundheilung?

Verfasst: 29.07.2010 19:52
von Hans T.
Aus griechischem und römischen Zusammenhang ist sowas bekannt, es gibt auch Darstellungen zB auf Vasen. Römische Chirurgenbestecke sind bekannt. Auch in keltischem Zusammenhang (spätkeltisch) gibt es einen solchen Fund in München (AO PStS München, "Arztgrab").

Reine Wundbehandlungen ohne Knochenbeschädigung sind logischerweise im Fundgut nicht nachweisbar. Verschiedene Belege für ordentliche Versorgung von Knochenverletzungen gibt es, wie schon erwähnt, dagegen sehr wohl. Aber frag mich jetzt nicht nach einzelnen Fundorten.

H

Verfasst: 29.07.2010 20:02
von Steve Lenz
Aber frag mich jetzt nicht nach einzelnen Fundorten.
Ohne Grabungsfirma und -ort nennen zu wollen, aber aus verlässlicher Quelle - nämlich mich:

Frau (matur), Oberarmbruch (sauber geschient und mit dem üblichen Wundheilungsbild gut verheilt) sowie Oberschenkelbruch (ebenfalls sauber verheilt, kaum auffällig). Zeitstellung nach aktuellem Kenntnisstand 6. bis 8. Jahrhundert.

Sozialstatus nicht bestimmbar, Grabbeigaben nicht nachweisbar, Grab nicht beraubt. Bemerkenswertes Detail: Unterkiefer absolut zahnlos (Zahnfächer verknöchert).

Verfasst: 29.07.2010 20:06
von Fridolin
Googeln bringt auch was:

http://de.wikipedia.org/wiki/Medizin_des_Altertums
http://de.wikipedia.org/wiki/Galenus
http://www.antikmakler.de/catalog/der-a ... -5148.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Arch%C3%A4obotanik
Udelgard Körber-Grohne: Nutzpflanzen in Deutschland. 3. Auflage. Theiss, Stuttgart 1995, ISBN 3-8062-1116-7

Verfasst: 29.07.2010 21:44
von Steve Lenz
Nachtrag:

Laut meinem Arzt bin ich vor einigen Jahren ohne es zu merken mehrere Wochen mit einer gebrochenen Elle rumgelaufen. Ohne Schmerz, ohne Einschränkungen. Heilung wie geschient.

Nicht jede Verletzung bedarf also zwingend einer Behandlung, um zu heilen. Nur Glück.

Verfasst: 30.07.2010 06:36
von Martin
Experimentelle Erfahrung kann ich leider nicht bieten (es will immer keiner ... :-P), aber hier einiges an Literatur, die ich interessant und informativ gefunden habe:

Celsus, Aulus Cornelius. Über die Arzneiwissenschaft. Übers. und erkl. von Eduard Scheller. 2.Aufl. Braunschweig, 1906.

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Cüppers, Heinz. Kranken- und Gesundheitspflege in Trier und dem Trierer Land von der Antike bis zur Neuzeit. Trier, 1981.

Davies, Roy.W. Some Roman Medicine. Medical History, Vol XIV, No. 1, Jan. 1970. 101-106

Davies, Roy.W. The Medici of the Roman Armed Forces. Epigraphische Studien 8. Düsseldorf, 1969. 82-99

Davies, Roy W. The Roman Military Medical Service. Saalburg Jahrbuch 27, 1970. 84-104

Dioscorides, Pedanius. Des Pedanios Dioskurides aus Anazarbos Arzneimittellehre. Übers. und mit Erkl. vers. von J. Berendes. Stuttgart, 1902

Düppers, Leo. Die römischen Augensalbenstempel. Aachen, 1972

Feugere, Michel, E. Künzl, U. Weisser. Les aiguilles à cataracte de Montbellet / Die Starnadeln von Montbellet (Saône-et-Loire). Ein Beitrag zur antiken und islamischen Augenheilkunde. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz 32, 1985. 436-481.

Gurdjian, Elisha Stephens. Head injury from antiquity to the present with special reference to penetrating head wounds. Springfield/III., 1973

Heinz, Werner. Baden, Salben und Heilen in der römischen Antike. Augst, 1993

Jackson, Ralph. Doctors and Diseases in the Roman Empire. British Museum Press, 1991

Jackson, Ralph. The Domus 'del Chirurgo' at Rimini. Journal of Roman Archaeology 16, 2003. 312-21

Knörzer, KarlHeinz. Römerzeitliche Heilkräuter aus Novaesium (Neuss/Rh.). Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften 47, Heft 1, März 1963. 311-316.

Knörzer, KarlHeinz. Römerzeitliche Pflanzenfunde aus Neuss. Novaesium IX. Limesforschungen 10, 1970. 128-137

Kollesch, Jutta, Diethard Nickel. Antike Heilkunst.
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Künzl, Ernst. Eine Spezialität römischer Chirurgen: Die Lithotomie. Archäologisches Korrespondenzblatt 13, 1983. 487-493

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Künzl, Ernst. Medizinische Instrumente der Römerzeit. Rheinland-Verl. Köln, 1983

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Matthäus, Hartmut. Der Arzt in römischer Zeit: Medizinische Instrumente und Arzneien, archäologische Hinterlassenschaften in Siedlungen und Gräbern. Schriften des Limesmuseums Aalen 43. Stuttgart 1989

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Würth, Reinhold und Deppert-Lippitz, Barbara, Hrsg. Die Schraube zwischen Macht und Pracht. Das Gewinde in der Antike. Sigmaringen, 1995

Verfasst: 31.07.2010 07:14
von Manu
Wow, danke Martin, da finde ich bestimmt was :D

Verfasst: 31.07.2010 17:37
von Martin
Freut mich, wenn was dabei ist, das dich interessiert. Bei Bedarf kann ich dir gern zu einzelnen Titeln Auskunft geben :-)

Verfasst: 01.08.2010 21:13
von Uwe Wolfgarson
Google doch mal nach der Doktorarbeit von Hubert Sudhus.
War zu Lebzeiten in der Bogenszene als "MacBumm" bekannt.
Er hatte sie auch auf seiner Homepage veröffendlicht , jedoch ist die 1 Jahr nach seinen ableben gelöscht worden.
Ich schau mal ob die noch jemand in der "Fletchers Corner" hat bzw. ob ich die noch irgend wo auf ner FP hab.
Uwe

Verfasst: 01.08.2010 21:17
von Fridolin